Essen-Schönebeck. In der Pfarrei St. Josef mit Sitz in Essen-Frintrop stehen Neuwahlen an. Eine mögliche „Unwucht“ im Kirchenvorstand sorgt für Wirbel.
In der Pfarrei St. Josef mit Sitz in Frintrop werden an diesem Wochenende (6./7. November) der Kirchenvorstand und der Pfarrgemeinderat gewählt. Im Vorfeld nimmt auch der innerkirchliche Konflikt um die Zukunft der Kirche St. Antonius Abbas in Schönebeck wieder Fahrt auf. Ein Flugblatt der Nachbargemeinden spielt dabei eine Rolle.
In seinem Pfarreientwicklungsprozess hatte das Bistum Essen im Ende 2017 klar gemacht: Von den vier damals noch existenten Gotteshäusern der Gesamtpfarrei St. Josef könnten die Kirchen St. Antonius Abbas (Schönebeck) und St. Paulus (Gerschede) mittelfristig nicht mehr finanziert und unterhalten werden. Die Kirche St. Paulus wurde bereits veräußert, der in Schönebeck droht mittelfristig die Schließung. Ihre Zukunft ist ungeklärt.
„Momentan ist die Lage in der Pfarrei sehr angespannt.“
Seitdem kämpfen die Schönebecker für den Erhalt ihrer Kirche. Der „Kirchenstreit“ fand seinen vorläufigen Höhepunkt in den „Zehn Geboten“ des Schönebecker Pfarrers Benno Brengelmann, der öffentlich gegen den Pfarrentwicklungsprozess rebellierte und dafür vom Generalvikar des Bistums, Klaus Pfeffer, gemaßregelt wurde.
Hier wird gewählt
Hier wird am Wochenende des 6./7. November gewählt:
St. Antonius Abbas: Gemeindeheim St. Antonius Abbas; Kiek ut 8; Sa. 6. November, 16 - 18.30 Uhr. Gemeindeheim St. Antonius Abbas; Kiek ut 1: So., 7. November, 9 - 11.45 Uhr. Kita St. Franziskus; Schlosswiese 81: So.,12 bis 14 Uhr.
St. Paulus: Gemeindeheim Paulus-Forum, Tangabucht 12: Sa., 16 - 19 Uhr. Kita St. Franziskus, Schlosswiese 81: So. 9 bis 11.30 Uhr
St. Josef: Gemeindeheim St. Josef, Schlenterstraße 18: Sa. 17.30 - 20 Uhr; So. 10.15 - 14 Uhr
Die Gemeindemitglieder machten auf Versammlungen und in den sozialen Medien ihrem Ärger Luft. Zu beruhigen schienen sich zuletzt die Gemüter auf Facebook, vor der letzten KV-Wahl noch bevorzugte Meinungsplattform der Schönebecker. Doch unterschwellig ging der Kampf offensichtlich weiter – das wird nun immer deutlicher.
„Momentan ist die Lage sehr angespannt“, so der Eindruck von Arnd Brechmann (57), der für die Gemeinde St. Josef in den Pfarrgemeinderat einziehen will. „Die Nerven liegen blank“. Als Indiz dafür mag ein nun kursierendes Flugblatt dienen, verfasst von besorgten Mitgliedern der Gemeinden St. Paulus (Gerschede), St. Josef in Frintrop und auch der Bedingrader Fraktion von St. Antonius Abbas, die alle der Pfarrei St. Josef angehören.
Unwucht im Kirchenvorstand befürchtet
Vorrangig werben die Verfasser für eine hohe Wahlbeteiligung. Das klingt harmlos, doch die Intention, die sich nach Ansicht mancher dahinter verbergen soll, bietet Anlass zur Diskussion. Im aktuellen Kirchenvorstand, der alle drei Jahre zur Hälfte neu formiert wird, halten die Schönebecker sechs der verbliebenen acht Sitze. Eine direkte Folge einer „gezielten Kampagne“ vor der letzten KV-Wahl, wie es im Flugblatt heißt. Nun könnten weitere sechs Schönebecker dazukommen.
Eine solche Unwucht (12 zu 4 Sitze) zugunsten der Schönebecker könnte nach Ansicht der Verfasser zu einer „besonderen Gewichtung des Gremiums“ führen, die dem erklärten Ziel, alle Gemeindeinteressen im Kirchenvorstand abzubilden“, entgegen steht. Sie fordern daher auf, dieses Szenario bei der Wahl zu verhindern und „für einen vernünftigen und ausgewogen Proporz im Kirchenvorstand“ zu sorgen, damit die „Interessen aller Gemeinden und deren Mitglieder in Dellwig, Gerschede, Bedingrade und Frintrop angemessen vertreten sind.“ Im Nachgang werden alle Kandidaten gelistet, die Schönebecker Bewerber aber ausgelassen.
