Essen-Rüttenscheid. Yoko Ono, Taylor Swift, Lady Gaga: Frank Lothar Lange hat viele Stars fotografiert. Warum der Essener sich nun auf das Ruhrgebiet konzentriert.

Yoko Ono blickt durch ihre Sonnenbrille hinaus auf die Annastraße: Das Porträt der Witwe John Lennons ziert das Rüttenscheider Studio von Fotograf Frank Lothar Lange. Daneben hängen weitere Fotografien von Stars und eine Auszeichnung für das Cover von „Rammstein live aus Berlin“, an einer Wand lehnt eine eingerahmte goldene Schallplatte für die Fotografien für das Scooter-Album „Nessaja“. Frank Lothar Lange hat jahrzehntelang Promis fotografiert, vor allem für die Bravo. Er war weltweit unterwegs, hat in Luxus-Hotels übernachtet und Konzerte begleitet, ist bis heute mit so einigen Stars per du.

Das Porträt von Yoko Ono ist Frank Lothar Lange besonders wichtig, deshalb hängt es in seinem Studio an der Annastraße in Rüttenscheid.
Das Porträt von Yoko Ono ist Frank Lothar Lange besonders wichtig, deshalb hängt es in seinem Studio an der Annastraße in Rüttenscheid. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Doch jetzt ist es Zeit für den Essener, zu seinen Wurzeln zurückzukehren. Er jettet nicht mehr durch die Welt, sondern konzentriert sich vor allem auf Projekte im Ruhrgebiet. Er will möglichst nah an die Menschen und ihre Geschichte herankommen, hinter die Fassade blicken – das tun, was Stars hinter Schichten aus Make-up, mit professionellen Posen und unter enormem Zeitdruck nur selten zuließen. „Ich war schon immer gerne für Reportagen unterwegs“, sagt Lange. Er tauchte für überregionale Magazine in Szenen ab wie die legendäre rund um den Bahnhof Zoo in Berlin, berichtete über S-Bahn-Surfer und junge Mädchen auf einem Hamburger Strich. Jetzt richtet er seinen Blick wieder auf seine nähere Umgebung.

Frank Lothar Lange hat Rammstein mehrere Jahre bei Konzerten und Videodrehs begleitet - so auch beim Dreh zum Song
Frank Lothar Lange hat Rammstein mehrere Jahre bei Konzerten und Videodrehs begleitet - so auch beim Dreh zum Song "Amerika". © frank-lothar lange

Frank Lothar Lange porträtiert nach Stars jetzt Menschen aus dem Ruhrgebiet

„Gesichter Ruhr“ heißt eines seiner Herzensprojekte. Er porträtiert Menschen aus dem Pott und erzählt gemeinsam mit Denise Nelle ihre Geschichte. Darunter sind bekannte Künstler und Musiker, aber auch Menschen, die sonst nicht im Scheinwerferlicht stehen. Sie erzählen von polyamoren Beziehungen, von ihrer Alkoholsucht oder ihrer Flucht nach Deutschland. Außerdem plant Lange ein Projekt im Friedensdorf Oberhausen, wo er geflüchtete Kinder fotografieren will, um das Leid zu zeigen, das in ihren Gesichtern abzulesen ist. Neue Menschen kennenzulernen, das sei schon immer sein Antrieb gewesen, sagt Lange. Ob Promi oder nicht – sein Ziel ist es, die Menschen so authentisch wie möglich zu zeigen.

Frank Lothar Lange hat schon viele Stars fotografiert - so auch Lady Gaga.
Frank Lothar Lange hat schon viele Stars fotografiert - so auch Lady Gaga. © Frank Lothar Lange

Das Leben in der glitzernden Welt der Rock- und Popmusik vermisse er eigentlich nicht, sagt Lange, höchstens die Reisen. Davon abgesehen aber hat er dieses Kapitel weitestgehend abgeschlossen. „Alles zu seiner Zeit. Es war schön, aber manches bräuchte ich heute nicht mehr“, sagt er. Zum Beispiel den enormen Druck in der Branche, der sich auch im Porträt von Yoko Ono widerspiegelt.

Wenn internationale Stars kommen und nur wenige Minuten bleiben, um das perfekte Bild zu machen, stehe man als Fotograf unter einer enormen Anspannung. „Du wirst als neuer Fotograf ausprobiert, zum Beispiel von der Bunten, und wenn es nicht klappt, dann bist du raus“, sagt Lange. Geld habe er ohnehin nur für veröffentlichte Bilder bekommen.

Essener Fotograf kämpfte gegen die Alkoholsucht

Um trotzdem entspannt zu sein, griff er zum Alkohol. So lange, bis er ohne nicht mehr funktionierte und die morgendlichen Entzugserscheinungen so heftig wurden, dass er freiwillig in eine Entzugsklinik ging. „Eine Woche nach der Entlassung habe ich schon wieder Sido fotografiert“, sagt er. Aufgeben wollte er seinen geliebten Beruf nicht, auch wenn die Branche sehr „alkohol- und drogenintensiv“ sei. Heute ist Lange trocken und blickt auf viele Erlebnisse zurück, die anderen verwehrt bleiben. Mit den Stars tauschen wolle er nicht, sagt der Essener, aber die exklusiven Einblicke hat er genossen.

Den Essener Kaffeeröster Sebastian Peter hat Frank Lothar Lange für das Projekt
Den Essener Kaffeeröster Sebastian Peter hat Frank Lothar Lange für das Projekt "Gesichter Ruhr" fotografiert. © Frank Lothar Lange

Rückhalt gab und gibt ihm die Familie, vor allem Ehefrau Silvie. Sie war oft mit unterwegs, als die heute erwachsenen Zwillinge der beiden noch klein waren, reiste Frank Lothar Lange aber oft allein. Die Rückkehr nach Hause auf die Margarethenhöhe, wo er in seinem Elternhaus lebt, bedeutete für ihn immer Erholung und Entspannung im Grünen. Essen ist er trotz seiner internationalen Jobs immer treu geblieben und hier will er auch bleiben.