Essen. Die Grünen in Essen wollen die Städtepartnerschaft mit Nischni Nowgorod auf den Prüfstand stellen. OB Thomas Kufen hält davon gar nichts.

Oberbürgermeister Thomas Kufen hat es abgelehnt, die Städtepartnerschaft mit Nischni Nowgorod wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine in Frage zu stellen oder gar aufzukündigen. „Gerade jetzt sollten die Gesprächs- und Besuchskontakte zwischen Bürgern beider Städte nicht abreißen“, so Kufen auf Anfrage dieser Zeitung. Die Essener Grünen wollen die Städtepartnerschaft hingegen auf den Prüfstand gestellt sehen.

In einem Schreiben an seinen Amtskollegen in Nischni Nowgorod hat Kufen am Donnerstag (24.2.) seine Solidarität mit der militärisch überfallenen Ukraine unterstrichen, gleichzeitig aber seine Hoffnung betont, „dass die Zivilgesellschaft unser beider Städte und Länder zusammensteht und dass wir Gräben überwinden und Brücken bauen“.

OB hofft, im Sommer auch junge Russen in Essen begrüßen zu können

Insbesondere junge Menschen sollten sich weiter begegnen können. Der OB hat konkret auch ein im Sommer in Essen geplantes Jugendcamp im im Auge. „Ich hoffe, dass wir dort auch junge Leute aus Nischni Nowgorod begrüßen können.“ Die Diskussion auch kontroverser Themen sei dabei ja keineswegs ausgeschlossen. Auch der Deutsche Städtetag habe ausdrücklich appelliert, die Kontakte jetzt nicht abreißen zu lassen.

Die Essener Grünen und ihre Vorsitzende Anna-Lena Winkler erklärten hingegen am Freitag (25.2.), ein einfaches „Weiter so“ könne es angesichts der russischen Aggression nicht geben. Das Thema stehe ohnehin auf der Tagesordnung, zumal Essen im kommenden Jahr die Deutsch-Russische Städtepartnerschaftskonferenz ausrichten werde.

Winkler zufolge waren die Grünen „immer begeisterte Befürworter des mehr als 30-jährigen friedlichen, von gegenseitigem Vertrauen und Wohlwollen geprägten Austauschs“. Der Angriff auf den souveränen Staat Ukraine müsse allerdings unter Partnern offen aufgearbeitet werden.

Aktuell halten sich mehrere Studenten aus Nischni Nowgorod in Essen auf

Auch der Vorsitzende des in Essen ansässigen Partnerschaftsvereins „Rhein-Ruhr-Russland“, Martin Schneider, kritisiert den russischen Angriff, hält aber gar nichts davon, die Brücke zu Nischni Nowgorod abzubrechen. „Ich halte es mit unserem Bundespräsidenten, der sagt: Wir wollen keine Feindschaft mit dem russischen Volk.“ Aktuell hielten sich mehrere Studenten aus Nischni Nowgorod in Essen auf. „Wir wollen die Kontakte unter den Menschen halten“, betont Schneider.

Mareile Leyhe zählt zu den Pionierinnen der Städtepartnerschaft mit Nischni Nowgorod. Sie war Vorstandsmitglied der Deutsch-Russischen Gesellschaft (170 Mitglieder) in Essen, die sich bereits 1990 gegründet hat – ein Jahr vor der Städtepartnerschaft. Auch sie warnt vor spontanen Überlegungen, die Städte-Ehe infrage zu stellen. Im Gegenteil: „Unser Schwerpunkt liegt auf dem Austausch und der Begegnung junger Menschen aus beiden Städten, dabei soll es bleiben.“ Auch die Universitäten und Mediziner beteiligten sich an dem regen Austausch zwischen Ruhr und Wolga. (mit F.S.)