Essen. Hohe Preise für Benzin und Diesel: Autofahrer sollten darauf achten, wann sie im Tagesverlauf tanken. Essener Forscher haben diese Tipps.

Die Veröffentlichung hätte zu kaum einem Zeitpunkt passender sein können: Am Montag (18.10.) kletterte der Dieselpreis auf ein Rekordhoch und just an dem Tag gab das RWI Leibniz Institut für Wirtschaftsforschung seinen neuen Benzinpreisspiegel heraus. Die jüngste Erkenntnis des Essener Forschungsteams um Professor Manuel Frondel bestätigt das, was viele Autofahrer längst ahnen: Die Preisschwankungen an den deutschen Tankstellen haben im Tagesverlauf deutlich zu genommen.

„Mir war zwar bewusst, dass es mehrere Schwankungen tagsüber gibt. Dass diese aber derart zugenommen haben und es nun sogar fünf Preiszyklen sind, hat mich doch sehr überrascht. Viel mehr geht wahrscheinlich gar nicht“, sagt Prof. Frondel, der beim RWI den Kompetenzbereich „Umwelt und Ressourcen“ leitet. Seine Schlussfolgerung daraus: „Für den Autofahrer wird es immer schwieriger, günstig Benzin zu tanken.“

Tanken: 2015 gab es nur einen Preiszyklus am Tag

Noch im Jahr 2015 war das Tanken deutlich berechenbarer. Da gab es lediglich einen Preiszyklus pro Tag. Wie der RWI-Benzinpreisspiegel zeigt, sanken die durchschnittlichen Benzinpreise von ihrem Höhepunkt am frühen Morgen bis zum frühen Abend. Erst am späteren Abend, gegen 22 Uhr, stiegen sie wieder an und blieben die Nacht über hoch. Die Denke dahinter: Da nachts viele Tankstellen geschlossen sind, ist die Konkurrenz kleiner. Ein Fakt, den die geöffneten Tankstellen offenbar ausnutzen wollten.

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Die Strategie der Tankstellenbetreiber hat sich mittlerweile deutlich geändert, sagt Frondel. Aufgrund ihrer Datenauswertung haben die Essener Forscher herausgefunden, wann sich heutzutage für Autofahrer die Fahrt zur Tankstelle lohnt und wann sie besser aufs Tanken verzichten sollten:

  • Am günstigsten sind die Preise demnach weiterhin am frühen Abend. „Nach 18 Uhr lässt sich am günstigsten tanken“, betont Frondel.
  • Besonders zwischen 20.30 und 22 Uhr können Autofahrer Geld sparen. Dagegen ist es morgens mit Beginn der Rushhour ab 6 Uhr am teuersten, die Preise fallen erst wieder nach 7 Uhr.

Tankstellen haben ihre Strategie geändert

Es ist zu vermuten, dass die Tankstellen am frühen Morgen auf diejenigen zielen, die auf dem Weg zur Arbeit tanken müssen und aufgrund der knappen Zeit auch keine Umwege zu günstigeren Anbietern nehmen. „Die Tankstellen richten sich extrem nach der Nachfrage“, glaubt Frondel. Denn nach dem morgendlichen Höhepunkt sinken die Preise schnell wieder, um im weiteren Verlauf immer wieder neue Preiskurven zu schreiben.

Der Ratschlag des Forschers lautet daher: „Autofahrer sollten nie bis zum letzten Tropfen im Tank warten, sondern vorausschauend tanken.“

Auszug aus dem RWI-Benzinpreisspiegel
Auszug aus dem RWI-Benzinpreisspiegel © funkegrafik nrw | Marc Büttner

Die jüngsten Erkenntnisse des RWI-Benzinpreismonitors entstammen aus einer Masterarbeit, die Preisdaten für Super-Benzin der Jahre 2015 bis 2020 aus dem Vergleichsportal Clever Tanken ausgewertet hat. Dabei wurde jeweils die Entwicklung im Monat Mai betrachtet. Die Untersuchung umfasste die Preisdaten aller Tankstellen im Bundesgebiet und war daher sehr aufwendig, sie hat rund ein halbes Jahr gedauert. Der ADAC hatte im Übrigen im Frühjahr 2021 eine ähnliche Untersuchung gestartet und war zum nahezu gleichen Ergebnis wie das RWI gekommen.

Tankpreise sind seit 2013 transparent

Dass die Preise in den vergangenen Jahren tagsüber derart in Bewegung gekommen sind, dafür macht Frondel auch die nunmehr herrschende Markttransparenz mit verantwortlich. Mit der Gründung der Markttransparenzstelle 2013 sind Unternehmen, die öffentliche Tankstellen betreiben oder über die Preissetzungshoheit an diesen verfügen, verpflichtet, Preisänderungen bei den gängigen Kraftstoffsorten an diese Stelle zu melden. Diese Daten nutzen auch Preisvergleichsportale.

Leiter des Kompetenzbereichs „Umwelt und Ressourcen“ am RWI, Prof. Manuel Frondel.  
Leiter des Kompetenzbereichs „Umwelt und Ressourcen“ am RWI, Prof. Manuel Frondel.   © Sven Lorenz _ Essen www.svenlorenz.com

Diese Transparenz sorgt seither dafür, dass die Preise auch für die Tankstellenkonkurrenz einsehbar sind und diese schnell reagieren kann.

Neuer Benzinpreisspiegel in Arbeit

Im Übrigen arbeiten Frondel und sein Team bereits an einem neuen Benzinpreisspiegel. Diesmal soll es um die Frage gehen, ob die Tankstellenbetreiber selbst mit dafür verantwortlich sind, dass die Preise durch die Decke gehen. Die Essener Forscher wollen dafür die Lücke zwischen dem Ölpreis und dem Benzinpreis der Jahre 2019 bis 2021 untersuchen.