Essen. Die Mehrheit der Essener sieht eine „ökologische Katastrophe“ auf uns zukommen. Trotzdem will die Mehrheit in vielen Bereichen nicht verzichten.

  • Eine Umfrage der FOM Hochschule kommt zu dem Ergebnis, dass viele Menschen davon ausgehen, dass wir auf eine „ökologische Katastrophe“ zusteuern.
  • Essenerinnen und Essener seien aber nicht bereit, sich einzuschränken – in den Bereichen Ernährung, Mobilität und Flugreisen
  • Der wissenschaftliche Leiter der Umfrage findet persönlich, dass die Politik auch auf Verbote setzen sollte

Die überwiegende Mehrheit der Essenerinnen und Essener geht davon aus, dass wir auf eine „ökologische Katastrophe zusteuern“. Doch sich einschränken? Etwa auf Urlaubsflüge, Auto oder Fleisch verzichten? Das wollen dann doch deutlich weniger. Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls eine Umfrage der FOM Hochschule. Ein Großteil der Befragten will das eigene Verhalten demnach nicht ändern, wenn es um die Bereiche wie Ernährung, Mobilität und Reisen geht.

Nur 35 Prozent der 646 Befragten wollen in Zukunft vermehrt den öffentlichen Nahverkehr nutzen, nicht einmal ein Drittel (32 Prozent) will künftig vermehrt auf Fleisch verzichten, heißt es seitens der Hochschule – und dass, obwohl bekannt sei, dass „industrielle Tierhaltung zum Klimawandel beiträgt“. Und mit Blick auf Urlaubsflüge hätten 64 Prozent der Befragten angekündigt, nicht oder nur teilweise auf darauf verzichten zu wollen.

Besonders auffällig sei: Bei der Generation Y – also bei den sogenannten Millennials, die in den frühen 80er bis späten 90er Jahren geboren wurden –, sind es sogar 84 Prozent, die nicht verzichten wollen. Wie passt das zusammen mit dem Bild, dass auch aus dieser Generation so viele im Kampf gegen den Klimawandel engagiert sind?

Trotz Klimawandel: „Die Jüngeren wollen auch fliegen“

„Ich kann das sogar verstehen“, so Prof. Dr. Oliver Gansser, der wissenschaftliche Leiter dieser Umfrage. „Die Alten haben ihr Konto voll“, sagt er in Anbetracht vieler Urlaube, die Ältere bisher gemacht haben. „Die Jüngeren wollen auch fliegen.“ Sprich: was erleben. Mit einem Ergebnis hat Gansser so aber nicht gerechnet. „Mich hat das Wissen darüber überrascht, dass wir überhaupt auf eine ökologische Katastrophe zulaufen“, sagt er. Denn auch das ist eine Erkenntnis der auch deutschlandweit durchgeführten Umfrage: Nur 14 Prozent der befragten Essenerinnen und Essener finden, dass wir nicht auf eine „große ökologische Katastrophe“ zusteuern, wenn wir weiter so leben wie bisher.

Prof. Dr. Oliver Gansser: „In Essen sind mir nicht viele grüne Radwege aufgefallen. Für viele ist es zu kompliziert und zu gefährlich mit dem Rad zu fahren.“  
Prof. Dr. Oliver Gansser: „In Essen sind mir nicht viele grüne Radwege aufgefallen. Für viele ist es zu kompliziert und zu gefährlich mit dem Rad zu fahren.“   © FOM Essen

Umso interessanter die Erkenntnis, dass trotz dieses Wissens offenbar nur wenige bereit sind, dagegen konkret und ganz persönlich etwas zu tun. „Vielleicht ist der ein oder andere Konsument frustriert“, sagt der Professor zu möglichen Gründen. „Mobilitätskonzepte sind nicht so, wie sie sein könnten – das ist regional sehr unterschiedlich.“ Zwar wohnt Gansser nicht in Essen, sondern 70 Kilometer von München entfernt „auf dem Land“, trotzdem fällt ihm als Nicht-Essener bei seinen drei bis vier Besuchen in der Stadt pro Jahr etwas auf: „In Essen sind mir nicht viele grüne Radwege aufgefallen. Für viele ist es zu kompliziert und zu gefährlich mit dem Rad zu fahren.“

Mobilität: Bei entsprechenden Angeboten würden mehr Autofahrer umstiegen

Wenn er selbst nach Essen fährt, kommt er mit der Bahn am Hauptbahnhof an, von dort muss er beruflich dann zur FOM Hochschule an der Herkulesstraße. Sein Eindruck: Mit dem Öffentlichen Nahverkehr geht wenig, also wird auf das Taxi zurückgegriffen. Bei Kollegen, die regelmäßig in Essen arbeiten, würden die meisten auf das eigene Auto zurückgreifen – dabei gebe es doch andernorts beispielsweise gute Carsharing-Angebote. Der Schluss also: Würde es eine bessere Infrastruktur geben, dann würden mehr Menschen vom Auto auf andere Fortbewegungsmittel umsteigen – und hätten möglicherweise auch anders in der FOM-Umfrage geantwortet.

Die Befragten – „Konsumenten“, wie Gansser sie nennt – sieht er am Ende einer Kette. Für ihn persönlich müsse die Politik zum Beispiel der Industrie mehr Vorgaben machen. „Bis sich der Konsument durchsetzt, dauert es zu lange – da verschwenden wir zu viel Zeit“, sagt er mit Blick auf den Klimawandel. Auch Verbote hält er für sinnvoll. „FCKW wurde auch verboten und dann gab es plötzlich keine Kühlschränke mehr damit.“

>>> INFO: Deutschlandweite Umfrage

  • Bundesweit sind bei der FOM-Umfrage 14.233 Personen zu ihrer „ökologischen Einstellung und beabsichtigte Verhaltensänderungen in Bezug auf Natur- und Umweltschutz“ befragt worden, in Essen waren es 646 ab 12 Jahren. „Da Daten liegen vor und dürfen interpretiert werden“, sagt Prof. Dr. Oliver Gassner.
  • Immerhin, so heißt es seitens der FOM, seien Essenerinnen und Essener bereit in einigen Bereichen ihr Verhalten zu ändern – 71 Prozent wollen demnach sparsamer bei der Beleuchtung sein, 68 Prozent beim Wasserverbrauch. 76 Prozent würden zudem vermehrt auf qualitativ hochwertige Produkte mit längerer Haltbarkeit setzen.