Essen. Stadt hofft auf Fördergelder des Bundes, um das Essener Sirenensystem fix vervollständigen zu können. Die Voraussetzungen dafür sind erfüllt.

Vor der großen Flut drohten die schon seit Jahren von der Kanzlerin in Aussicht gestellten 88 Millionen Euro für den Ausbau eines bundesweiten Systems von Sirenen scheinbar zu versickern, doch jetzt hat die Hochwasser-Katastrophe die Pläne wieder hoch- und am Dienstag bis auf die Tische der Bund-Länder-Konferenz gespült. Essen hat bereits ein Auge drauf: Denn wenn das Geld für mehr Zivilschutz tatsächlich fließt und auch die Förderbedingungen klar wie Kranenberger sind, wird die Stadt Essen ihr Frühwarnnetz aus 86 Tonschleudern als wohl erste Kommune komplettieren können.

Davon ist jedenfalls Feuerwehrchef Thomas Lembeck überzeugt: „Schneller als Essen kann niemand in Deutschland sein.“ Ein aufwendiges Schallgutachten liegt längst vor, eine Ausschreibung für die Bereitstellung sowie die Installation der Technik ist durch und auch alle für den flächendeckenden Ausbau notwendigen Standorte stehen seit geraumer Zeit fest.

Alternative Finanzierungspläne waren bereits Thema

Wann alle Positionen ein- und ausgerichtet sowie einsatzbereit sein werden, kann Lembeck dennoch nicht sagen. Das hänge letztlich nicht nur am Geld und wie schnell es fließt, sondern auch von den Vorgaben des Bundes und der Verfügbarkeit der Sirenen ab, die wohl gefragt sein werden wie nie zuvor. Doch „das Förderprogramm wird sicherlich nicht mehr auf die lange Bank geschoben“, meinte der Leiter der Essener Berufsfeuerwehr an der Eisernen Hand am Dienstag in einem Gespräch mit dieser Zeitung.

„Wir haben die Schallpläne, wissen, wo die Sirenen hinkommen und benötigen nur noch das Geld für den Kauf und den Aufbau“, bestätigt Ordnungs- und Feuerwehrdezernent Christian Kromberg, der ebenfalls auf die Geldspritze von Bund und Land hofft. Wenn die zuverlässig aufgezogen ist, könne man alternative Finanzierungspläne, die den städtischen Haushalt belasten würden, dann hoffentlich auf Eis legen - wie den, die Heuler an neun Standorten aus dem Budget ebenso vieler Bezirksvertretungen zu bezahlen, weil die Unterstützung von privaten Sponsoren nicht in dem Umfang greift, wie man es sich anfänglich erhofft hatte.

Das Essener Schallgutachten ist immer noch aktuell

Auch wenn das Gutachten, das eine vollständige „Schallausleuchtung des Stadtgebiets“ garantiere, nicht mehr ganz brandneu zu sein scheint, aktuell ist es immer noch, versichern Kromberg und Lembeck unisono. Dass im Zuge der Klima- und Energiedebatte immer mehr Häuser an Dach und Fach sowie durch Dreifachverglasung besser isoliert sind und damit nicht nur Kälte, sondern auch Geräusche draußen halten, sei lautstärketechnisch bereits berücksichtigt worden.

Denn die beste Sirene nutzt nichts, wenn man sie nicht hören kann oder die Menschen sie nicht hören wollen. Denn das ist ihre einzige Funktion: Durch möglichst viel Krach die Aufmerksamkeit der Bevölkerung zu wecken, die sich dann schnell über unterschiedlichste Medien informiert, was passiert ist und wie sie sich zur eigenen Sicherheit verhalten soll. Hand aufs Herz: Wer kommt im Ernstfall tatsächlich darauf, das Autoradio einzuschalten, wenn die Stromversorgung ausfällt?

Sirenen funktionieren selbst beim Ausfall der Stromversorgung

Dass selbst die erfahrensten Katastrophenschützer im Zweifel irren können, empfohlene Evakuierungen und Alarmierungen sich am Ende womöglich als gar nicht notwendig herausstellen, ist für Kromberg „ein schwieriger Punkt“, den man aber akzeptieren müsse. Bei der Optimierung von Katastrophen- und Zivilschutz sieht der Beigeordnete noch viel Luft nach oben: „Da liegt noch eine Menge Arbeit vor uns.“ Nicht zuletzt beim sogenannten „Cell Broadcasting“, das nach dem Willen der EU bis 2022 europaweit zur Verfügung stehen soll.

Dabei werden gezielt akustische Alarme auf Smartphones geschickt, deren Besitzer sich in bestimmten Funkzellen in der Nähe von potenziell gefährlichen Ereignissen aufhalten. Doch ist das Gerät auf lautlos geschaltet, fällt ein Netz aus oder ist die Batterie leer, kommt die Nachricht beim Empfänger auch nicht an. Sirenen hingegen funktionieren (hoffentlich) immer - selbst dann noch, wenn die Stromversorgung zusammenbricht. Akkugepuffert lösen sie bis zu einem Dutzend Mal zuverlässig aus, heißt es.