Essen. Das steigende Paketaufkommen wird zum Umwelt-Problem in Städten: Paketzusteller müssen daher reagieren, wie das Beispiel GLS in Essen zeigt.

Vor anderthalb Jahren eröffnet, denkt der Paketdienstleister GLS schon an eine Erweiterung seines Paketzentrums im Essener Norden. „Die nächste Ausbaustufe ist eingeleitet. Die Planungen laufen“, sagte Gero Liebig, der zuständige Manager für die Region West bei GLS Deutschland. GLS war mit seinem Depot an der Emscherbruchallee im Herbst 2020 gestartet und will jetzt schon dafür vorbauen, dass das Paketaufkommen in den kommenden Jahren weiter zunehmen dürfte. Mit der Erweiterung könnten dann bis zu 200.000 Pakete am Tag umgeschlagen werden. Derzeit liegt die Kapazität bei etwa 90.000 am Tag.

Mit dem größeren Paketzentrum würde freilich auch die Zahl der Zustellfahrzeuge zunehmen. Heute sind täglich rund 90 Fahrzeuge für GLS von Bergeborbeck aus im Stadtgebiet und der umliegenden Region unterwegs. Da nicht nur GLS mit einem wachsenden Geschäft rechnet, sondern auch die Wettbewerber, stellt sich zunehmend die Frage, wie umweltverträglich der Paketboom in Zukunft sein wird. Je mehr Lieferwagen, die derzeit meistens noch mit Dieselmotoren betrieben werden, unterwegs sind, desto höher ist auch die Abgasbelastung in den Stadtteilen.

Essener GLS-Paketzentrum ist Vorzeigedepot im Unternehmen

Schon in den beiden Corona-Jahren 2020 und 2021 konnten die Essener und Essenerinnen beobachten, dass sich die Paketdienste vor den Haustüren förmlich die Klinke in die Hand gaben. Der Onlinehandel boomte und auch in diesem Jahr geht der Branchenverband BEVH von einer weiteren Zunahme aus.

Die Paketbranche hat daher erkannt, dass sie nicht Problem, sondern Teil einer Lösung sein muss. Auch bei GLS ist das Umdenken längst im Gange. Das neue Essener Paketzentrum gilt dabei im Unternehmen als Vorzeigeprojekt bundesweit in Sachen Umwelt. „European Eco Hub“ steht über dem Eingang und der Name ist Programm.

GLS-Manager Gero Liebig über den Dächern des Paketzentrums an der Emscherbruchallee. Die Hallen sind begrünt bzw. mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet.
GLS-Manager Gero Liebig über den Dächern des Paketzentrums an der Emscherbruchallee. Die Hallen sind begrünt bzw. mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet. © GLS Germany/Patrick Kaut

So ist eine der beiden Hallen auf dem Dach auf 1800 Quadratmetern Fläche begrünt. Auf der anderen Halle ist eine Photovoltaikanlage montiert. Damit produziert der Standort theoretisch so viel Strom, wie er an 270 Tagen im Jahr verbraucht. Wenn bis 2024/2025 die dritte Halle hinzukommt, ist das Ziel erreicht, theoretisch zu 100 Prozent autark zu sein.

Geheizt bzw. gekühlt werden die Fertigungs- und Umschlaghallen sowie die Büros mittels Wärmepumpe, die den Großteil der Energie aus der Photovoltaikanlage bezieht. Ein großer Batteriespeicher macht dabei schon heute die Versorgung des Paketzentrums unabhängiger von der Sonne. Allein die Investition in die PV-Anlage und den Speicher kostete GLS rund eine halbe Million Euro.

Umstieg auf Elektrofahrzeuge stößt auf Grenzen

Vor allem aber treibt Gero Liebig der Umstieg auf Elektromobilität um. Seit fünf Jahren sei er bereits mit den Dienstleistern, die im Auftrag von GLS unterwegs sind, dazu im Gespräch, berichtet er. Doch es geht ihm zu langsam voran. Erst habe es keine überzeugenden Modelle am Markt gegeben und jetzt haben die Hersteller Lieferprobleme. 100 Elektrofahrzeuge wollte Liebig im noch laufenden Geschäftsjahr für die gesamte Region West in Betrieb nehmen, ausgeliefert wurden gerade einmal 60. In Essen sind mittlerweile immerhin 20 im Einsatz. Die große Mehrzahl der Paketfahrer ist damit aber auch hier immer noch mit Diesel unterwegs. „Es nervt, dass wir die Fahrzeuge nicht bekommen“, beklagt Liebig.

Dabei sind die Umweltaspekte nur ein Teil. Gerade in der derzeitigen Phase, in der der Dieselpreis durch die Decke geht, wäre es von großem Vorteil, wenn für GLS schon mehr Fahrzeuge elektrisch unterwegs wären. In Essen arbeitet Liebig deshalb daran, die Ladeinfrastruktur auszubauen. Von heute 16 Ladepunkten sollen es in Zukunft 40 sein. Das erfordert hohe Investitionen, dürfte sich auf lange Sicht aber rechnen. Schließlich würden in jedem Paket ein drittel Liter Diesel stecken, meint Liebig.

GLS schafft Biotop für bedrohte Molche und Kröten

Das Paketzentrum in Essen ist neben der technischen Ausrüstung aber auch in anderer Weise einzigartig im GLS-Unternehmen. Auf dem Gelände gibt es ein Biotop von fast 5000 Quadratmeter Größe mit Teichen, Steinmauern und Kiesflächen. Das legte GLS nicht ganz freiwillig an, sondern war Auflage der Umweltbehörden. Auf dem lange Zeit brachliegenden Areal hatten sich nämlich schützenswerte Arten wie Teich- und Kammmolche, Bergmolche sowie Erd- und Kreuzkröten angesiedelt. Für diese musste GLS ein neues Habitat bauen.