Essen. Die Omikron-Welle könnte auch in Essen die kritische Infrastruktur treffen. Womit Rettungsdienst, Polizei und andere wichtige Stellen rechnen.

  • Zehn bestätigte Omikron-Fälle in Essen – doch man geht von einer viel höheren Dunkelziffer aus
  • Denn nur etwa fünf bis zehn Prozent der positiven Tests werden auf die Corona-Variante hin untersucht.
  • Am Freitag, 3. Dezember, wurde erstmals die Omikron-Variante in Essen bestätigt
  • Die Omikron-Zahlen in Essen verdoppeln sich bislang noch nicht alle drei Tage. Dieses Tempo sagen Experten voraus nach den Erfahrungen in anderen Ländern.


Die als besonders ansteckend eingeschätzte Variante des Coronavirus stellt die Verantwortlichen in der kritischen Infrastruktur vor große Herausforderungen: Rettungsdienst, Feuerwehr, Polizei, Stadtwerke, Müllabfuhr und Co. müssen auch dann noch funktionieren, wenn Teile des Personals infiziert oder in Quarantäne sind.


„Es gibt kein Patentrezept“, sagt Mike Filzen, Pressesprecher der Essener Feuerwehr. „Wir haben verschiedene Szenarien durchgespielt.“ Man bereite sich darauf vor, dass auch das Personal von Feuerwehr und Rettungsdienst von Omikron betroffen sein kann, entweder durch eine Infektion oder Quarantäne. Welche Maßnahmen ergriffen würden, müsse aber je nach Lage entschieden werden. Bis dahin tue die Feuerwehr alles, um Infektionen zu verhindern. „Bis auf wenige Ausnahmen sind alle Kollegen doppelt geimpft, ein Großteil hat auch schon die Booster-Impfung bekommen“, sagt Filzen.

Feuerwehr und Rettungsdienst in Essen bereiten sich auf Omikron vor

Wer zu einer Schicht erscheine, müsse zusätzlich zum 2G-Status auch einen tagesaktuellen negativen Corona-Test vorweisen. Besprechungen würden, wenn möglich per Video abgehalten, in den Wachen gelte die Maskenpflicht, auf Dienstsport und Besuche von außen werde verzichtet, um die Kontakte zu reduzieren. Wenn es bei der Berufsfeuerwehr einen Personalengpass gebe, könnte die Freiwillige Feuerwehr stärker einbezogen werden – diese stünde ab Heiligabend in verschiedenen Schichten bereit.

Sollte es noch brenzliger werden, müssten eventuell freie Tage oder Urlaube gestrichen werden, eventuell gar die Besetzung der Wachen stärker gebündelt werden. „Der allerletzte Schritt wäre, auf ein Zwei-Schicht-System umzustellen“, sagt Filzen. Das würde bedeuten, dass auf eine 24-Stunden-Schicht statt 48 Stunden der Erholung nur 24 folgen, bevor die nächste Schicht beginnt. Lange durchzuhalten sei so ein Kraftakt für das Personal nicht und daher eine absolute Notlösung für den Ernstfall.

Essener Polizei passt die Dienstpläne an

Was das Nachschärfen ihrer Pandemiepläne als Antwort auf Omikron angeht, wartet die Essener Polizei noch auf Vorgaben des Innenministeriums. Mit Blick auf den bisherigen Corona-Verlauf und dessen Auswirkungen auf die tägliche Arbeit kann deren Sprecher Pascal Schwarz-Pettinato aber sagen, dass die Behörde mit ihren Maßnahmen „bisher ganz gut gefahren“ sei.

Die Dienstpläne bei der Polizei Essen seien zwischenzeitlich auf zwölf Stunden hochgefahren worden, um überlappende Einsatzzeiten genau so zu vermeiden wie möglichst viele Kontakte durch feste Dienstgruppen ohne wechselndes Personal. Diese Schichtpläne, die aktuell ausgesetzt sind, könnten wieder in Kraft gesetzt werden, wenn es notwendig sein sollte.

Unter anderem sehen die Pandemiepläne vor, auf die die Behörde nicht im Detail eingehen möchte, intern Kräfte zu verschieben und Aufgaben direktionsübergreifend anzugehen, um eventuelle Ausfälle zu kompensieren und die Funktionsfähigkeit aufrecht zu erhalten.

Die Polizei Essen könne immerhin eine Impfquote bei ihren Einsatzkräften in die Waagschale werfen, die mit 98 Prozent über dem Landesschnitt der 50 NRW-Polizeistandorte mit rund 96 Prozent liege. Die allermeisten Polizistinnen und Polizisten in Essen und Mülheim sind inzwischen auch geboostert, so Schwarz-Pettinato.

