Essen-Kettwig. Eine Essener Klinikpfarrerin begleitet Reha-Patienten beim Weg zurück in den Alltag. Wie eine Kunstausstellung diesen Prozess unterstützt.

  • In der Fachklinik Rhein-Ruhr in Essen-Kettwig ist Christiane Wittenschläger seit 2010 als Seelsorgerin tätig.
  • Ihre Arbeit mit den Patientinnen und Patienten, die dort mehrere Wochen verbringen, hat viele Aspekte. Auch ist sie Ansprechpartnerin für das Klinik-Personal.
  • Aktuell gibt es ab Oktober eine Ausstellung mit Mandalas, die Steffen Hunder (Pfarrer in Rente) farbig gestaltet und mit Texten versehen hat. Die Schau soll die Arbeit seiner Kollegin unterstützen.

Wer sich von einer Erkrankung in einer Rehaklinik erholt, der benötige neben medizinischer Versorgung oft auch seelische Begleitung, hat Christiane Wittenschläger festgestellt. Sie arbeitet seit 2010 als Krankenhausseelsorgerin an der Fachklinik Rhein-Ruhr in Essen-Kettwig. „Denn in nicht wenigen Fällen geht es für die Patienten um Neuorientierung.“ Dabei helfen Gespräche ebenso wie verschiedene Aktivitäten. Oder einfach etwas zum Anschauen – wie die kontemplative Ausstellung ihres Kollegen Steffen Hunder.

Ausstellung zeigt Mandalas aus allen Teilen der Welt

22 Mandala-Motive in 3D-Optik zeigt Steffen Hunder in der Fachklinik Rhein-Ruhr in Essen-Kettwig. Das Defilee aus kontemplativen Bildern und Texten soll die Arbeit der Klinikpfarrerin unterstützen.
22 Mandala-Motive in 3D-Optik zeigt Steffen Hunder in der Fachklinik Rhein-Ruhr in Essen-Kettwig. Das Defilee aus kontemplativen Bildern und Texten soll die Arbeit der Klinikpfarrerin unterstützen. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Hunder, Pfarrer in Rente, bekennender Krimifan und bekannter Krimischreiber, hat seit Jahrzehnten eine Vorliebe für Mandalas. „Es gibt sie in allen Kulturen“, berichtet der Kettwiger über die zumeist quadratischen oder runden geometrischen Motive, die vor allem in Ostasien als visuelles Hilfsmittel dienen, um komplexe religiöse Zusammenhänge verinnerlichen zu können. Aber auch im christlichen Raum gibt es sie, etwa in vielen Kirchenfenstern.

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Steffen Hunder hat die gezeichneten Vorlagen nicht nur mit Profi-Stiften farbig gestaltet, „sie haben bei mir auch einen 3D-Effekt“. Die insgesamt 22 Motive kommen unter anderem aus Australien, Japan, Mesopotamien und Israel sowie Europa und von den amerikanischen Ureinwohnern. Zu den historischen Mustern hat Hunder jeweils eigene Texte und Bibelzitate gestellt.

Bilder und Texte geben Anlass für Gespräche

Das Mandala „Babylonisch-assirisches Gebet“ hat Steffen Hunder auch mit einem erläuternden Text versehen.
Das Mandala „Babylonisch-assirisches Gebet“ hat Steffen Hunder auch mit einem erläuternden Text versehen. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Die Ausstellung unter dem Titel „Weisheit der Welt“ ist eine Mischung aus sinnlicher Wahrnehmung und geistiger Bereicherung. „Wir haben sie in einem unserer Hauptgänge positioniert“, erklärt Christiane Wittenschläger, „an diesem Defilee kommt praktisch jeder vorbei“. Schon bei der Hängung der Objekte habe es neugierige Blicke und Nachfragen gegeben. Sie hoffe, dass die Ausstellung, die für drei Monate in der Fachklinik hängen wird, Anlass für Ruhe und Einkehr sein könne, aber ebenso für Gespräche bei problematischen Situationen.

„Dass Patienten nach langem Krankenhausaufenthalt und dann einer mehrwöchigen Reha hier eine Art Klinik-Koller bekommen, habe ich schon öfters erlebt“, sagt die 59-Jährige. Die Lage während des Lockdowns mit Besuchsverbot sei dann noch hinzugekommen und ganz schwer erträglich gewesen. Seelsorge sei da vermehrt auch bei den Angehörigen vonnöten gewesen, „die sich natürlich Sorgen um ihre Liebsten gemacht haben“. Inzwischen sei die Situation entspannter. Gleichfalls für das medizinische Personal, dem sie ebenfalls zur Seite steht.

Abschied von Gewohntem ist wie eine Art Trauerarbeit

Im Alltag erlebe sie immer wieder unterschiedliche Konflikte. „Wer ein neues Hüftgelenk bekommen hat, der freut sich in der Reha auf einen Neubeginn.“ Wer allerdings durch eine Erkrankung dauerhaft an Mobilität eingebüßt habe, „der muss sich komplett neu sortieren“. Die Einsicht, dass viele Dinge einfach nicht mehr gehen, nicht mehr alleine zu bewältigen sind, „das ist wie ein Abschied und auch ein Stück Trauerarbeit“, erklärt Christiane Wittenschläger.

Vorbereitung auf die Rückkehr in den Alltag

Die Medi-Clin Fachklinik Rhein/Ruhr (Auf der Rötsch 2) in Essen-Kettwig zählt zu den größten Rehabilitationseinrichtungen in NRW. Patienten werden nach Erkrankungen, Operationen und Unfällen auf die Rückkehr in ihren Alltag vorbereitet.

Es werden Therapien u.a. bei Herz-OPs, Schlaganfall, Nierentransplantation, Diabetes und Amputation durchgeführt.

Die Ausstellung „Weisheit der Welt“ wird am Freitag, 8. Oktober, um 16.30 Uhr mit einem Dia-Vortrag von Steffen Hunder im Hörsaal eröffnet. Dazu gibt es Musik. Die Schau wird bis Januar zu sehen sein. Begleitend bietet Hunder Mandala-Workshops an.

Beschäftigung und Gemeinschaftserlebnisse helfen dabei. In der Klinik gibt es zahlreiche Freizeitangebote, so werden mit dem klinikeigenen Bus Fahrten in die umliegenden Städte und Ortsteile angeboten. Es gibt zudem saisonale Ausflüge. Ob offenes Singen, Gitarre spielen, Seidenmalen oder Basteln – in der Einrichtung auf den Ruhrhöhen mit ihren 455 Betten schaue ein Team aus professionellen und ehrenamtlichen Kräften, dass auch außerhalb der therapeutischen Anwendungen keine Langeweile aufkomme.

„Ein Ort, der übrigens sehr gut angenommen wird, ist die Kapelle“, weiß Wittenschläger zu berichten. Wer Ruhe und Einkehr suche, sich zurückziehen möchte, sei hier richtig. Beide christliche Gemeinde bieten regelmäßig Gottesdienste vor Ort an. Für viele Menschen sei die Religion in solchen Ausnahmesituationen ein wichtiger Halt, sagt die Pfarrerin.