Essen-Rüttenscheid. Die Boutique „Stakks“ in Rüttenscheid feiert Jubiläum. Inhaber Titus Brandsma war jahrzehntelang im Marketing und sattelte mit 50 auf Mode um.
Wer sich im Viertel nicht auskennt, der könnte das Modegeschäft „Stakks“ fast übersehen. An der Rosastraße weist ein Schild darauf hin, was sich hinter dicken Mauern verbirgt. Der Weg zum Geschäft führt durch einen idyllischen Innenhof, über Pflastersteine, gesäumt von Bäumen und einer hölzernen Sitzbank, auf der man es im Sommer gut aushalten kann. Trotz der etwas versteckten Lage haben in den vergangenen Jahren viele Kundinnen und Kunden ihren Weg zu der Boutique gefunden. Nun feiert „Stakks“ zehnjähriges Jubiläum.
Inhaber Titus Brandsma kommt ursprünglich aus den Niederlanden. Ins Ausland habe er immer schon gewollt, erzählt der 60-Jährige – und fügt lachend hinzu: „Deutschland stand eigentlich eher unten auf der Liste.“ Doch wie es das Schicksal wollte, verschlug es ihn dann doch ins Nachbarland. Erst nach Nordheim in Baden-Württemberg, später nach Essen. Jahrzehntelang arbeitete er in der Werbebranche, hatte zuletzt eine eigene Agentur. Im Alter von 50 Jahren juckte es ihn in den Fingern: raus aus dem Marketing, noch einmal etwas ganz anderes ausprobieren.
Essener Boutiquenbesitzer: Früher gab es kaum ein Modegeschäft für Herren
„Mir ist damals aufgefallen, dass es kein richtiges Bekleidungsgeschäft für Herren in Rüttenscheid gab“, sagt Brandsma. So sei die Idee entstanden, diese Lücke zu füllen. Gemeinsam mit seiner Frau Doris erstellte er – ohne jegliche Vorerfahrung in der Modebranche – ein Konzept und eröffnete den Laden. Die Immobilie in unmittelbarer Nähe des Rüttenscheider Sterns hatte zuvor Brandsmas Agentur beherbergt. In Eigenregie baute das Paar alles um. Heute, zehn Jahre später, ist ihre Boutique im Stadtteil etabliert.
„Zu uns kommen viele Kunden aus dem Essener Süden, aber auch aus der Umgebung“, berichtet Doris Brandsma. Schon lange bieten die beiden mittlerweile auch Mode für Damen an. Als „sportlich-lässig, dabei aber stilvoll“ beschreibt Titus Brandsma sein Sortiment. Statt auf grelle, bunte Farben setze er eher auf schlichte Teile, die man jahrelang tragen könne, weil sie nicht aus der Mode kämen. Die Zielgruppe sind Männer und Frauen ab 35. Zunehmend habe sich aber auch die Altersgruppe 60+ zu wichtigen Kunden entwickelt, so der Einzelhändler: „Die sind heute auch in höherem Alter modisch unterwegs.“
„Die Modeszene ist nach Rüttenscheid gezogen“
In all den Jahren haben die Brandsmas den Wandel des Stadtteils hautnah miterlebt. Sei damals noch die Innenstadt der Ort gewesen sei, den man zum Einkaufen ansteuere, komme man an Rüttenscheid nun nicht mehr vorbei: „Die Modeszene ist hierhin gezogen.“ Viele Läden sahen die beiden kommen und gehen. Ihr Erfolgsrezept, so glauben sie, liege in der ehrlichen Beratung ihrer Kundschaft. „Wir schwatzen niemandem etwas auf und kaufen nur Ware ein, die wir wirklich gut finden“, versichert Titus Brandsma.
Brandsma: Ein Teil der Kundschaft wird immer vor Ort kaufen
Das Ehepaar Brandsma glaubt, dass der inhabergeführte Einzelhandel ganz sicher eine Zukunft hat. „Ein Teil der Kundschaft wird hauptsächlich online kaufen, es wird aber auch einen anderen Teil geben, der nicht auf das Einkaufserlebnis verzichten will“, sagt Titus Brandsma.
Größere Sorgen macht ihm aber die hohe Arbeitsbelastung als Geschäftsinhaber: „Wir haben hier eine Sechs-Tage-Woche, wenn wir Ware bestellen, arbeiten wir sogar sieben Tage. Viele aus der jüngeren Generation können sich das nicht mehr vorstellen.“
Wie alle Einzelhändlerinnen und Einzelhändler musste sich auch das Ehepaar Brandsma durch die Corona-Zeit kämpfen. „Für ein Geschäft wie unseres, das von Kundenkontakt lebt, waren die Lockdowns eine Katastrophe“, sagt Doris Brandsma. Und Titus Brandsma ergänzt: „Wir führen lediglich Kollektionsware. Die wird auf Bestellung produziert und ein halbes Jahr später geliefert.“ Zu Lockdown-Zeiten habe man dann also auf „Rechnungen ohne Ende“ für Kleidung gesessen, die man Monate zuvor geordert habe und nun vor Ort nicht mehr verkaufen konnte.
Online-Shop half Essener Einzelhändler durch die Corona-Zeit
Über Wasser halten konnte sich der Laden vor allem dank seines Online-Shops. „Den hatte ich vor fünf Jahren mal ganz in Ruhe entwickelt, er lief aber immer eher so nebenbei“, erzählt Titus Brandsma. „Im Lockdown zog das Online-Geschäft dann merklich an.“ Dennoch sind er und seine Frau froh, dass sie die Kundinnen und Kunden nun wieder vor Ort empfangen können. Ihren Laden möchten sie noch lange weiter führen – und nicht automatisch mit dem Eintritt ins Rentenalter aufhören. „Wir bleiben solange hier, wie es uns Spaß macht und die Kunden uns sehen wollen“, sagt Titus Brandsma mit einem Lachen. „Zu Hause bleiben und fernsehen ist nichts für uns.“