Essen. Im Bistum Essen dürfen jetzt auch Frauen das Sakrament der Taufe spenden. Dabei handelt es sich um eine deutschlandweite Premiere, so das Bistum.

Ohne viel Wirbel im Vorfeld darum zumachen hat das Bistum Essen verkündet: „Im Bistum taufen jetzt auch Frauen“. Deutschlandweit ist das in der katholischen Kirche ein Novum. 17 Gemeinde- und Pastoralreferentinnen sind in einem Gottesdienst von Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck am Samstag (12. 3.) mit dieser Aufgabe betraut worden.

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Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass sich auch ein Mann seit Samstag höchst offiziell „außerordentlicher Taufspender“ nennen darf. Das Ganze ist ein kleiner Schritt in Richtung Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern in der Kirche. Ein Schritt, der in Essen das erste Mal gemacht wurde.

Bistum Essen führt Personalmangel als Grund für die Entscheidung an

Geht es aber wirklich nur um Gleichstellung? In einer Mitteilung wird jedenfalls vor allem ein praktischer Grund angeführt, warum künftig auch Frauen das Sakrament spenden dürfen – und der heißt schlichtweg: Personalmangel. Bischof Overbeck wird in der Mitteilung mit den Worten zitiert, dass man „auf eine pastoral schwierige Situation reagiere“. Theresa Kohlmeyer – im Bistum Leiterin der Abteilung Glaube, Liturgie und Kultur – bringt es so auf den Punkt: „Die Zahl der ordentlichen Täufer geht zurück, die Anzahl der Taufen ist gleichgeblieben.“

Theresa Kohlmeyer, im Bistum Essen Leiterin der Abteilung Glaube, Liturgie und Kultur.
Theresa Kohlmeyer, im Bistum Essen Leiterin der Abteilung Glaube, Liturgie und Kultur. © Nicole Cronauge/Bistum Essen

So überrascht es nicht, dass nach einer Ankündigung im vergangenen Jahr elf der insgesamt 40 Pfarreien Bedarf beim Bistum anmeldeten, Seelsorgerinnen und Seelsorger mit Taufen zu beauftragen, die nicht geweiht sind. Und dabei wird es nicht bleiben. „Angesichts der zahlreichen Pfarreien, die bereits jetzt ebenfalls beantragt haben, weitere Seelsorgerinnen und Seelsorger zur Taufe zuzulassen, werden wir noch in diesem Jahr weitere Taufspenderinnen und -spender beauftragen“, sagt Kohlmeyer.

Vorgehen mit dem Kirchenrecht vereinbar?

Ist das Vorgehen des Bistums Essen mit dem Kirchenrecht vereinbar? Wohl ja, denn an entsprechender Stelle heißt es, dass wenn ein „ordentlicher Spender (Anm. d. Red: der Taufe) nicht anwesend oder verhindert ist“, jemand anderes vom Bischof mit der Taufe beauftragt werden kann. Solche Ausnahmen hat es in Deutschland in Einzelfällen bereits gegeben. Nach dem Gottesdienst im Essener Dom in der Innenstadt von Samstag haben die 17 Frauen und der eine Mann einen viel generelleren Auftrag.

17 Taufspenderinnen und ein Taufspender dürfen im Bistum nach einer viertägigen Fortbildung das Sakrament spenden. Bis dato war das nur Priestern und Diakonen möglich.
17 Taufspenderinnen und ein Taufspender dürfen im Bistum nach einer viertägigen Fortbildung das Sakrament spenden. Bis dato war das nur Priestern und Diakonen möglich. © Bistum Essen | Nicole Cronauge

Ist ein ähnliches Vorgehen noch an anderer Stelle im Kirchenrecht möglich? In jedem Fall könne die jetzige Neuerung ein „Anstoß“ sein, der „inspiriert“, so Theologin Theresa Kohlmeyer. Es gebe durchaus Vorüberlegungen im Bistum, auch die Trauassistenz für alle Seelsorgerinnen und Seelsorger zu öffnen. Trauen Frauen also bald Paare in katholischen Kirchen im Bistum Essen? Kurzfristig wohl nicht. Wenn es die Erlaubnis aus Rom braucht, wie in einem solchen Fall, benötige man quasi Verbündete, so Kohlmeyer. Wenn man diese aber finden würde …

Was kirchenrechtlich möglich sei, würde man versuchen in Essen „auszureizen“. Gleichwohl macht Kohlmeyer eine Einschränkung, denn in der Kirche gebe es auch „andere Strömungen“, die berücksichtigt und gehört werden müssten.

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Essener Frauen nahmen an viertägiger Fortbildung teil

Zurück aber zu den Frauen, die ab sofort taufen dürfen. In Essen sind das laut Bistum: Eva Janssen und Natallia Charnichenka (Pfarrei Hl. Cosmas und Damian), Stephanie Czernotta und Sabine Lethen (Pfarrei St. Josef in Frintrop) sowie Martina Stodt-Serve und Verena Wendt-Corneli (Pfarrei St. Lambertus in Rellinghausen und Rüttenscheid). Sie alle hatten an einer eigens konzipierten viertägigen Fortbildung teilgenommen und erhielten am Samstag ihre Urkunden dafür. Die Frauen wurden von Theresa Kohlmeyer während der Mini-Ausbildung begleitet, außerdem seien ein Priester und ein Referent (Sakramentenspender) involviert gewesen.

Theresa Kohlmeyer sagt über die Fortbildung der 17 Frauen und des einen Mannes: „Es war dem Bischof wichtig, dass sie in den Dienst hineinwachsen.“ Vermittelt wurden Theorie und Praxis.