Essen. Im Spagat zwischen dem Trend zu Online-Geschäften und dem Wunsch nach Kundennähe in Filialen zieht Essens Sparkasse für 2021 zufrieden Bilanz.

Zinsen nur in homöopathischer Verdünnung und acht Filialen auf Abruf, oft nur vormittags geöffnete Geschäftsstellen und der Supermarkt nebenan als Kassen-Ersatz: Angesichts solcher Nachrichten aus dem Sparkassen-Universum konnte man zuletzt den Eindruck gewinnen, der Platzhirsch unter den Essener Kreditinstituten sei womöglich waidwund. Doch jetzt liegt die Bilanz für 2021 vor, und die fällt – gemessen an den Umständen – gar nicht so schlecht aus.

Unterm Strich schließt die Sparkasse Essen das vergangene Geschäftsjahr mit einem Betriebsergebnis vor Risikovorsorge von 48,7 Millionen Euro ab. Im Vorjahr waren es zwar noch 53,6 Millionen, aber „mit Blick auf die Rahmenbedingungen, unter denen wir 2021 gearbeitet haben“, so sagt auch der Vorstandsvorsitzende Helmut Schiffer, „sind wir mit diesem Ergebnis zufrieden“.

Sparkasse Essen 2021 in Zahlen

Bilanzsumme: 9,44 Milliarden € (Vorjahr: 9,12)

Kundeneinlagen: 7,35 Mrd. € (Vorjahr: 7,04)

Kundenkredite: 6,62 Mrd. € (Vorjahr: 6,38)

Zinsüberschuss: 117,8 Mio. € (127,6), Provisionsüberschuss: 59,0 Mio. € (Vorjahr: 54,3)

Personal- und Sachaufwand: 129,2 Mio. € (Vorjahr: 129,3)

Betriebsergebnis vor Bewertung: 48,7 Mio. € (Vorjahr: 53,6), Jahresüberschuss nach Steuern: 5,5 Mio. € (Vorjahr: 5,1)

Mitarbeitende: 1243 (1277)

Immer größere Maschen im Filialnetz sollen die Sparkassen-„DNA“ nicht beschädigen

Geschrumpft ist erwartungsgemäß vor allem der Zinsüberschuss, der Provisionsüberschuss hingegen erhöhte sich, während der Verwaltungsaufwand nahezu auf dem Vorjahresniveau verharrte: Folge eines „strikten Kostenmanagements“, wie die Sparkasse betont. Am Ende steht ein Jahresüberschuss nach Steuern von 5,5 Millionen Euro (Vorjahr: 5,1 Millionen).

Ein „stabiles Ergebnis“ kommentiert die Chefetage, die sich weiter im Service-Spagat übt: Einerseits will sie die Nähe zu den Kunden nicht aufgeben, weil sie das als ihre Geschäfts-„DNA“ ansieht. Andererseits lässt sie deutlich größere Maschen im Filialnetz zu und dämpft die mögliche Empörung: Auch nach der verkündeten Aufgabe von acht der 35 Filialen seien es bis zum nächsten Sparkassen-Ansprechpartner für die Essener Bürgerinnen und Bürger schließlich „deutlich weniger als fünf Kilometer“ – eine „akzeptable Entfernung“, glaubt man in der Zentrale am III. Hagen.

Acht Filialen werden aufgegeben, in andere Standorte aber Millionen investiert

Tatsächlich dürfte es die Kundschaft, die an diesem Freitag (8. April) zum letzten Mal in der Theaterpassage bedient wird, nicht übermäßig grämen, wenn sie ab dem Montag darauf auf die 200 Meter entfernte Hauptstelle am III. Hagen verwiesen wird. Ob das für die übrigen sieben zur Schließung anstehenden Geschäftsstellen auch gilt, wird sich zeigen.

Welche das sind, wird noch nicht verraten: Noch in diesem Jahr steht das Aus für drei weitere Filialen an, 2023 sollen dann die übrigen vier folgen. Dem stehen aber auch Investitionen entgegen: Für rund 1,8 Millionen Euro modernisierte die Sparkasse ihre Standorte in Karnap und an der Bäuminghausstraße in Altenessen-Süd, in diesem Jahr steht die Renovierung der Filiale Borbeck für zwei Millionen Euro an.

Zufrieden mit einem Jahr in schwierigem Umfeld für die Branche: Der Vorstand der Sparkasse Essen mit (von links) Stefan Lukai, dem Vorstandsvorsitzenden Helmut Schiffer und Oliver Bohnenkamp.
Zufrieden mit einem Jahr in schwierigem Umfeld für die Branche: Der Vorstand der Sparkasse Essen mit (von links) Stefan Lukai, dem Vorstandsvorsitzenden Helmut Schiffer und Oliver Bohnenkamp. © Sven Lorenz

Mediale Filiale wird jetzt um ein zehnköpfiges Team für Geschäftskunden erweitert

Man will sichtbar sein, auch im digitalen Zeitalter, dabei spielt die Musik für die Finanzbranche längst im Netz: 190.000 Kunden nutzten anno 2021 das Online-Banking, mehr als die Hälfte von ihnen setzte dabei auch auf die mobile Version, die Sparkassen-App.

Und mit ihrer „medialen Filiale“ erspart die Sparkasse ihrer Kundschaft ebenfalls den Weg in die Geschäftsstelle: Eine 60-köpfige Belegschaft wickelte im vergangenen Jahr 546.000 Kundenanfragen telefonisch ab, 6400 Mal kam die Chatfunktion auf der Webseite zum Einsatz, 4900 Mal WhatsApp und 40.000 Mal der Chatbot „Linda“. Tendenz absehbar steigend, denn seit dem 1. April hat die Sparkasse das Team um ein „Business-Center“ mit zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erweitert. Bis 2023 sollen weitere fünf mit Expertise im Geschäftskunden-Bereich dazukommen.

Ihre Zukunft stellt sich die Sparkasse noch deutlich digitaler und nachhaltiger vor

Auch der Ausblick zeigt: Das Sparkassen-Geschäft wird noch digitaler werden, und – das ist jedenfalls das große Ziel – noch nachhaltiger auf allen Kanälen. Schon Ende 2020 hatte man sich verpflichtet, den Geschäftsbetrieb bis 2035 CO2-neutral zu gestalten, Finanzierungen und Eigenanlagen auf Nachhaltigkeitsziele auszurichten und gewerbliche wie private Kunden beim Wandel zu einer klimafreundlichen Wirtschaft zu unterstützen.

So hat die Sparkasse ein Sonderkreditprogramm mit einem Volumen von drei Millionen Euro für Privatleute aufgelegt. Man will damit die Installation von Photovoltaik- und thermischen Solaranlagen fördern. Auf dass die Sonne scheine, auch auf die Bilanz für 2022.