Essen-Südviertel. Bei Trivari in Essen wird etwas anders gearbeitet als anderswo. Warum sich die Mitarbeiter hier sogar während der Arbeit Bier zapfen können.
Im Großraumbüro ragt ein Baum mit grünen Blättern zwischen den Tischen hervor, statt einer Kantine gibt es eine Bar mit Bierzapfhahn und in der Pause kann man sich in Liegestühlen auf der Terrasse sonnen. Keine Frage: Bei der Mediengruppe Trivari im Essener Südviertel läuft so einiges anders als in anderen Büros. Inhaber Jan-Philip Ziebold ist überzeugt davon, dass sein Konzept dabei hilft, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter langfristig zu halten.
Die Trivari-Gruppe vereint die Conyx Solutions GmbH (IT-Consulting), die DZ-Media Verlag GmbH (Onlinemarketing-Agentur) und die Octopodo GmbH (Dialogmarketing) unter einem Dach – und das schon seit zehn Jahren. Was auf den ersten Blick geradezu nach hipper Start-up-Kultur schreit, ist nämlich in Wirklichkeit ein etablierter Essener Betrieb mit einem Altersdurchschnitt von 40+. Knapp 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, verteilt auf verschiedene Teams, arbeiten hier. In dem Gebäude an der Huyssenallee 48 befand sich vorher die Aareal-Bank.
Essener Unternehmen schätzt das Südviertel als attraktiven Standort
„Ich wollte einfach kein Büro mehr im Gewerbegebiet“, sagt Gründer und Inhaber Jan-Philip Ziebold. „Hier gibt es Restaurants, der Hauptbahnhof ist in der Nähe und der Stadtgarten direkt vor der Tür.“ Letzteres sei vor allem praktisch für die Bürohunde. In den vergangenen Monaten hätten nämlich manchmal bis zu zehn Vierbeiner ihre Herrchen und Frauchen ins Büro begleitet – und in der Pause eine Gassirunde durch den Park genossen. Einer der Vorteile, die das Südviertel als Firmenstandort bietet.
Statt einer Kantine hat Ziebold für sein Unternehmen die „Trivari-Bar“ geschaffen. Dort können sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Ledersesseln im Stil einer „echten“ Bar niederlassen, Softdrinks aus dem Kühlschrank holen oder ihr eigenes Bier zapfen. Die Idee: An diesem Ort sollen alle zusammenkommen, ob sie nun im Callcenter, in der IT oder in der Buchhaltung arbeiten. „An guten Tagen feiern wir hier zusammen, schlechte Tage trinken wir uns gemeinsam schön“, sagt Ziebold mit einem Lachen.
Corona-Pandemie hat auch beim Essener Unternehmen Spuren hinterlassen
Zusätzlich gibt es eine kleine Dachterrasse mit Tischen und Liegestühlen, eine zweite Terrasse mit großem Grill soll bald dazu kommen. In einer eigens eingerichteten Poststelle im Büro können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Pakete abgeben. Wenn gerade keine globale Pandemie herrscht, kochen sie zusammen oder spielen Kicker. Sogar eigene Bierdeckel und Schürzen mit dem Firmenlogo hat Ziebold drucken lassen. Er möchte, dass sich die Angestellten der Firma verbunden fühlen. „Ich arbeite mit vielen großen Konzernen zusammen, die auf Zwang und künstlich versuchen, ein entspanntes Arbeitsklima zu schaffen. Das wollte ich anders machen“, erklärt er.
Und das, da ist Ziebold überzeugt, gelinge ihm auch. Zwar sei es gerade im Callcenter-Bereich häufig nicht einfach, Personal zu gewinnen. Hier hat auch Trivari in der Corona-Zeit einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verloren. Ein großer Auftraggeber des Dialogservices ist das Vergleichsportal Check24, das in Essen den Kundenservice seiner Reisesparte abwickeln lässt. Die war in der Corona-Zeit stark gebeutelt. So mussten auch Octopodo-Mitarbeiter in Kurzarbeit und orientierten sich um, aktuell sucht das Unternehmen neues Personal.
Essener Unternehmer: „Mich interessiert, ob das Ergebnis stimmt“
Nichtsdestotrotz, so betont Ziebold, seien ihm die meisten seiner Angestellten schon seit Jahren treu. „Vielleicht sorgen die Vorzüge unserer Firma manchmal dafür, dass wir leichter neue Mitarbeiter gewinnen“, sagt er. Vor allem aber würden sie dabei helfen, das bestehende Personal zu halten. Viele aus seinem Team begleiteten ihn schon seit vielen Jahren. Und: „Ich habe hier einige Mitarbeiter, die in einem großen Konzern viel besser verdienen könnten. Aber sie bleiben hier, weil sie sich wohl fühlen.“
Der Unternehmer setzt in seinem Betrieb auf flache Hierarchien und wenig strikte Regeln. Feste Konferenzzeiten gibt es nicht, überall, wo es möglich ist, können die Mitarbeiter selbst über ihre Arbeitszeit entscheiden. „Mich interessiert, ob das Ergebnis stimmt“, sagt Ziebold. „Ob jemand erst mittags zur Arbeit kommt, weil er am Abend vorher einen über den Durst getrunken hat, ist mir nicht wichtig.“ Ob es da nie schwarze Schafe gibt, die die Freiheiten ausnutzen?
„Klar gibt es die“, betont Ziebold. „So etwas fällt aber schnell auf.“ Er öffne den Kolleginnen und Kollegen aber lieber eine Tür, statt sie abzumahnen – und werbe für Ehrlichkeit. „Ich mache ihnen zum Beispiel klar, dass sie einfach offen sagen sollen, wenn sie am Vortag gefeiert und verschlafen haben“, so der Unternehmer. „Dann kommen sie eben etwas später, aber sie brauchen sich nicht krankzumelden.“