Essen-Altenessen. Initiatoren des Essener Klinikentscheids haben 11.000 Unterschriften. So lief die Podiumsdiskussion mit den Bundestagskandidaten in Altenessen.
Die Initiatoren des Essener Klinikentscheids wollen die Stadt dazu bringen, die Trägerschaft für ein städtisches Krankenhaus zu übernehmen. Dafür sammeln sie seit Mai Unterschriften - rund 11.000 sind es nach Angaben von Organisator Hans Peter Leymann-Kurtz bisher. Am Dienstag nutzten die Bundestagskandidaten bei einer Podiumsdiskussion die Chance rund einen Monat vor der Wahl, ihre Positionen darzulegen. Während die SPD das Begehren unterstützt, lehnt die CDU eine städtische Klinik weiterhin ab.
Wut über Krankenhausschließungen in Essen war Resignation gewichen
Rund 50 Gäste waren zu der Veranstaltung ins Zentrum für Kooperation und Inklusion gekommen - darunter viele Politiker und Parteigänger sowie Ärzte, Krankenpfleger und wenige Anwohner. „Viel mehr Besucher wären unter Coronabedingungen nicht möglich gewesen“, so Leymann-Kurtz.
Während es auf dem Podium zunächst um Fallpauschalen, Bettenreduzierung während der Pandemie und das Nord-Süd-Gefälle in der Stadt ging, kam die entscheidende Frage nach 90 Minuten aus dem Publikum. Wolfgang Freye, sachkundiger Bürger im Planungsausschuss und Mitglied der Linken wollte wissen, warum welche Partei das Klinikbegehren unterstützt oder eben nicht.
Neue oder überraschende Argumente trugen die Politiker dann nicht vor. CDU und Grüne sind als Gegner der Meinung, die Stadt könne das Projekt nicht stemmen, Unterstützung bekamen sie von der FDP. SPD und Linke betonen hingegen, dass man sich entsprechende Expertise einkaufen könne und die Kommune unbedingt die Krankenhausversorgung in die eigenen Hand nehmen müsse. Unterstützung bekamen sie von der DKP. Vertreter der AfD waren nicht zu der Veranstaltung eingeladen worden.
CDU: Krankenhaus in privater Trägerschaft könne gut funktionieren
Florian Fuchs hatte als Kandidat der CDU naturgemäß einen schweren Stand auf dem Podium. Er erinnerte daran, dass auch jeder niedergelassene Arzt gewinnorientiert arbeitet und deswegen trotzdem keine schlechte Leistung abliefert. Daher könnte auch ein Krankenhaus in privater Trägerschaft gut funktionieren. Auch er empfinde die Verteilung der Krankenhäuser im Stadtgebiet - wie alle anderen auf dem Podium - als ungerecht. Contilia hätte für vollendete Tatsachen im Norden gesorgt, deswegen mache es aber keinen Sinn, im Süden jetzt auch noch Kliniken zu schließen.
Unterstützung bekam er von den Grünen, die sich den Vorwurf gefallen lassen mussten, sich erst nach der Kommunalwahl im Herbst 2020 gegen den Krankenhausentscheid positioniert zu haben. Christine Müller Hechfellner erinnerte daran, dass bei aller Emotionalität, die Schließung des Marienhospitals und des St. Vincenz-Krankenhauses betriebswirtschaftliche Gründe hatte. Sie plädierte zwar für weniger private Träger, die öffentliche Hand könne aber nicht alles übernehmen. Ein Krankenhaus sei letztlich immer ein Reparaturbetrieb und es sei wichtig schon viel früher, bei der Gesundheitsversorgung anzusetzen und auf Prävention, Vorsorge und Beratung zu achten. Ihre Partei setze sich daher für ein Kinder- und Jugendgesundheitszentrum mit Frühförderstelle im Essener Norden ein.
SPD-Politiker hatte leichtes Spiel
Dirk Heidenblut hatte als erfahrener SPD-Bundestagsabgeordneter, Unterstützer des Klinikbegehrens und als Rettungsdienst-Erfahrener ein relativ leichtes Spiel bei der Veranstaltung in Altenessen. Er pochte darauf, dass die Stadt mehr Mitspracherecht beim Thema Krankenhäuser haben müsse, da sie die Situation vor Ort am besten kenne. Ein zentraler Bau am Marienhospital wäre sinnvoll gewesen, auch da hätte die Stadt mehr ein Auge drauf haben müssen. Selbst wenn das Philippusstift in Borbeck ertüchtigt wird, sei das noch immer zu wenig für den Essener Norden: „Die Kommune muss bei der Gesundheitsversorgung eine starke Rolle spielen.“
Dann könne der Zugang zu den Kliniken auch unabhängig der Herkunft für alle gewährleistet sein, glaubt Jules El-Khatib von den Linken, der bemängelte, dass die Stadt den Fokus zu sehr auf den Süden lege.
Unterschriftensammlung für Klinikentscheid geht weiter
Daran zeigte sich dann doch wieder die Vielschichtigkeit und Emotionalität der Krankenhausschließungen. Walter Wandtke, Mitglied der Grünen, meldete sich aus dem Publikum und betonte, dass ein Krankenhaus im Norden - unabhängig von der Trägerschaft - Besserverdiener anziehen und das Image des Stadtteils aufpolieren würde. Er erinnerte aber auch daran, dass die Krankenhausplanung Landes- und eben nicht Bundessache und auch keine kommunale Angelegenheit sei.
Die Initiatoren des Krakenhausentscheides verlagern den Fokus dennoch auf die Kommune und wollen auch in den kommenden Wochen weiter Unterschriften sammeln. 13.400 sind nötig - drei Prozent der Wahlberechtigten - damit der Rat sich mit dem Thema auseinandersetzen muss. „Wir sind bisher mehr als zufrieden und haben den Turbo noch gar nicht angeworfen“, erklärt Leymann-Kurtz, der mit seinem Team noch durch die Rüttenscheider Kneipen ziehen will. „Wir wollen mehr als die nötige Anzahl an Unterschriften.“