Essen-Werden. Die Bezirkspolitik fordert, dass das Stauwehr in Essen-Werden für alle Menschen zugänglich ist. Warum die Pläne des Ruhrverbandes nicht reichen.

  • Ein beliebtes Ausflugszeiel in Essen-Werden ist das Stauwehr des Baldeneysees.
  • Doch die Treppenaufgänge sind nicht barrierefrei. Wer gehbehindert ist oder einen Kinderwagen dabei hat, dem bleibt der Zutritt zur Anlage verwehrt.
  • Der Ruhrverband plant Änderungen. Doch diese reichen der Bezirkspolitik im Essener Süden lange nicht aus.

Für Menschen mit Bewegungseinschränkungen oder Eltern mit Kinderwagen wird es auch in Zukunft schwierig sein, das Stauwehr in Werden zu betreten und so auf die andere Seite des Baldeneysees zu gelangen, denn die Installation eines Aufzugs oder der Bau einer Rampe ist weiterhin nicht vorgesehen. Stattdessen plant der Ruhrverband einige kleinere Veränderungen am Treppenaufgang. Die Fraktionen in der Bezirksvertretung IX sind empört und fordern weiter, eine vollständige Barrierefreiheit herzustellen.

Handlauf für den nördlichen Treppenaufgang geplant

Für Radfahrer besteht schon seit längerem die Möglichkeit, ihr Vehikel in einer Rinne auf das Stauwehr in Essen-Werden zu schieben.
Für Radfahrer besteht schon seit längerem die Möglichkeit, ihr Vehikel in einer Rinne auf das Stauwehr in Essen-Werden zu schieben. © FFS | Alexandra Roth

Die Bezirkspolitiker hatten auf ihrer Sitzung im Mai einstimmig die Verwaltung in einem Antrag aufgefordert, gemeinsam mit dem Ruhrverband einen Weg zu finden, wie am Stauwehr Werden Barrierefreiheit erreicht werden kann. In der jüngsten Sitzung Ende September kam nun die Antwort: Das Thema Barrierefreiheit sei im Rahmen der Baldeneysee-Konferenz, an der unter anderem auch der Ruhrverband teilnimmt, bereits erörtert worden. Die Konferenz habe jedoch beschlossen, keine vollständige Barrierefreiheit unter Zuhilfenahme eines Aufzugs oder einer Rampe anzustreben .

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Dafür ist anderes vorgesehen. „Als Verbesserung wird insbesondere für die nördliche Treppenanlage ein Handlauf in der Mitte der Treppe angebracht. Des Weiteren wird die vorhandene Schieberille für die Fahrräder entfernt und durch Rampensteine ersetzt“, heißt es in der Mitteilung der Verwaltung.

Bezirkspolitiker äußerten harsche Kritik am Ruhrverband

Der Fischlift am Stauwehr in Essen-Werden wurde im August 2020 in Betrieb genommen. Die Anlage kostete 6,8 Millionen Euro, hauptsächlich finanziert aus Landesmitteln.        
Der Fischlift am Stauwehr in Essen-Werden wurde im August 2020 in Betrieb genommen. Die Anlage kostete 6,8 Millionen Euro, hauptsächlich finanziert aus Landesmitteln.         © Ruhrverband

An harscher Kritik an dieser Stellungnahme mangelte es nicht, u.a. machte Hanslothar Kranz (CDU) seinem Ärger in einem Kraftausdruck Luft. Sein Fraktionskollege Herbert Schermuly bekräftigte nochmals seine Aussage vom Mai, dass es schließlich gesetzliche Vorgaben für Gebäude und Bauwerke gebe, Barrierefreiheit für Menschen mit und ohne Behinderung herzustellen.

Der Fischlift

Mit Hilfe des Fischlifts am Baldeneysee können die Tiere die gut neun Meter Höhenunterschied zwischen der Ruhr und dem Baldeneysee überwinden. Der Ruhrverband setzte damit eine Europäische Wasserrahmenrichtlinie um.

Gekostet hat das im August 2020 fertiggestellte Projekt 6,8 Millionen Euro, die zu 80 Prozent das Land NRW trägt.

Es sei eine Unverschämtheit angesichts eines 6,8 Millionen Euro teuren Fischlifts genau an dieser Stelle, dass das Wohl der Menschen derart hintenan gestellt werde. Er fordert, dass sich die Mitglieder der Baldeneysee-Konferenz die Lage vor Ort einmal anschauen sollten.

Diskussion kam bereits im Kulturhauptstadtjahr 2010 auf

Auch SPD und Grüne schlossen sich der Meinung an, bei diesem Thema dran zu bleiben, getreu dem Motto „Steter Tropfen höhlt den Stein“. Der Baldeneysee als Naherholungsgebiet müsse für alle Menschen gleich erlebbar sein, niemand dürfe ausgeschlossen werden. Der Prozess der vollständigen Barrierefreiheit müsse weiter vorangetrieben werden, auch wenn die Kosten für eine Rampe oder einen Aufzug natürlich durchaus hoch seien.

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Schließlich sei diese Diskussion bereits im Kulturhauptstadtjahr 2010 angestoßen worden. Die Vorschläge seitens der Stadt und des Ruhrverbandes, nur einen neuen Handlauf zu installieren und die Fahrradrille durch Steine ersetzen zu wollen, „ist jedenfalls absolut nicht tragbar“, betonte unter anderem Ludger Hicking-Göbels (Grüne).