Essen. Die Pflanzenschauhäuser im Grugapark wurden für 5,3 Millionen Euro auf den neuesten technischen Stand gebracht. Was die Ausstellung bietet.
Sie sind eine Oase der botanischen Gelehrsamkeit, und die Pflege des Wissenschaftlichen ist durchaus ein wichtiges Anliegen der Pflanzenschauhäuser im Grugapark. In erster Linie sind sie aber ein Angebot an jeden Essener, sich in quasi fußläufiger Nähe auf eine kleine botanische Weltreise zu begeben. Stolze 5,3 Millionen Euro hat die Gruga-Verwaltung ausgegeben, um die drei maroden Pyramiden in der Nordwestecke des Parks mitsamt ihres Unterbaus zu sanieren und auf den neuesten technischen Stand zu bringen. Ein Grund mehr für einen Besuch.
Wenn in den hiesigen Breiten exotische und zumeist wärmeliebende Pflanzen rund ums Jahr gedeihen sollen, ist ein zuverlässiges Wärme- und Luftmanagement zwingend. Die Beheizung kostet viel Geld, was Effizienz umso wichtiger macht. Seit fünf Monaten sind die Pflanzenschauhäuser wieder geöffnet, und schon jetzt sei klar: „Wie registrieren deutlich niedrigere Heizkosten“, sagt Parkleiter Christian Kamer. Neben der runderneuerten baulichen Hülle, sind dafür auch Investitionen in die Klima- und Steuerungstechnik verantwortlich, die jetzt vollautomatisch und damit verschwendungsarm abläuft.
Spezielle Folienkissen in den Dächern sorgen für viel Licht und die richtigen Temperaturen
Entscheidend für die Funktionalität sind die speziellen Folienkissen in den Dächern, die aus einem leichtgewichtigen Kunststoff bestehen, der zum Beispiel auch in der Allianz-Arena in München verwendet wurde. Sowohl Lichteinfall wie Temperaturen und Feuchtigkeitsgehalt lassen sich weit besser dosieren. Die alten Acrylglas-Elemente ließen dies nur ungenügend zu und waren zudem nur schwer sauber zu halten, heißt es. „Die Stahl-Konstruktion ist ansonsten geblieben“, betont Kamer, der auch Wert darauf legte, dass beispielsweise im Tropenhaus die Brücke für die Besucher erhalten werden konnte, auf der man ein kurzes Stück durch die Botanik läuft.
In der Pyramide, die den tropischen Regenwald simuliert, gibt’s dann auch die vielleicht eindrucksvollsten Pflanzen zu bewundern, eine Vielzahl an feuchtigkeitsliebenden Nutzpflanzen, fleischfressenden Pflanzen und Orchideen. Prunkstück ist eine Kokospalme, die so gerade ins Gebäude passt. „Sowas kriegen sie nicht mal eben in der Baumschule“, sagt Kamer mit einigem Stolz. Um die rund tausend, teils wertvollen und empfindlichen Pflanzen während der Bauphase nicht zu gefährden, musste die ausführende Firma sehr vorsichtig arbeiten, denn verpflanzen konnte man die botanischen Raritäten selbstredend nicht.
Neben dem tropischen Regenwald gibt es zwei weitere Pyramiden: In einer breitet sich der immergrüne und feuchtigkeitsliebende Bergnebelwald aus mit urzeitlichen Pflanzen Australiens und des tropischen Südostasiens. Die dritte Pyramide gehört den Kakteen und Sukkulenten, die aus den Trockengebieten Afrikas, Amerikas, Madagaskars und der Kanarischen Inseln stammen. Hier warten manchmal Kenner mit dem Fotoapparat darauf, die wenigen Blüh-Stunden einer ganz bestimmten Pflanze zu erwischen, berichtet Kamer.
Das Haus der mediterranen Pflanzenwelt ist im Sommer ein „Cabrio“
Ergänzt wird das Angebot durch das alte Mediterranhaus, das nicht Teil der Sanierung war. Die spezielle Dachkonstruktion macht es möglich, die Mittelmeerpflanzenwelt vom knorrigen Olivenbaum bis zur filigranen Passionsblume in der kühleren Jahreszeit zu schützen und von Mai bis Oktober die Hülle zu entfernen. Schließlich gibt es noch den Bonsai-Garten im Innenhof der rechtwinklig angelegten Pflanzenschauhäuser, dessen umfangreicher Bestand in dieser Form in Deutschland sehr selten sein soll.
Bei aller Freizeitorientierung vergisst man manchmal, dass der Grugapark ursprünglich aus einem Botanischen Garten hervorgegangen ist, wobei die alten Schauhäuser dort standen, wo sich jetzt die Orangerie befindet. In den 1980er Jahren wurden im Zuge einer Großsanierung des gesamten Parks die schönen, technisch sicherlich unzeitgemäßen Altbauten abgerissen, die Pyramiden entstanden als Ersatz. Und auch diese waren nun in die Jahre gekommen.
Botanische Vielfalt gibt dem Grugapark eine Sonderstellung
Was die botanische Raritäten betrifft, habe Essen in dieser vielfältigen Form jedenfalls eine Sonderstellung in NRW, erst in Köln finde man wieder Ähnliches. Und auch wenn die am Rand des Parks gelegenen Pflanzenschauhäuser nur selten überlaufen sind, ziehen sie doch nach Angaben von Christian Kamer an einem guten Wochenende rund tausend Besucher an.
„Der Grugapark ohne Pflanzenschauhäuser ist nicht vorstellbar“, heißt es denn auch in einer Mitteilung, die die nicht unerhebliche Investition rechtfertigt. Wie so oft bei Bauen im Bestand, stiegen die Kosten durch Unvorhersehbares. So habe die Sanierung der Keller und mithin der Beton-Fundamente der Pflanzenschauhäuser viel mehr Aufwand nötig gemacht als geplant. Immerhin drei Millionen Euro musste die Stadt am Ende aus ihrem eigenen Etat beisteuern, der kleinere Rest waren Fördermittel des Landes NRW.
„Ich freue mich sehr, dass die Häuser den Besucherinnen und Besuchern, aber auch den Kindern und Jugendlichen der Schule Natur wieder als Lernort zur Verfügung stehen“, sagte Oberbürgermeister Thomas Kufen bei der Wiedereröffnung. Jetzt bleibt zu hoffen, dass in den nächsten Jahren genügend Mittel zur Verfügung stehen, um auch die zahlreichen anderen Sanierungsaufgaben im Grugapark zu finanzieren.
Die Schauhäuser sind täglich von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist bis auf den Parkeintritt frei.