Essen-Werden. Beim Ruhr-Hochwasser 2021 riss an der Schleuse Neukirchen in Essen-Werden ein Tor ab. Warum dieser Schaden am Denkmal nicht repariert wird.
Bilder, die im Gedächtnis haften bleiben: Am 15. Juni 2021 wird aus der gemächlich durch Werden fließenden Ruhr ein reißender Strom, der über die Ufer tritt, Straßen überschwemmt und in Häuser eindringt. Die Zerstörungen sind massiv und bis heute beispielsweise am Gymnasium Werden sichtbar. Betroffen ist auch die historische Schleuse Neukirchen, deren einzig vorhandener Torflügel durch die Wucht der Wassermassen abgerissen wird. Fast ein Jahr nach der Flutkatastrophe stellt sich der Bezirkspolitik die Frage, ob das unter Denkmalschutz stehende Bauwerk wieder instand gesetzt werden kann. Dazu gibt es jetzt eine Antwort.
Schleuse macht Technik-Geschichte anschaulich
Seit 1986 ist die Neukircher Schleuse in der Denkmalliste der Stadt Essen eingetragen. Es handelt sich um eine von insgesamt 14 Schleusenanlagen, die, zwischen 1776 und 1778 zum überwiegenden Teil vom preußischen Staat erbaut, einen umladungsfreien Kohletransport von den flussnahen Zechen der Region ruhrabwärts ermöglichten. Insbesondere technikgeschichtliche Gründe sind es, warum das Bauwerk vor 36 Jahren unter Schutz gestellt wurde.
Schleusentore, die aus der Ursprungszeit erhalten geblieben wären, existierten damals im Übrigen nicht. Solche Tore sind erst im Zuge einer Instandsetzungsmaßnahme 1987 angebracht worden – um die Funktionsweise der Schleuse für die Menschen von heute sichtbar zu machen. „Daher nahmen die Schleusentore auch nicht am Denkmalwert teil und waren nicht Bestandteil des Denkmals“, teilt die Bezirksregierung Düsseldorf aktuell auf die Anfrage der Bezirksvertretung IX für den Essener Süden mit. Die Neukircher Schleuse befindet sich im Eigentum des Landes, weshalb die Bezirksregierung zuständig für den Unterhalt des Bauwerks ist.
Überschwemmungen beschädigten regelmäßig die Tore
2021 war naturgemäß nicht das erste Mal, dass die Schleuse am Hardenbergufer von einem Hochwasserereignis betroffen war. Die letzten größeren Überschwemmungen waren 2002, 2006, 2009 sowie 2010 – und jedes Mal wurde beschädigtes Material an den Toren restauriert oder nachgebaut. Nach erneuter Beschädigung seien die Teile dann aber nach und nach abgebaut worden, informiert die Bezirksregierung. Der einzig noch vorhandene Torflügel am Obertor zur Inselseite hin fiel nun im vergangenen Sommer den Fluten anheim. Er wurde aus der Verankerung gerissen, das historische Geländer wurde dabei verbogen.
„Die Holzteile, insbesondere der Führungsbalken, sind gebrochen“, erklärt die Bezirksregierung Düsseldorf in ihrer Mitteilung an die Essener Bezirkspolitik. Und führt weiter aus: „Es bestand die Gefahr, dass die über Land ragenden Teile weitere Schäden verursachen, wie zum Beispiel unkontrolliert in den Verkehrsraum auf der Schleuseninsel umschlagen.“ Man habe daher die Reste abgebaut und im Löwental eingelagert.
Instandsetzung würde 100.000 Euro pro Flügel kosten
Nach einer Besichtigung des übrig gebliebenen Bestandes sei man der Auffassung, dass eine Restaurierung des Torflügels nicht mehr möglich ist – zu viel Holz ist in den Wasserfluten verloren gegangen. 100.000 Euro pro Flügel würde es kosten, die Anlage als Anschauungsobjekt wieder wie früher repräsentationsfähig zu machen. Dies sei ein vergleichsweise hoher Aufwand dafür, dass immer wieder Schadensfälle durch hohe Fließgeschwindigkeiten der Ruhr in dem Bereich auftreten könnten, so die Behörde. Fazit: Von einem erneuten Nachbau werde abgesehen, das Geländer aber denkmalgerecht wieder hergestellt. Die verbliebenen Metallbeschläge könnten zudem auf geeignete Weise präsentiert werden, so die Überlegungen.
„Der Denkmalwert der Neukircher Schleuse wird dadurch nicht geschmälert“, betont die Behörde. Da, wie ausgeführt, die Tore ja sowieso nie Bestandteil des Denkmals waren. Darüber hinaus werde die Funktionsweise einer solchen Schleuse an anderer Stelle sehr gut sichtbar: bei der Papiermühlenschleuse. Diese wurde 1777 bis 1778 erbaut und ist im Werdener Löwental zu besichtigen. Entlang dieser Schleuse liegen zudem noch etwa 80 Meter des Pflasters des alten Leinpfades, über den Pferde die Ruhraaken an Leinen flussaufwärts zogen.