Essen. 16-Jähriger soll Anschlag auf das Don Bosco Gymnasium geplant haben. Die Polizei fand bei ihm diverse Waffen und ausländerfeindliches Material.
- Die Polizei Essen hat offensichtlich einen möglichen Amoklauf verhindert. Ein Schüler (16) mit rechtsradikaler Gesinnung wurde am Donnerstagmorgen in der Wohnung seiner Eltern festgenommen
- Der Jugendliche steht unter dem dringenden Verdacht, einen Anschlag auf seine Schule (Don Bosco Gymnasium) geplant zu haben
- In der Wohnung des Festgenommenen wurden diverse Waffen sowie rechtsextremistisches Material gefunden
- Es gibt einen Aufruf zu einer Demonstration
Der 16-jährige Essener, der unter dem dringenden Verdacht steht, mutmaßlich rechtsextremistische Anschläge auf seine aktuelle Schule, das Don Bosco Gymnasium in Essen-Borbeck, geplant zu haben, sitzt hinter Gittern. Der Jugendliche wurde am Donnerstagmorgen festgenommen. Am Freitag wurde ein Haftbefehl gegen den Beschuldigten beantragt. Ein Richter schickte ihn am Mittag in Untersuchungshaft.
Ermittelt wird wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, der Vorbereitung eines Explosionsverbrechens und wegen Verstößen gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz, so die für Terrorismusverfahren zuständige Düsseldorfer Generalstaatsanwaltschaft. Dem Jugendlichen kann im Falle einer Verurteilung eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren drohen. Bis dahin gelte die Unschuldsvermutung, betonte Oberstaatsanwalt Holger Heming.
„Dem Minderjährigen wird vorgeworfen, einen rechtsextremistisch motivierten Anschlag auf Personen in dem von ihm besuchten Gymnasium in Essen am 13. Mai 2022 vorbereitet zu haben. Hierzu soll er sich Gegenstände zum Bau von Sprengvorrichtungen verschafft und solche hergestellt haben. Daneben soll er sich Waffen, unter anderem Armbrüste und Luftdruck sowie Schreckschusswaffen beschafft haben“, heißt es in einer Mitteilung der Behörde.
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Nach Informationen dieser Zeitung wurden ein Manifest mit antisemitischen und ausländerfeindlichen Parolen, diverse Waffen und Materialien zum Bau einer Bombe sowie gemalte SS-Runen gefunden. Die Polizei war mit 123 Beamten am Don Bosco Gymnasium und an der Realschule am Schloss Borbeck, der früheren Schule des 16-Jährigen, im Großeinsatz. Zehn Sprengstoffspürhunde und die Spurensicherung waren ebenfalls vor Ort.
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Nach Angaben von NRW-Vize-Ministerpräsident Joachim Stamp (FDP) ist ein mutmaßlicher Nazi-Terroranschlag verhindert worden. Das teilte Stamp am Donnerstag via Twitter mit. „Das können wir weder bestätigen, noch dementieren wir das“, sagte eine Polizeisprecherin in Essen.
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte in einer ersten Stellungnahme, dass der 16-Jährige angekündigt hatte, „eine Bombe an seiner Schule platzieren zu wollen“. Es sei aber bislang kein zündfähiger Sprengsatz gefunden worden. Die Ankündigung eines solchen Vorhabens kann auch verstanden werden als dringender Hilferuf eines jungen Mannes mit psychischen Problemen und Suizidgedanken, so Reul.
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Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen schrieb auf seinem Facebook-Profil: „In der Nacht sind wir in einen großen Schock versetzt worden. Ein 16-jähriger Schüler hätte einen schlimmen Schaden anrichten können, vor allem an Menschen. Das ist glücklicherweise und mit viel beherztem Handeln von vielen Seiten verhindert worden.“ Der OB kündigte für den Freitag Gespräche mit Schülern und Lehrern an.
Der verdächtige Jugendliche war gegen 4 Uhr von einer Spezialeinheit im Kinderzimmer seiner elterlichen Wohnung an der Klopstockstraße überrascht worden. Polizisten stellten dort zahlreiche Beweismittel sicher. Dass es sich dabei neben Festplatten auch um selbstgebastelte Rohrbomben handeln soll, wollte die Polizei zunächst nicht kommentieren.
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Doch nachdem sprengfähiges Material gefunden worden war, wurde klar: Die Ermittler haben durch ihren schnellen Zugriff wohl Schlimmstes verhindert. Erst wenige Stunden zuvor hatten sie über die Schule entsprechende Hinweise von einem Bekannten des 16-Jährigen bekommen. Die Polizei ließ im Laufe des Vormittags etwa ein Dutzend große Umzugskartons, längliche Gegenstände eingewickelt in braunes Papier und augenscheinlich Hieb- und Stichwaffen wie Speere sowie eine Armbrust aus der Wohnung abtransportieren. Danach kam auch dort der Sprengstoffspürhund zum Einsatz.
Verdächtiger hatte offenbar Anschläge auf seine aktuelle und ehemalige Schule geplant
Nachbarn berichten, die Familie wohne seit etwa einem Jahr in der Dachgeschosswohnung an der Klopstockstraße, die stundenlang durchsucht wurde - nur wenige hundert Meter vom „Don Bosco“ entfernt. Der Jugendliche hatte ursprünglich die Realschule an der Schloßstraße besucht, war dann kürzlich auf das Gymnasium gewechselt.
Mitschüler wollen über den 16-Jährigen wissen, dass er sich für die Hitlerjugend und Waffen interessiere, er sei einer, der nagelbewehrte Gegenstände im Kunstunterricht gebaut habe, heißt es. Einige hatten wohl auch Angst vor ihm.
Am Freitag um 18 Uhr soll eine Versammlung „Gegen rechten Terror und Rassismus“ am Bahnhof Borbeck stattfinden. Unbekannte haben einen Aufruf auf das Pflaster vor dem Gymnasium Borbeck und der Realschule an der Schloßstraße gesprüht. Die Polizei bestätigte eine entsprechende Anmeldung. Es werden 70 Teilnehmer erwartet. Eine „Privatperson“ habe die Demo angemeldet.
Anschlagspläne in Essen: Schule bleibt am Donnerstag geschlossen
Das Gymnasium hat auf seiner Internetseite bereits gegen 7.20 Uhr am Donnerstag den Hinweis gegeben: „Eilmeldung. Die Schule muss leider heute ausfallen.“ Später schrieb der Schulleiter Lothar Hesse: „Wir haben Hinweise erhalten, dass in der Schule eine Straftat geplant war. Um die Schule auf Beweismittel hin zu untersuchen, mussten wir heute in Absprache mit der Polizei den Zugang zur Schule sperren. Wir bitten um ihr Verständnis. Im Moment gehen wir davon aus, dass morgen wieder normal Schule stattfinden kann.“
Stunden später war klar: Das Don Bosco Gymnasium lässt auch am Freitag den Unterricht ausfallen. In der Realschule finden nur die zweite und dritte Stunde statt.
Zwar gab es am Tag nach dem Zugriff keine Absperrungen, das Schultor stand offen. Es wurde aber niemand hineingelassen. Einige Polizeibeamten bewachten das Schulgelände. Am Donnerstag sollten an der Theodor-Hartz-Straße Abiturklausuren im Fach Deutsch nachgeschrieben werden. Ob dieser Umstand in Zusammenhang mit den mutmaßlichen Anschlagsplänen steht, ist offen.