Essen-Heisingen. Die Wände trocknen, die Schadenshöhe steht noch nicht fest: Die Essener Gastronomen der Roten Mühle kämpfen weiter mit den Folgen der Flut.

  • Die Flutkatastrophe richtete große Schäden in der Essener Gaststätte Rote Mühle an
  • In der Küche des Lokals waren alle Elektrogeräte vom Wasser betroffen
  • Nach ersten Reparaturen und etwas Improvisation gelang die Wiedereröffnung

Ihre Rettung mit dem Hubschrauber beschreiben sie als abenteuerlich, die Folgen des Hochwassers von Juli werden sie noch geraume Zeit begleiten: Peter (54) und Tatjana Soyk (50) haben ihre Gaststätte Rote Mühle in Essen längst wieder geöffnet, haben Gäste bewirtet und improvisiert. Nun steht aber noch die große Renovierung im Fährhaus an der Ruhr an.

Im Inneren des Essener Lokals Rote Mühle zeigt Inhaber Peter Soyk, wie hoch das Wasser gestanden hat.
Im Inneren des Essener Lokals Rote Mühle zeigt Inhaber Peter Soyk, wie hoch das Wasser gestanden hat. © Sagan | Bild

Mitte August, als sie mit viel Hilfe von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk das Wasser aus dem Gebäude und mit Unterstützung von Freunden, Bekannten und sogar Fremden den Schlamm aus der Küche und den Toiletten geschafft und so manches Küchengerät („jedes war vom Wasser betroffen“) wieder repariert hatten, lief der Betrieb in der Heisinger Aue wieder an. Bis dahin hatten auch die Mitarbeiter und Aushilfen – 27 sind es insgesamt – mit angepackt. Freundschaften sind in der Zeit sogar entstanden.

Nach der Flutkatastrophe wurde in der Gaststätte Rote Mühle auch improvisiert

„Wenn gutes Wetter war, war es dann auch richtig voll“, sagt Peter Soyk. Wäre da nur nicht zwischendurch das Bier warm geworden, weil die Kühlung wieder ausgefallen war. „Dann haben wir wieder geschlossen“, sagt der Gastwirt. Gekocht haben sie mitunter draußen mit Induktionsplatte und Gasflamme. „Das ging schon an die Substanz und war ganz schön nervenaufreibend“, sagt der gelernte Koch, der bereits während seines BWL-Studiums in der Roten Mühle gearbeitet hat.

2007 pachtete er das Lokal auf dem rund 6000 Quadratmeter großen Grundstück direkt an der Ruhr. 2012 kaufte das Paar es und lebt auch hier in dem denkmalgeschütztem Gebäude, an dem einst die Schiffe anlegen konnten, um Rast zu machen. An der Außenwand hängt die Plakette, die den Hochwasserstand von 1890 markiert. Jetzt seien es noch zehn Zentimeter mehr gewesen. Ein Pegel bis zu 6,20 bereite ihnen noch keine Probleme, aber nun sei dieser beinahe einen Meter höher gewesen.

Die Folgen der Flut sind in der Gaststätte Rote Mühle in Essen noch sichtbar

An der Außenwand der Gaststätte Rote Mühle hängt bereits das Schild, das den Stand des Wassers im Jahr 1890 markiert, 2021 stand es noch zehn Zentimeter höher: Peter Soyk hält die neue Plakette darüber.
An der Außenwand der Gaststätte Rote Mühle hängt bereits das Schild, das den Stand des Wassers im Jahr 1890 markiert, 2021 stand es noch zehn Zentimeter höher: Peter Soyk hält die neue Plakette darüber. © Sagan | Foto

„Bis morgens um halb acht war hier noch nichts, da ist Kupferdreh schon halb abgesoffen“, erinnert sich Peter Soyk an den Morgen, als dann die Wassermassen in sein Lokal strömten. In dem befinden sich unten Gastronomie, Toiletten und die Küche. Darüber sind die Wohnräume, das Büro, Lager und Umkleiden. Das obere Geschoss blieb verschont, während unten die Theke aufgeweicht ist, die Toilettentüren auch, dort haben sie nun Vorhänge angebracht. Die Wandverkleidung haben sie abgenommen, große Heizlüfter trocknen die Wände.