Andere Gemeinden der Pfarrei St. Josef sind nicht gegen den Erhalt der Kirche
Brechmann: „Das Flugblatt, das nur in den betroffenen Gemeinden verteilt wurde, ist die Reaktion auf die jüngste Briefaktion des Fördervereins St. Antonius Abbas, der alle Mitglieder in Schönebeck mobilisiert, die eigenen Kandidaten zu unterstützen.“ Warum, das liegt für Brechmann auf der Hand: „In Schönebeck ist man noch immer überzeugt, dass mit jedem weiteren Mitglied im Kirchenvorstand die Chance auf den Erhalt ihrer Kirche wächst.“. Diese Annahme spiegelt sich auch im Statement des Betreibers der Facebook-Gruppe „Essen-Schönebeck – Wohnen im Grünen“, der schreibt: „Denkt bitte daran, bald sind die Wahlen zur Rettung unserer schönen Kirche!“
Brechmann kann dies nicht nachvollziehen: „Der Kirchenvorstand soll den Pfarreientwicklungsprozess umsetzen. Dazu gehört auch der Umgang mit der Kirche St. Antonius Abbas, für die mittelfristig keine Finanzierungsmittel mehr zur Verfügung stehen. Was jedoch nicht heißt, dass die anderen Gemeinden grundsätzlich gegen den Erhalt des Gotteshauses wären. Brechmann: „Eine ideale Lösung für alle Seiten wäre, wenn die Schönebecker einen potenten Partner finden würden. Zum Beispiel eine Stiftung oder einen Kirchenerhaltungsverein. Niemand hätte etwas dagegen, wenn die Kirche für die Pfarrei weiterhin nutzbar bliebe.“
Ziel der Zusammenarbeit in der Pfarrei St. Josef noch nicht erreicht
Ungeachtet dessen sei die Wahl selbstverständlich demokratischer Natur. „Wie immer am Sonntag auch das Ergebnis ausfallen wird. Alle müssen es akzeptieren“, so Brechmann, der sich eine „Versachlichung“ der Diskussion wünscht, in der persönliche Interessen zugunsten der Pfarreigemeinschaft zurücktreten. Aber vor allem einen respektvollen Umgang miteinander. „Der hat zuletzt stark gelitten.“
Der Schönebecker Thomas Angenendt (52), der seit drei Jahren im Kirchenvorstand sitzt, gibt sich moderat. „Unser Förderverein hat ein Informationspaket geschnürt, das erklärt, wann, wo und wie gewählt wird. Dazu gibt es auch eine Anlage für eine mögliche Briefwahl.“ Das Ganze sei jedoch neutral formuliert worden, Namen von Kandidaten werden nicht genannt. Dass im Flugblatt der anderen Gemeinden die Schönebecker Kandidaten ausgegrenzt werden, sei „schade“, zeigt aber „dass wir vom Ziel einer gemeinsamen Arbeit für die Pfarrei St. Josef noch ein Stück entfernt sind.“
Angenendt vermutet eine gewisse „Angst und Verzweiflung“, die jedoch unbegründet sei. „Die Schönebecker und ich haben in den vergangenen drei Jahren im Kirchenvorstand immer für die Pfarrei und nicht für einzelne Gemeindeteile gearbeitet.“ Zur Zukunft der Kirche Antonius Abbas sagt er: „Die Pfarrei besitzt Potenzial. Wir haben Ressourcen, auch finanzielle, um wichtige Standorte über einen definierten Zeitraum erhalten zu können.“
Dem widerspricht Herbert Fendrich, Mitverfasser des Flugblatts, entschieden: „Ich war selbst 32 Jahre lang Mitglied im Kirchenvorstand, zuletzt als stellvertretender Vorsitzender. In den letzten drei Jahren kann ich bedauerlicherweise nicht immer von einer konstruktiven Zusammenarbeit sprechen. Wegen der häufig angespannten Atmosphäre war ich gezwungen, im Jahr 2020 das Gremium aus gesundheitlichen Gründen zu verlassen.“
Kirchenvorstand wird immer nur zur Hälfte neu gewählt
Die Pfarrei St. Josef steht nun ganz im Zeichen der Wahlen für den Kirchenvorstand und den Pfarrgemeinderat. Wer von wem gewählt werden kann, da gibt es große Unterschiede.
So findet die Wahl zum Pfarrgemeinderat unter der Vorgabe statt, dass alle drei Gemeinden der Pfarrei St. Josef maximal je sechs Sitze im Gremium inne haben werden. Damit ist bereits im Vorfeld für eine Gleichverteilung im Rat gesorgt. Die Gemeinde St. Antonius Abbas stellt sieben Kandidaten zur Wahl, St. Paulus neun und St. Josef elf Bewerber.
Der Kirchenvorstand wird nur zur Hälfte neu gewählt, es geht also um acht Sitze. „Diese Regelung tritt alle drei Jahre in Kraft“, erklärt Bistumssprecher Ulrich Lota. Damit ist gewährleistet, dass der Vorstand jederzeit handlungsfähig bleibt.
Um die acht vakanten Sitze bewerben sich 16 Kandidaten. Dabei schickt die Gemeinde St. Antonius Abbas Schönebeck sechs Kandidaten ins Rennen, die Gemeinde St. Antomius Abbas in Bedingrade zwei, die Gemeinde St. Josef Frintrop fünf; St. Paulus Gerschede und Dellwig drei.
Dabei wird der Kirchenvorstand Pfarrei übergreifend gewählt. „Das heißt, dass beispielsweise ein Frintroper auch einen Schönebecker wählen dürfte“, so Ulrich Lota.
Nicht alle Wahlberechtigten schreiten zur Wahlurne. So liegen laut Aussage von Pfarreileiterin Stephanie Czernotta 341 Anträge auf Briefwahl vor. Eine hohe Zahl, zieht man in Betracht, dass die Wahlbeteiligung bei solchen Wahlen in der Regel unter zehn Prozent liegt. Das Ergebnis der Wahlen sollte dann bereits am Sonntagabend vorliegen.