Essen-Rüttenscheid. Baki Salihu floh als Jugendlicher vor dem Kosovo-Krieg nach Essen, seine Familie blieb dort. Wie er jetzt Kindern in der Ukraine helfen will.

Baki Salihu war 17 Jahre alt, als er aus dem Kosovo nach Essen floh. Bald darauf brach der Krieg dort aus. Hilflos bangte er um das Leben seiner Familie. Heute ist Salihu 41, Inhaber der Rü-Imbisserie in Rüttenscheid und Vater von drei Kindern. Er hat sich ein Leben in Essen aufgebaut. Doch nun bringt der Ukraine-Krieg schlimme Erinnerungen zurück. Deshalb will der Gastronom nun mit einer Spendenaktion den Kindern im Kriegsgebiet helfen.

Nur Salihu und sein älterer Bruder flohen damals aus der kosovarischen Hauptstadt Pristina nach Deutschland. Der Rest der Familie, Eltern, jüngerer Bruder und Schwester, blieb zurück. Hintergrund: Wie heute in der Ukraine waren auch damals die Männer verpflichtet, gegen die serbische Armee zu kämpfen. Das betraf in erster Linie Salihus 22-jährigen Bruder, doch auch er selbst hatte Angst, bald einberufen zu werden.

Als Flüchtling in Essen-Werden gelebt

Getrennt machten sie sich auf den Weg nach Deutschland. „Meine Eltern haben damals alles verkauft, um uns zu zu unterstützen“, sagt Salihu. Sein Bruder sei vier Wochen unterwegs gewesen: „Ab und an hat ihn jemand mitgenommen, aber die meiste Zeit ist er zu Fuß gelaufen. Manchmal tagelang.“ Er selbst habe mehr Glück gehabt und nur vier Tage bis nach Deutschland gebraucht. „Viele Autofahrer haben angehalten und mich jeweils ein Stück mitgenommen“, erzählt er.

Nach einem kurzen Zwischenstopp in Dortmund ging es für Salihu direkt nach Werden. Sein Asylantrag war bewilligt worden, er zog in eine Flüchtlingsunterkunft. Wie es seiner Familie ging, wusste er lange nicht. „Heute ist jeder über das Smartphone erreichbar, aber das waren andere Zeiten“, betont der Gastronom. Die Telefonverbindungen waren teils zerstört und die Eltern mussten ihr Haus verlassen.

Essener Gastronom nach Angriff auf die Ukraine: „Ich hätte heulen können“

„Ein Jahr lang hatte ich keinen Kontakt zu meiner Familie“, berichtet Salihu. „Ich musste von hier beobachten, wie meine Heimat zerstört wurde.“ Seine Gedanken seien damals nur um die Frage gekreist, wie es der Familie geht. Dass sie vielleicht nicht genug zu essen haben oder frieren müssen. Nach Ende des Krieges, im Jahr 2001, wurde Salihu zunächst abgeschoben. 2006 kehrte er nach Essen zurück, baute sich hier eine Existenz in der Gastronomiebranche auf. Lange arbeitete in den Werdener Domstuben, seit 2018 betreibt er die Rü-Imbisserie an der Rüttenscheider Straße.

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Als Putin in der Nacht zu Donnerstag, 24. Februar, mit seinen Soldaten in die Ukraine einmarschierte, saß der Schock tief. „Ich hätte heulen können“, sagt der Gastronom. „Ich konnte dann auch nicht mehr schlafen, meine Frau und ich haben die ganze Nacht die Nachrichten geschaut.“ Sofort habe er wieder Bilder vor Augen gehabt. Dass es noch einmal Krieg in Europa geben würde, damit habe er nicht gerechnet. Auch, wenn sich die Katastrophe schon abgezeichnet hatte. Die gesamte Vorbereitung erinnere ihn sehr an das Vorgehen des serbischen Präsidenten Slobodan Milošević.

Spendenaktion für ukrainische Kinder in Essen-Rüttenscheid

Besonders das Schicksal der Kinder in der Ukraine bereitet Salihu große Sorgen. „Das sind die, die am meisten unter der Situation leiden“, sagt er. Um ihnen zu helfen, startet der Gastronom nun eine Spendenaktion. Am Freitag, 11. März, und Samstag, 12. März, baut er vor seinem Restaurant einen Grill auf. Für 9,90 Euro bekommen alle Gäste eine Kleinigkeit zu essen und ein Getränk. Unterstützt wird die Aktion unter anderem von der Bäckerei Döbbe und der Brauerei Stauder. Mit dem eingenommenen Geld sollen Medikamente für Kinder in der Ukraine gekauft werden. Mehr als 9,90 Euro zu spenden, ist auch möglich.

Mit seiner Aktion möchte Salihu nicht zuletzt etwas zurückgeben, weil er in Essen immer große Freundlichkeit und Unterstützung erfahren habe. „Im Jugendzentrum habe ich damals Deutsch gelernt. Ich habe viele tolle Freunde gefunden, die heute wie Geschwister für mich sind“, erzählt der 41-Jährige. „Dafür kann ich nie genug Danke sagen.“