Essen. Keine Gratis-Schnelltests ab 11. Oktober – und dann? Apotheker schätzen, dass Tests dann 20 Euro kosten. Warum der OB vor „sozialen Härten“ warnt

Die Zahl der Corona-Schnelltestzentren in Essen wird nach Ansicht des Apothekers Peter Ricken deutlich schrumpfen, sobald Nicht-Geimpfte die Tests ab dem 11. Oktober aus eigener Tasche bezahlen müssen. Ricken, der selber drei Testzentren in Essen betreibt und und im Frühjahr mit dem großen Testzentrum Grugahalle zu den ersten Anbietern zählte, hält sogar eine Halbierung der Bürger-Testzentren für möglich. Der Leiter des Essener Impfzentrums, Dr. Stefan Steinmetz, begrüßt ausdrücklich die Abschaffung der Gratis-Tests in knapp zwei Monaten: „So wird der Impfdruck auf die Ungeimpften deutlich erhöht.“ Zu Spitzenzeiten haben mehr als 100.000 Essenerinnen und Essener binnen einer Woche die Möglichkeit eines Gratis-Schnelltests genutzt.

Apotheker Peter Ricken (Rathaus-Galerie, Limbecker Platz) hat bereits sehr konkrete Vorstellungen davon, wie teuer ein Schnelltest nach dem 11. Oktober sein könnte. „Nicht mehr als 20 Euro.“ Er wolle sich dabei an den Vergütungsrichtlinien des Bundesgesundheitsministeriums nach der Coronatest-Verordnung orientieren. Bislang galt: Für den Bürger gratis – der Bund zahlt: Ursprünglich habe ein Corona-Schnelltest 18 Euro gekostet. Nichtärztlich betriebene Testzentren konnten beim Bund zwölf Euro abrechnen, andere 15. Würde sich der Preis für einen Schnelltest tatsächlich bei knapp unter 20 Euro einpendeln, müssten Eltern mit zwei erwachsenen Kindern – alle ungeimpft – vor einem Restaurant- oder Theaterbesuch fast 80 Euro für die Schnelltests bezahlen.

OB Thomas Kufen: „Soziale Härten müssen vermieden werden“

Oberbürgermeister Thomas Kufen spricht sich dafür aus, „die Ausgestaltung der Kosten für eine Bürgertestung mit Augenmaß“ anzusetzen. „Soziale Härten müssen vermieden werden.“ Sein Appell in Sachen Finanzierung richte sich gleichzeitig an Bund/Land und an die Betreiber der Testzentren. Kufen will verhindern, dass nicht-geimpfte Bürger vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen werden.

Wo Nicht-Geimpfte Schnelltests vorlegen müssen

Die Testpflicht für Nicht-Geimpfte gilt nach dem jüngsten Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz bei einer Indiz ab 35.

Die Länder verlangen ab dem 23. August von Nicht-Geimpften einen Schnelltest beim Besuch von Alten- und Pflegeheimen, Krankenhäusern, Gaststätten (Innenräume), Theatern, Sportveranstaltungen, Friseuren, Fitnessstudios, Hotels und Pensionen. Davon ausgenommen sind Kinder unter 6 und alle Schüler.

Der Bund zahlt Schnelltests nach dem 11. Oktober weiterhin für Personen unter 18 und für Schwangere.

Ricken regt die Herausgabe von Gutscheinen für einkommensschwache Menschen, Obdachlose und Hartz-IV-Empfänger an, die sich einen Schnelltest nach dem 11. Oktober nicht leisten könnten. Die Gutscheine sollten von der Stadtverwaltung ausgegeben werden.

Der Leiter des Essener Impfzentrums hätte es gerne gesehen, wenn die Gratis-Schnelltests schon viel früher abgeschafft worden wären. „Ich spreche mich nach wie vor gegen einen Impfzwang aus“, betont Steinmetz, „aber ich begrüße jede politische Maßnahme, die den direkten oder indirekten Impfdruck erhöht.“

Leiter des Impfzentrums Essen: „Jede Impfung ist ein Akt der Solidarität“

Der OB wie auch der Leiter des Impfzentrums appellieren an Nicht-Geimpfte, die Möglichkeit einer kostenlosen Impfung zu nutzen. Das Impfzentrum hat noch bis zum 30. September geöffnet, danach ist definitiv Schluss. „Jede Impfung ist ein Akt der Solidarität“, sagt Steinmetz. Und der OB betont: „Die Impfung ist und bleibt der effektivste Schutz gegen das Virus.“

Ende Mai gab es in Essen 187 Schnelltestzentren. Insbesondere an kirchlichen Feiertagen wie etwa Ostern und Pfingsten schnellte die Zahl der Testungen in die Höhe. Im Durchschnitt habe es 80.000 Gratis-Schnelltests pro Woche gegeben. Das Interesse sei trotz steigender Impfquote nach wie vor hoch. „In der vergangenen Woche gab es 56.000 kostenlose Bürgertests“, so Stadtsprecherin Silke Lenz.