Essen-Überruhr. Für die Kirche in Überruhr-Hinsel soll es ein Exposé geben und Angebote bis Ende August. Das Gelände sei ein Filetstück – was folgen könnte.
Alfred Zinke legte den Finger in die Wunde: „Wir werden eine Kirche verlieren. Da hängen Erinnerungen und Emotionen dran, da haben Menschen geheiratet.“ Die katholische Kirche muss sich neu aufstellen. Schrumpfende Mitgliederzahlen und Einnahmen aus der Kirchensteuer zwingen die Gemeinden, sich zu verschlanken. Das Bistum Essen hatte ein für die nächsten Jahrzehnte zukunftsfähiges Handlungskonzept eingefordert, und dies nicht nur auf der Ruhrhalbinsel.
Beim öffentlichen Infoabend in der Kirche St. Suitbert an der Klapperstraße verströmte Pfarrer Gereon Alter Zuversicht: „Jetzt wird es sehr viel konkreter als bislang.“ Mutmaßungen und Gerüchte habe es genug gegeben: „Der Pfarrer verlässt die Gemeinde nicht. Da ist nichts dran.“
Die Ehrenamtlichen der lokalen Projektgruppe berichteten. Alfred Zinke hielt fest, ein nüchterner Blick auf die Gemeindewirklichkeit habe grundlegende Fragen aufgeworfen: „Wie Gottesdienste feiern? Wo pastorale Schwerpunkte finden für Senioren, wo für Jugend und Familien?“ Die Theresia-Albers-Stiftung sei als wertvoller Partner identifiziert worden. Um das zu unterstreichen, war Thomas Schubert vor Ort, Leiter des TAS-Marienheims. In Hinsel werde die Seniorenarbeit auf neue Füße gestellt, während Holthausen Schwerpunkt für die Familienarbeit werde.
Das Schicksal der Immobilien steht fest. Die unter Denkmalschutz stehende Kirche St. Suitbert wird langfristig erhalten. Das Jugendheim wird auch für die Gemeindearbeit nutzbar gemacht. Zusätzlich soll es eine multifunktionale Nutzung der Kirche geben. Das Gemeindeheim wird aufgegeben: Es könnte Ärztehaus, Seniorenwohnen oder Mehrgenerationenhaus werden. Zurzeit ist der Konferenzraum an die Caritas fürs Zentrum 60+ des Stadtbezirkes vermietet. Später soll dieses Zentrum nach Hinsel wechseln.
Dort in St. Mariä Heimsuchung bleibt kein Stein auf dem anderen. Eine Umnutzung des Kirchengebäudes im Bestand erscheint kaum möglich, weil viel zu aufwendig und dann nicht mehr wirtschaftlich. Auch das Gemeindeheim sowie die anderen Gebäude sollen Platz machen für Neues, das aber unbedingt mit sozialer Nutzung.
Thomas Weiß berichtete, dass sich die Gemeinde von der Arbeitsstelle für Immobilien des Bistums beraten lasse. Die Frage der Vermarktung sei existenziell, solle doch der Erlös zunächst der Großpfarrei, dann aber der Gemeinde St. Suitbert zufließen. Ein Sachverständigen-Gutachten münde in ein Exposé, welches bald veröffentlicht werde. Die Angebotsphase sei bis Ende August angedacht.
Weiß nannte auch Ideen zur Nutzung des Geländes: „Das könnte ein Demenz-WG sein, altengerechte Wohnungen, Arztpraxen, Therapiepraxen, das Zentrum 60+ oder eine Sozialstation.“ Was es aber auf keinen Fall geben werde: „Da kommt kein Parkplatz hin, kein Schwimmbad, kein Aldi.“ Eines sei klar: „Wir verfügen da über ein Filetgrundstück.“ Das er sich mit drei Gebäuden locker bebaut vorstellen könne. Ein Verkauf sei wahrscheinlich, aber auch eine Erbpacht denkbar: „Wir sind da völlig offen.“
Doch der Standort Überruhr-Hinsel bewegt die Gemüter
Ulrike Esser wies daraufhin, dass es in Hinsel viele Irritationen gegeben habe. Ein erstes Nutzertreffen habe erfragt, welche Bedarfe nach Räumlichkeiten es gebe, und ob man sie in Holthausen erfüllen könne. Materialien hätten den Standort gewechselt: „Die ehemalige Küche der Kegelbahn wird jetzt für die Teestube der Pfadfinder in Holthausen genutzt.“ Das dortige Jugendheim sei neu gestaltet und habe neue Böden bekommen. Der Vorplatz von St. Suitbert solle sich noch mehr den Menschen des Stadtteils öffnen, besonders den Kindern. Anschließend wurde noch weiterhin eifrig diskutiert.
Pfarrer Gereon Alter konnte gut leben mit dem Erreichten: „Da ist von den Ehrenamtlichen etwas wirklich Sinnvolles erarbeitet worden. Es wird uns helfen, eine lebendige und offene Gemeinschaft zu bleiben.“
Doch der Standort Hinsel bewegt die Gemüter. Kirche bewege sich ja nicht im luftleeren Raum. So wollte Sven Kottenberg wissen, inwieweit die Gemeinde eine mögliche Neuentwicklung des benachbarten Einkaufszentrum mitdenke? Der Vorsitzende der Bürgerschaft Überruhr deutete an, diesbezüglich würden aktuell Gespräche geführt mit potenziellen Investoren. Die Grüne Dorothea Blümer, baupolitische Sprecherin ihrer Ratsfraktion, hakte nach und rief die Gemeinde auf: „Ich würde sie ermutigen wollen, da den Kontakt zur Stadt aufzunehmen.“