Ob der Boden halten wird, das ist noch ungewiss. Zwischen den Glasscheiben der Fenster steht noch Wasser und in der Küche muss noch die Edelstahlverkleidung von den Wänden genommen werden, um sicher zu stellen, dass sich dahinter kein Schimmel bildet. Einige Elektrogeräte haben sie bereits reparieren können, den Vakuumierer haben sie ersetzt. Nun hofft das Paar, den Kombidämpfer wieder ans Laufen zu bekommen. Denn ein neuer würde rund 10.000 Euro kosten, überschlägt der Koch. Dabei werden sie ihre Gaststätte in diesem Jahr erst wegen Corona und dann wegen der Überflutung wohl kaum mehr als 16 Wochen geöffnet haben.

Der Gesamtschaden im Essener Lokal Roten Mühle ist noch nicht abschätzbar

Das rund 6000 Quadratmeter große Grundstück rund um die Essener Gaststätte Rote Mühle stand bei der Flutkatastrophe komplett unter Wasser.
Das rund 6000 Quadratmeter große Grundstück rund um die Essener Gaststätte Rote Mühle stand bei der Flutkatastrophe komplett unter Wasser. © www.blossey.eu | Hans Blossey

Den Gesamtschaden, den können sie ohnehin noch gar nicht beziffern. 100.000 Euro. Vielleicht auch 200.000. „Wahrscheinlich eher Zweiteres“, sagt Peter Soyk und wird dann über einen Kredit nachdenken müssen, wenn die Fluthilfen nicht reichen werden. Auf ihre Rücklagen haben sie bereits zurückgegriffen, haben Spenden erhalten. Eine Versicherung existiert nicht, dafür liegt das Lokal zu dicht am Wasser und befindet sich zudem in einem ausgewiesenen Überflutungsgebiet, sagt er.

Ob und wie sie sich künftig besser schützen können, darüber werden sie in Ruhe nachdenken. Die Mauer zur Ruhr höher zu bauen, das würde allerdings dem Biergarten den Charme nehmen, wenn die Gäste den Ausblick auf die Ruhr nicht mehr hätten. Zudem müssten sie Veränderungen wie an den Fenstern mit den Zuständigen für den Denkmalschutz klären. In der anstehenden Winterpause stehen zunächst weitere Reparaturen und die Beseitigung der Schäden am Gebäude an.

In der Roten Mühle stehen Schnitzel, Currywurst und Fischgerichte auf der Karte

Die Öffnungszeiten in der Gaststätte Rote Mühle

Die Gaststätte Rote Mühle, Rotemühle 1, bietet im Innenraum 40 Plätze. Im Biergarten finden bis zu 260 Gäste Platz. Wegen der Corona-Einschränkungen sind dort derzeit allerdings 160 Plätze nutzbar.

Bis Ende Oktober soll das Lokal bei schönem Wetter noch geöffnet bleiben, montags bis samstags in der Zeit von 11 bis 22 Uhr (Küche 12 bis 21 Uhr) und sonntags von 11 bis 21 Uhr (Küche von 12 bis 20 Uhr). Bei unbeständigem Wetter sollten Gäste zuvor anrufen: 6484743

Läuft es gut und spielt das Wetter mit, soll im kommenden Jahr im März wieder geöffnet sein. Servierte Peter Soyk seinen Gästen in den Anfängen vor allem Currywurst und Schnitzel, wird es dann auch wieder Fischgerichte oder etwa Rinderfilet auf der Karte geben. Und ein kühles Bier.

Derzeit blickt das Paar optimistisch in die Zukunft: „Es darf nur nicht wieder passieren“, sagt Tatjana Soyk. Denn die Zeit nach der Überschwemmung hat sie jetzt schon viel Kraft gekostet. Aufgeben aber, das sei nie eine Option gewesen. „Ich habe es ja gekauft und wir wohnen hier“, sagt Peter Soyk. „Da hängt auch unser Herz dran.“