Essen. Holger (65) verspielte über Jahrzehnte ein halbes Vermögen. Heute ist er geheilt und will anderen helfen. Ein neuer Treff startet am Montag.

Eine neue Selbsthilfegruppe für Spielsüchtige startet am Montag, 7. März, in Essen-Altendorf. Geleitet wird der Treff von einem ehemaligen Betroffenen: Holger (65), der seinen Nachnamen nicht nennen möchte, war selbst jahrzehntelang spiel- und alkoholsüchtig.

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„Die Gruppe ist offen für jeden, und durch Gespräche wollen wir uns gegenseitig helfen“, sagt der Essener, der nach eigener Einschätzung in Jahrzehnten etwa 400.000 bis 500.000 DM verzockte. Seit etwa zehn Jahren lebt Holger ein bürgerliches Leben, die Schulden sind weg, doch was bleibt, ist die Erkenntnis: „Man muss erst mal einsehen, dass man Hilfe benötigt. Dass man nicht allein aus der Sucht herauskommt.“

Essener hielt sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser

Holger selbst absolvierte mehrere Psychotherapien und verstand, dass die Prägung durch seine Eltern mitverantwortlich ist für sein Abrutschen schon in Jugendjahren. Der Vater, der ihn immer als „Weichei“ beschimpfte, nahm ihn mit in die Kneipe, da war Holger noch ein Kind. Drückte ihm ein Malzbier in die Hand und setzte ihn vor den Spielautomaten.

Holger brach seine Ausbildung ab, hielt sich Jahrzehnte mit Gelegenheitsjobs über Wasser und war stets der Meinung: „Das nächste Mal hole ich die große Serie.“

Die Schulden beglich er mühsam mit vielen Nebenjobs

Seine Schulden hat er später mit sehr vielen Arbeiten ausgeglichen – Gartenarbeit, sogar Kellnern in einer Kneipe. Die endgültige Befreiung von seinen Süchten gelang Holger, als er mit seiner damaligen Partnerin eine Tochter bekamen. Die ist heute fast erwachsen, „und es ist wichtig, einen Sinn im Leben zu sehen. Einen Sinn, der über die Sucht hinausgeht“.

Das Phänomen Spielsucht wird durch neue Online-Angebote noch massiv verschärft.

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Schon vor zwei Jahren wollte er eine Selbsthilfegruppe gründen, doch Corona kam dazwischen. Jetzt aber geht’s los: Am Montag, 7. März, 18 Uhr, im „Lädchen“, Altendorfer Straße 391. Anmelden muss man sich nicht. Es gelten die üblichen Corona-Regeln. „Auch Angehörige“, betont Holger, „sind willkommen. Denn für jemanden, der nicht spielsüchtig ist, ist es schwer zu verstehen, was in einem Betroffenen vor sich geht.“

Allgemeine Informationen über Selbsthilfegruppen in Essen gibt die Koordinierungsstelle „Wiese e.V.“, 0201 / 20 76 76