Stadt Essen hat Notfallpläne parat

Auch die Stadtverwaltung hat Notfallpläne in der Schublade für den Fall einer krisenhaften Zuspitzung. Neben dem Gesundheitsamt gilt beispielsweise der Regiebetrieb des Amtes für Straßen und Verkehr als besonders wichtig für das Funktionieren des städtischen Lebens. Dort wird nach Aussage von Stadtsprecherin Silke Lenz rasch reagiert, wenn Ampeln ausfallen oder Straßen nicht mehr befahrbar sind.

Als kritische Infrastruktur gelten bei der Stadt aber auch die Finanzbuchhaltung, die den Zahlungsverkehr sicherstellt, sowie Ämter, die Sozialleistungen an Bürger auszahlen, wie etwa das Jobcenter, das Amt für Soziales und Wohnen und das Jugendamt. „Auch das Presse- und Kommunikationsamt, zur Aufrechterhaltung der Bürgerkommunikation, gehört zur kritischen Infrastruktur“, so Lenz.

In all diesen Ämtern gilt in besonderem Maße, dass sie auch durch Umsetzung der Corona-Regeln arbeitsfähig bleiben müssen, etwa durch Entzerrung von Kontakten in den Büros. Wenn nötig, lässt sich laut Lenz auch ein Schichtsystem etablieren, das die Kontakte untereinander weiter reduziert würde. „Darüber hinaus sieht die Pandemieplanung vor, dass im äußersten Krisenfall nicht notwendige Fach- und Sachgebiete geschlossen werden könnten, um die vier wichtigsten Säulen der Versorgung zu sichern.“

Impfquote bei städtischen Mitarbeitern: 94,6 Prozent

Keine besonderen Vorkehrungen gelten für den Oberbürgermeister und den Verwaltungsvorstand, sieht man davon ab, dass derzeit keine gemeinsamen Präsenzveranstaltungen stattfinden. „Hier haben wir ohnehin klare Vertretungsregelungen“, so Lenz. Diese würden greifen, wenn Mitglieder der Stadtspitze erkranken sollten oder in Quarantäne müssten. Derzeit ist die Stadtverwaltung davon übrigens kaum betroffen. Bei rund 10.500 Mitarbeitern befinden sich nur 16 in Quarantäne. Allerdings gibt es auch eine beeindruckende Impfquote von 94,6 Prozent.

Einen eigenen Krisenstab gibt es auch bei den Entsorgungsbetrieben Essen (EBE). Um den laufenden Betrieb sicherzustellen, gibt es dort einen gestaffelten Dienstbeginn, eine Maskenpflicht in Gebäuden und Fahrzeugen, häufigere Desinfektion sowie die regelmäßige Ausgabe von Selbsttests. „Die Impfquote unter den EBE-Mitarbeitern liegt bei über 90 Prozent“, heißt es auf Nachfrage. „Die Verantwortlichen der EBE beobachten die Corona-Lage intensiv.“ So könne schnell reagiert und wenn nötig nachgeschärft werden.

Stadtwerke Essen schulen Mitarbeiter für den Noteinsatz

Die Stadtwerke treiben aktiv die Boosterung der Beschäftigten voran, um sie vor einer Ansteckung besser zu schützen. Schon im Dezember gab es eine Impfaktion im Haus, im Januar folgt eine zweite. In besonders kritischen Bereichen liege die Impfquote bei 100 Prozent, teilt ein Sprecher mit.

Viele Mitarbeiter der Stadtwerke sind derzeit im Homeoffice. Für diejenigen, die vor Ort im Einsatz sind, gelten „maximale Kontaktbeschränkungen“. Das heißt: Die Arbeiten im Schichtdienst werden so organisiert, dass die Arbeitstrupps keinen Kontakt haben. Auch in der Leitstelle der Stadtwerke, wo alle Fäden zusammenlaufen, erfolgt die Schichtübergabe kontaktlos. Einsatztrupps, die zum Beispiel im Entstörungsdienst arbeiten, beginnen ihren Einsatz von zu Hause aus.

Für den Fall, dass dennoch zu viele Mitarbeiter ausfallen und die 24/7-Dienste in der Leitstelle oder im Entstörungsdienst gefährdet sind, haben die Stadtwerke in den vergangenen Monaten Mitarbeiter geschult, die dann einspringen könnten.