Essen. Sorge um den Nachwuchs: Der Mercedes-Benz SL-Club Pagode will auf der Techno-Classica in Essen auch junge Menschen für Oldtimer begeistern.
Die Oldtimer-Messe Techno-Classica hat nach zwei Jahren Zwangspause zum ersten Mal wieder geöffnet. Vom 23. bis 27. März können sich Fans an den auf Hochglanz polierten Klassikern erfreuen. Neben Händlern für Fahrzeuge, Fahrzeugteile und Zubehör sind auch zahlreiche Vereine auf der Messe vertreten.
Einer von ihnen ist der Mercedes-Benz SL-Club Pagode e.V. Gemeinsam mit dem Verein der Heckflossenfreunde e.V. arbeitet er schon lange daran, nicht nur ältere Herren in Cordhose und Barbour-Jacke für das Thema Oldtimer zu begeistern, sondern vor allem junge Leute. Das ist auch Ziel auf der Techno-Classica.
„Unser Verein hat praktisch keine Mitglieder unter 40“, erzählt Jörg Pähler. Er ist als Regionalleiter für den Bezirk Düsseldorf zuständig, zu dem auch Essen gehört. Um als Verein weiter fortzubestehen, aber auch, um das Kulturgut Automobil weiter zu pflegen, müsse man junge Mitglieder finden. Zu diesem Zweck habe der Verein bereits verschiedene Ideen wie Workshops oder Mitfahrgelegenheiten für Jugendliche ausgearbeitet.
Der Verein hat bundesweit rund 2200 Mitglieder, davon rund 210 in der Region. Er ist ein anerkannter Mercedes-Benz-Markenclub. Neben Treffen, bei denen über das Hobby gefachsimpelt wird, veranstaltet er regelmäßig Workshops und Ausfahrten. Dabei seien gerade Familien häufig gesehene Gäste.
Pagode-Verein bietet Gewinnspiel auf der Techno-Classica
Auf der Messe wirbt der Club mit einem Gewinnspiel für 17- bis 25-Jährige. Der Hauptpreis ist ein Fahrsicherheitstraining mit anschließender Oldtimertestfahrt. Nach Abschluss des Trainings besteht das Angebot für eine Oldtimer-Versicherung, ohne Risikozuschlag.
Ein Problem für junge Leute, die gerne einen Oldtimer haben wollen, seien nämlich die teils horrenden Versicherungskosten für die Fahrzeuge. Das halte viele von einem Kauf ab. Und natürlich sind da auch noch die hohen Anschaffungskosten – viele Oldtimer gibt es längst nicht mehr zum Schnäppchenpreis. Für einen, gut erhaltenen Pagode, müsse ein Käufer schon eine sechsstellige Summe bezahlen, sagt Pähler. Aber man könne als junger Mensch auch deutlich kleiner einsteigen. Einen Mercedes W 114 und W 115 „Strich Acht“ oder einen Opel Kadett bekomme man bereits für mittlere vierstellige Summen.
Verein sorgt sich um Zukunft der Oldtimer
Neben den Versicherungskosten sei die Überalterung der Oldtimer-Szene auch noch auf andere Faktoren zurückzuführen. Ein Problem sieht Vorstand Johannes Lietz auch im aussterbenden Vereinswesen. „Wir wollen die Leute nicht nur in die Autos, sondern auch in die Vereine kriegen“, meint der Essener. Oldtimervereine müssten sich wieder stärker als Orte des Wissens und des Austauschs etablieren. „Wir Vereine versammeln einen Sachverstand über Fahrzeuge und Ersatzteile, den man sonst nirgends hat“, betont er.
Ob Beratung zur Wertanlage, mechanische Expertise oder Spaß am Fahren, man bemühe sich, den Mitgliedern die Vielseitigkeit des Hobbys schmackhaft zu machen und ihnen bestmöglich zur Seite zu stehen. „Es gibt immer verschiedene Trends in der Oldtimer-Szene. Zurzeit sind zum Beispiel Kombis sehr gefragt“, erzählt Dirk Quenter, stellvertretender Vorsitzender des Vereins der Heckflossenfreunde. Beständig sei nur eines: der Wandel in der Szene.
Der Verein SL-Pagode hat sich auf das Modell W 113 „Pagode“ von Mercedes spezialisiert, man arbeite aber auch mit anderen Oldtimer-Vereinen zusammen. Es gehe vor allem um die Auseinandersetzung mit dem Kulturgut Automobil. „Wenn in 30 Jahren Teslas einen großen Oldtimer-Status erreichen, dann ist das so“, sagt Lietz.
Mit Sorge schauen Lietz und Pähler dennoch in die Zukunft. Zum Teil liege das an der Massenproduktion der Autos seit den 1990ern. In den kommenden Jahren werden immer mehr Autos 30 Jahre alt und somit zu Oldtimern, die millionenfach hergestellt wurden. Zum Vergleich: Der Pagode wurde von 1963 bis 1971 gefertigt. Insgesamt gab es etwa 49.000 Modelle. „Das ist natürlich etwas ganz anderes, als wenn Modelle mit mehreren Millionen gebauten Fahrzeugen zu Oldtimern werden“, erzählt Lietz.
Interessant seien vor allem seltene Modelle. Der Anteil an Autos mit H-Kennzeichen, die millionenfach hergestellt wurden, liege im einstelligen Prozentbereich. Ob das nachhaltig dem Oldtimer-Markt schade, könne man nicht sicher sagen.
Auch eine gesunkene Wertschätzung für das Auto aufgrund des gestiegenen Umweltbewusstseins sei Teil des Problems. Trotzdem müsse man versuchen, das Verständnis am Kulturobjekt Auto aufrechtzuerhalten. Und das gehe nur durch junge Leute.