Essen. Zwei Steigerhäuser, die einst zur Zeche Carl Funke gehörten, wurden über Jahrzehnte vernachlässigt, um sie nun abreißen zu können. Ein Kommentar.
Sie sind architektonisch weder besonders auffallend noch fallen sie sonst wie aus dem Rahmen, die beiden Steigerhäuser am Baldeneysee, die nun abgerissen werden sollen. Sie stehen hier seit über hundert Jahren als Teil der Infrastruktur der früheren Zeche Carl Funke, boten jeweils zwei Familien ein schönes, solides Heim mit großem Garten und störten eigentlich niemanden. Gerade deshalb ist es vollkommen widersinnig, dass die Stadtverwaltung sie systematisch über Jahrzehnte hat vorkommen lassen, um sie nun abzureißen.
Basis für den Abriss ist eine merkwürdig bürokratische und überholte Vorstellung von Grünflächenplanung, die festlegt, dass da, wo Landschaftsschutz gilt, nicht mal am Rande Platz sein kann für Wohnhäuser, auch nicht für solche, die seit sehr langer Zeit existieren und eigentlich Bestandsschutz haben könnten. Auf Basis solcher Tabula-rasa-Pläne gab es in Essen einige Fälle, bei denen Häuser von der Stadt aufgekauft und dann dem Erdboden gleich gemacht wurden. Dass dabei wertvoller und zumeist günstiger Wohnraum vernichtet wird, scheint niemanden zu stören.
Eine Grünfläche, auf die niemand gewartet hat
Auch in Heisingen soll anstelle der Steigerhäuser nun eine „Grünfläche“ entstehen – so als ob an den Ufern des Baldeneysees in diesem Punkt dringender Nachholbedarf bestünde und als ob es auf die paar hundert Quadratmeter Grün ankäme. Viel naheliegender wäre es gewesen, diese baulichen Zeugnisse der Heisinger Bergbaugeschichte instandzuhalten und einfach weiter zu vermieten. Da die Stadt seit 1988 Eigentümerin ist, wäre dazu seit Jahrzehnten Zeit gewesen.
Für die Steigerhäuser an der Freiherr-vom-Stein-Straße kommt der Appell zu spät, sie sind nun Ruinen und können tatsächlich nur noch abgerissen werden. Bei anderen Objekten wäre dringend zu empfehlen, weniger dogmatisch vorzugehen.