Essen. Diese Bundestagswahl in Essen beschert echte Rekorde: bei der Zahl der Briefwähler ebenso wie bei der Zahl der möglichen Abgeordneten für Berlin.

Knapp 454 Kilometer Luftlinie sind es von Essen nach Berlin, doch so einfach wie diesmal war es wohl noch nie, diese Wegstrecke politisch hinter sich zu bringen. Der Grund dafür ist im Mix aus Direkt- und Listenmandaten zu suchen und darin, dass das komplizierte Wahlrecht das Parlament an diesem Sonntag womöglich auf eine nie gekannte Größe aufbläht. Bis zu zehn Abgeordnete könnten deshalb zur Bundestagswahl den Sprung von Essen unter die Reichstags-Kuppel schaffen – doppelt so viele wie bisher.

Bedingung dafür wäre, dass die Wahlprognosen und Mandatsrechner im Internet Recht behalten und die Sozialdemokraten neben dem für sie als sicher geltenden Essen-Mülheimer Wahlkreis und dem Essener Nord-Osten auch den Mitte-Süd-Wahlkreis direkt holen. Das SPD-Trio Sebastian Fiedler, Dirk Heidenblut und Gereon Wolters würde dann durch Astrid Timmermann-Fechter und Matthias Hauer ergänzt; beide sind auf der CDU-Landesliste bestens platziert.

Immer neue Wahlprognosen bescheren ein Wechselbad der Polit-Gefühle

Hinzu kommen Kai Gehring von den Grünen und Stefan Keuter von der AfD, die ihr Abgeordneten-Mandat sicher verteidigen dürften – und als mögliche „Zugabe“ Franziska Krumwiede-Steiner von den Grünen im Essen-Mülheimer Wahlkreis sowie die Essener Ezgi Güyildar und Shoan Vaisi von den Linken. Vor allem letztere gehen schon seit Tagen durch ein Wechselbad der Polit-Gefühle, sind an einem Tag dank einer Umfrage des Meinungsforschungs-Instituts Kantar drin im Bundestag und am nächsten bei Forsa wieder draußen.

Letzte Tipps vor dem Wahltag

Wichtig für alle Briefwähler: Am Samstag eingeworfene Briefe erreichen die Stadt nur, wenn der Briefkasten mit Samstagsleerung gekennzeichnet ist.Wer es nicht mehr rechtzeitig schafft, kann seinen Wahlbrief bis spätestens Sonntag, 26. September, 18 Uhr, in den Hausbriefkasten des Rathauses am Porscheplatz oder den des Wahlamtes, Kopstadtplatz 10, einwerfen. Wer seine Wahlbenachrichtigung nicht mehr zur Hand hat, kann sich im Internet Anschrift und Lage des Wahlraums in einer Karte anzeigen lassen: www.essen.de/wahlraumsuche2021Für Rückfragen und Informationen stehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Serviceteams des Wahlamtes unter der Rufnummer (0201) 88-12345 zur Verfügung.

Gewissheit bekommen sie wohl erst im Laufe der Wahlnacht, wenn auch im letzten Winkel der Republik die Stimmen ausgezählt sind und sich der Nebel um Ausgleichs- und Überhangmandate lichtet. Schon deutlich früher, nämlich gegen 22.30 Uhr, könnte derweil in Essen feststehen, wer das Direktmandat im umkämpften Essener Mitte-Süd-Wahlkreis erringt. Wenn denn die Auszählung gut läuft.

Über 140.000 Briefwahl-Anträge gingen im Wahlamt ein – einsamer Rekord

Die Antwort darauf hängt eng mit der Frage zusammen, wie schnell die Flut an Briefwahlstimmen in Messehalle 6 ausgezählt ist. Bis Donnerstagabend hatten nicht weniger als 140.000 der 408.000 Wahlberechtigten zwischen Karnap und Kettwig Briefwahl beantragt. Ein absoluter Rekord, der den Briefwahl-Anteil an allen Wählern auf gut 40 Prozent schrauben könnte und für den das Wahlamt sich dadurch wappnet, dass es zum Auszähl-Marathon in der Messe 140 Wahlvorstände mit rund 850 Personen stellt. Damit’s schneller geht.

Den Briefwahl-Boom erklärt man sich bei der Stadt nicht zuletzt mit einer allgemeinen Corona-Zurückhaltung nach dem Motto: Lieber zuhause wählen, als mit Maske und eigenem Stift ins Wahllokal stiefeln. Erst am Freitag hatte das Oberverwaltungsgericht in Münster einen Eilantrag gegen die bei der Wahl geltende Maskenpflicht abgelehnt.

Stadt will es auf einen Masken-Streit im Wahllokal nicht ankommen lassen

In Essen will man es dennoch nicht auf einen Streit im Schatten der Wahlkabinen ankommen lassen, betonte Stadt-Sprecherin Silke Lenz: Wer keine Maske trägt, bekomme notfalls eine vor Ort, und selbst wer diese ablehnt, muss nicht zwingend stimmlos bleiben: Der jeweilige Wahlvorstand könne die Maskenverweigerer notfalls zur Wahl zulassen, wenn keine andere Personen im Raum und die Hygieneregeln auch sonst gewahrt sind.

Sollte die Lage eskalieren – die Adressen sämtlicher Stimmlokale sind bei der Polizei hinterlegt. Dass sie dort benötigt werden, gilt aber als eher unwahrscheinlich: Bei den fast 9900 Direktwählern im Rathaus kam es kein einziges Mal zum Masken-Streit.