Essen. Erfolg fürs Impfen vor Ort in den Stadtteilen: Warum es Hoffnung gibt, dass die Zahl der Impfgegner in Essen doch kleiner ist als befürchtet.
Bei den Impfaktionen vor Ort in den Essener Stadtteilen zeichnet sich ein Erfolg ab. Zwei Monate nach dem Beginn der Aktion, bei der mobile Teams in unterschiedlichen Quartieren Impfungen ohne vorherige Terminvereinbarung anbieten, sind bislang fast 20.000 Erst-Impfungen verabreicht worden. Das berichtet Gesundheitsdezernent Peter Renzel. „Die Zahl ist gut, aber wir müssen dranbleiben“, betont Renzel. Die so genannten „dezentralen Impfangebote“ wird es auch im Oktober und in den Monaten danach geben. Ende September schließt das Impf-Zentrum in der Messe Essen. Auch Hausärzte bieten weiter Impfungen an.
Geimpft wird seit Mitte August auch in Bürgerzentren, in den Büros von Wohnungsbaugesellschaften oder in Moscheen und Kirchen. Impfangebote für Schüler der Oberstufe an den Schulen kommen seit dem 23. August dazu.
Impfen in Essen vor Ort: Beim ersten Mal musste Impfstoff nachgeordert werden
Bereits zum Auftakt der „dezentralen Impfaktionen“ in einem Altenessener Bürgerzentrum kamen Mitte Juli etwa 300 Bürger – doppelt so viele wie erwartet. Impfstoff musste schnell nachgeordert werden. Schnell zeigte sich: „Das Impfzentrum in der Messe ist vielen Bürgern zu weit, sie kommen da nicht hin, wir müssen vor Ort in die Stadtteile“, erinnert Renzel an die Erkenntnis der ersten Aktionen vor Ort.
Entscheidend ist, dass das Impfen vor Ort Info-Lücken schließt, die sonst offen blieben: „Viele sind nicht informiert“, hat Renzel festgestellt. „Die sagen: Wir dachten, wir wären noch nicht an der Reihe.“ Ähnliches hatte der Mediziner Dr. Andreas Grundmeier, Leiter der Notfallmedizin und Corona-Einsatzleiter an den Kliniken Essen-Mitte (KEM), dieser Tage festgestellt: Er hegt große Sympathie für die mobilen Impfaktionen der Stadt – denn viele Ungeimpfte seien keineswegs überzeugte Impfgegner, sondern zögerten die Impfung wegen anderer Termine hinaus, wüssten nicht, wo sie sich impfen lassen könnten oder seien zu bequem, einen Arzt aufzusuchen. „Dann steht das Impfmobil vor ihrer Tür und sie gehen hin.“ So könne das Mobil dazu beitragen, die Impfquote zu steigern.
Jeden Donnerstag lange Schlangen vor der AOK: Dort lassen sich besonders viele Essener impfen
Die Stadt hatte erst relativ spät damit begonnen, mobile Impfteams in die Stadtteile zu schicken. Begründet wurde das unter anderem mit einem Mangel an Impfstoff. Auffällig ist, dass besonders die städtischen Impftermine in den Räumen der Krankenkasse AOK an der Friedrich-Ebert-Straße (Innenstadt, Nähe Limbecker Platz) besonders starke Resonanz erzeugen: Dort wird immer donnerstags geimpft; in der ersten Septemberwoche kamen 605 Kandidaten, in der zweiten Septemberwoche 578 Bürgerinnen und Bürger. „Das mag damit zusammenhängen“, mutmaßt Renzel, „dass viele Jobcenter-Kunden bei der AOK versichert sind.“ Sämtliche Jobcenter-Kunden – also alle Bürger, die Hartz IV beziehen – wurden von der Stadt angeschrieben und auf die dezentralen Impftermine aufmerksam gemacht.
„Das deckt sich mit meinen Erfahrungen“, berichtet Renzel, „dass Menschen, die Sozialleistungen beziehen, besonders deutlich und direkt auf Gesundheits-Themen angesprochen werden müssen.“ Denn ihr Gesundheits-Zustand sei grundsätzlich häufig nicht gut. AOK-Sprecher Helmut Kiedrowicz ergänzt, dass zu den Terminen bei der AOK auch sehr viele Studierende erschienen seien – die Uni liegt schließlich gleich nebenan.
Auch Renzel bekräftigt, dass die Vor-Ort-Aktionen den Schluss nahelegen: In den Stadtteilen wohnen keine notorischen Impfgegner, sondern Menschen, die sich aus verschiedensten Gründen noch keine Spritze haben setzen lassen. „Ich habe einen Termin bei meinem Hausarzt, aber der ist noch lang hin“, lautet zum Beispiel eine der Begründungen, warum man sich jetzt noch nicht impfen lässt. Entsprechend fällen viele Bürger die Entscheidung, sich einer Vor-Ort-Aktion impfen zu lassen, um von den Wartelisten herunterzukommen.
An den Schulen mit gymnasialer Oberstufe sind nach drei Wochen 1285 Schülerinnen und Schüler und Pädagogen geimpft worden; auch diese Zahl stimmt den Gesundheitsdezernenten zufrieden.