Essen. Müssen wirklich 500 Meter von einer Fundstelle entfernt Häuser geräumt werden? Die Stadt sei pragmatisch, müsse aber auf die Fachleute hören.

Sind die Evakuierungsmaßnahmen im Fall vom Bombenentschärfungen übertrieben bürokratisch und von einem allzu einseitigen Sicherheitsdenken geprägt? Ordnungsdezernent Christian Kromberg nimmt für die Stadt Essen in Anspruch, durchaus pragmatisch mit den Zwängen umzugehen.

So hätte man bei strenger Auslegung der Abstandsregeln zur Fundstelle am Dienstagabend und in der Nacht zu Mittwoch auch die vierspurige Alfredstraße sperren müssen. „Es fehlten zehn Meter, aber darauf haben wir dann verzichtet“, so Kromberg. Zu unwahrscheinlich schien es, dass selbst im Fall einer Explosion noch einen Kilometer entfernt Autofahrer in Gefahr geraten könnten.

Kromberg: Recht auf Eigenverantwortung bei Bombenentschärfung ausgesetzt

Im Grundsatz aber zieht Kromberg die weitreichenden Evakuierungen nicht in Zweifel: „Ich kenne mich nicht aus mit Explosionsstoffen und muss mich da auf die Expertise der Fachleute verlassen.“ Wenn Entschärfungsspezialisten der Meinung sind, dass eine Bombe sofort entschärft werden müsse, dann habe die Stadtverwaltung dem Folge zu leisten. Das gelte auch dann, wenn die Evakuierung selbst wiederum Risiken schaffe: etwa für alte und kranke Menschen.

Nicht möglich sei es, Bürger auf eigene Verantwortung in ihren Häusern zu belassen, wenn sie das wünschen. „Eine Bombenentschärfung ist als konkrete Gefahrensituation definiert, da muss der Staat eingreifen.“ Offizielles Gewährenlassen wäre in diesem Fall juristisch wie das Tolerieren eines Suizids zu werten. „Und das dürfen wir nicht“, so Kromberg. Die individuelle Freiheit gelte in solchen Lagen nicht.