Essen-Haarzopf. Sorge um Freiflächen, fehlende Infrastruktur für weitere Wohnungen, Beschwerden über Lärm: Was Befürworter und Gegner des Flugbetriebs bewegt.
Was Haarzopferinnen und Haarzopfer über den Flughafen denken: Freunde und Gegner des Flughafens Essen-Mülheim tauschen Argumente in emotionaler Diskussion aus – ein Stimmungsbild, auch für die Politik.
Die Argumente sind nicht neu, aber die Zukunft des Flughafens bewegt die, die mit ihm leben, in seiner Nähe wohnen. Das wurde bei einer Diskussion im Vereinsheim von SuS Haarzopf klar. Organisiert hatte diese die Bürgerinitiative „Wir bleiben Flughafen“, die sich für den Erhalt des Flughafens in seiner jetzigen Form einsetzt. Ziel der Veranstaltung: Die Beteiligten sollten miteinander ins Gespräch kommen.
In Corona-Zeiten häufen sich die Beschwerden über Fluglärm in Essen
„Ohne Kompromisse wird es nicht gehen. Wenn es beim Status quo bleibt, gibt es auf jeden Fall Verlierer“, betonte SPD-Ratsherr Philipp Rosenau, der sich für die Weiterführung des Flugbetriebs aussprach, aber deutliche Bemühungen zum Lärmschutz einforderte. „Mich erreichen immer mehr Beschwerden dazu, gerade jetzt in Corona-Zeiten, in denen viele Menschen häufig zu Hause sind und die Flugzeuge deutlicher wahrnehmen.“ Er appellierte an die Flugschulen auf dem Gelände, auf die besonders lauten Maschinen zu verzichten. „Die vielen Ausbildungsflüge, aber auch die Veranstaltungen auf dem Flughafen-Gelände verursachen immer mehr Lärm“, kritisieren die Gegner des Flugbetriebs.
Ulrich Langenecker, Geschäftsführer der Flugschule FFL, verwies auf finanzielle Gründe, die vorhandenen Maschinen weiter zu nutzen. Er betonte zudem die Bedeutung des Aus- und Fortbildungsstandorts – auch für Stadt. „Die Piloten wohnen ja während ihrer Ausbildung in Haarzopf oder der Umgebung, geben hier Geld aus.“
Der Flughafen Essen-Mülheim wird aktuell noch stark subventioniert
Neben dem Lärm sind auch die hohen Subventionen für den Flughafen, die zulasten der Steuerzahler gehen, für die Gegner des Flughafens untragbar. „500.000 Euro pro Jahr sind für den defizitären Flughafen drin, aber 5000 Euro für die Renovierung der maroden Umkleiden am Sportplatz nicht“, so ein Argument.
Die Befürworter des Flughafens verweisen dagegen auf die für den Klimaschutz, die Tier- und Pflanzenwelt wichtigen unversiegelten Flächen, die wirtschaftliche Bedeutung und den hohen Freizeitwert des Flughafens, zum Beispiel für Segelflieger und Spaziergänger.
Moderator Christian Schäfer, Sprecher der Initiative „Wir bleiben Flughafen“, erklärte, was nicht kommen wird: „Die Pläne für die Trabantenstadt mit Wohneinheiten für 6000 Menschen und Gewerbe mit 2000 Beschäftigten sind vom Tisch.“ Und damit bei einigen auch die Sorge, „dass Haarzopf komplett kollabieren wird“, wie es ein Diskussionsteilnehmer ausdrückte, der noch mehr Staus im Stadtteil und einen immer größeren Mangel an Kita- und Schulplätzen befürchtete. „Viele sind für den Erhalt des Flugplatzes, weil ihnen alle anderen Alternativen noch schlechter erscheinen“, so Ratsherr Philipp Rosenau. „Dass das Gelände nach einer Aufgabe des Flugbetriebs eine grüne Wiese bleibt, ist in der Tat nicht realistisch.“
Flughafen Essen-Mülheim wurde 1925 eröffnet
Der Flughafen Essen-Mülheim wurde 1925 eröffnet und war in den 1930 Jahren der zentrale Flughafen im Ruhrgebiet. Nach dem Krieg wurde er in den 1950er Jahren wieder aufgebaut.
Die 1955 gegründete Firma WDL war erst auf Flüge mit Werbebannern spezialisiert, seit 1972 gibt es die Basis für Luftschiffe am Flughafen Essen-Mülheim. Dort sind auch drei Flugschulen und drei Luftsportvereine beheimatet.
Was genau an der Stadtgrenze zu Mülheim kommen wird, ist noch unklar. Noch im Gespräch sind für den Flughafen eine Mischung aus je einem Drittel Wohnen, Gewerbe und Freizeiteinrichtungen sowie eine Fortführung des Flugbetriebs, allerdings lärmarm und klimagerecht (E-Mobilität). Ein Prüfauftrag läuft. Erst wenn Ergebnisse vorliegen, wird sich die Politik weiter mit dem Thema beschäftigen.
Schutzgemeinschaft gegen Fluglärm klagt auch über zu laute Veranstaltungen
Mitglieder der Schutzgemeinschaft gegen Fluglärm klagen aber nicht nur über Motorengeräusche, sondern auch über Belästigungen durch Veranstaltungen auf dem Gelände – zum Beispiel beim Oktoberfest. Wenn der Luftschiffbetrieb WDL seine geplante Eventhalle in Betrieb nehme, sei weiterer Lärm zu befürchten. „Lärmgutachten sind Pflicht, die wird es selbstverständlich geben“, versprach Frank Peylo, Geschäftsführer der WDL-Unternehmensgruppe. Nur bei wenigen der geplanten Veranstaltungen werde es laut zugehen, versicherte er.
Die WDL ist bekannt durch Luftschiff „Theo“, das am Flughafen Essen-Mülheim seine Heimat hat und für viele Bürger zu einer Art Wahrzeichen geworden ist. Die Firma will im April 2022 jedenfalls unter anderem mit dem Bau einer Veranstaltungshalle aus Holz beginnen und investiert zwölf Millionen Euro in das Gesamtprojekt, wie Geschäftsführer Frank Peylo erläuterte. Acht neue Mitarbeiter seien dafür schon eingestellt, viele weitere würden folgen.