Essen. Die Hochwasser-Schäden an der historischen Hammerschmiede im Deilbachtal in Essen sind geringer als befürchtet. Dennoch gibt es nun viel zu tun.
Schmiedemeister Rudolf Hagebusch, Geselle Fritz Jüngst und Wilhelm Jüngst, einstmals Besitzer des historischen Eisenhammers bei Kupferdreh, schauen in die Kamera, als sei nichts geschehen. Doch die Info-Tafel mit ihrem Bild, das ein Fotograf im Jahre 1890 geschossen hat, steht so schief im Wind, als sei ein Orkan darüber hinweggebraust.
Wenige Meter entfernt plätschert der Deilbach wieder friedlich in seinem eingemauerten Bett. Dass dieses idyllische Gewässer vor einigen Wochen zu einer zerstörerischen Flutwelle anschwoll – auf den ersten Blick deutet nur noch wenig daraufhin. Ein Geländer aus Eisen, vom Druck des Wassers aus der Verankerung gerissen, liegt verbogen im Wasser. Eines aus Holz entlang des Weges hat einer der mächtigen Prellbalken niedergerissen. Es sind Zeugnisse einer Nacht, wie man sie am Deilbachhammer noch nicht erlebt hat.
Hochwasser: Mauer bis in Höhe von 1,80 Meter noch feucht
An der bruchsteinernen Mauer der ehemaligen Arbeiterhäuser lässt sich noch ablesen, wie hoch das Wasser stand. Harald Greubner weist auf „Pegel“: Bis zu einer Höhe von etwa 1,80 Meter ist die Mauer noch feucht.
Dass der Deilbach über die Ufer trat und die historische Schmiede im Wasser steht, das gab es immer wieder einmal. Und ist schon einige Jahrzehnte her, da reichte die Flut bis an die Treppenstufen des alten Meisterhauses heran. Um den Deilbachhammer trockenen Fußes verlassen zu können, soll der damalige Bewohner den überschwemmten Hof in einem Boot überquert haben. Diesmal reichte das Wasser bis unters Dach der alten Schmiede, das historische Ensemble aus Hammergebäude, Meister- und Arbeiterhäusern, es soff buchstäblich ab.
Den Hof haben sie inzwischen aufgeräumt, Treibgut und Trümmer in Containern gesammelt. Als Projektleiter der städtischen Grundstücksverwaltung Essen (GVE), bei dem die Fäden für die Sanierung dieses Kleinodes zusammenlaufen, hat sich Greubner ein Bild von den Schäden gemacht. Sein Urteil: „Wir haben noch einmal Glück gehabt.“
Die ehemaligen Arbeiterhäuser sollen bis Oktober fertig werden
Die ehemaligen Arbeiterhäuser, deren Sanierung fast abgeschlossen war, haben die Flut nahezu unbeschadet überstanden. Die Steckdosen müssen neu verdrahtet werden, die Holzböden abtrocknen. Die Eingangstür ist verzogen. Arbeit für den Schreiner. Glück im Unglück: Die Arbeiterhäuser waren noch nicht möbliert. Greubner geht davon aus, dass die Handwerker hier wie geplant bis Oktober fertig werden.
Nebenan, im alten Meisterhaus haben sie noch gut zu tun. Schreiner und Zimmerleute aus Thüringen, spezialisiert auf das Restaurieren von historischem Fachwerk, waren dabei, morsche gegen neue Balken auszutauschen.
Teilweise steht nur noch das nackte Ständerwerk. Die Flut, setzte das Untergeschoss unter Wasser, traf aber nur auf geringen Widerstand. Das Fundament war bereits saniert, wohl deshalb hielt es stand.
Auch die Hammerschmiede haben Statiker inzwischen auf ihre Standsicherheit hin untersucht. Das Gebäude ist intakt, es fehlen nur ein paar Dachziegel. Innen sieht es auf den ersten Blick chaotisch aus, aber auch der Hammer ist noch eine Baustelle. Eine detaillierte Schadensbilanz steht noch aus. Der erste Schreck ist inzwischen verflogen, berichtet Hans Schippmann, Vorsitzender des Konsortiums Deilbachtal.
1,5 Tonnen schwere Balken wurden von der Flut davongetragen
Drei tragende Balken, jeder dreieinhalb Meter lang und 1,5 Tonnen schwer, gefertigt aus je vier Eichenstämmen für das Hammergerüst, lagen bereit für den Einbau. Dazu zwei Prellbalken, auf die der Hammer niedergehen wird, wenn er denn in Betrieb ist. Die Flut hat sie davongetragen. Zwei tragende Balken wurden am Ufer des Deilbachs gefunden, einer trieb in der Ruhr und wurde vom Wasser- Schifffahrtsamt geborgen. Nun müsse geprüft werden, ob sie noch als Hammergerüst genutzt werden können.
Die älteste Hammerschmiede im Ruhrgebiet
Der Deilbachhammer stammt ursprünglich aus dem 16. Jahrhundert und gilt damit als das älteste Hammerwerk im Ruhrgebiet. Ein Konsortium, bestehend aus dem Historischen Verein für Stadt und Stift, einem Förderverein, der Bürgerschaft Kupferdreh und dem Ruhrmuseum, hat sich der Sanierung der Hammerschmiede angenommen.Finanziert wird diese aus Fördergeldern und Spenden. So sind laut GVE 290.000 Euro für die Wiederherstellung des Schmiedehammers veranschlagt, weitere 660.000 Euro für die Sanierung der ehemaligen Arbeiterhäuser und 1,2 Millionen Euro für das einstige Meisterhaus aus dem 18. Jahrhundert.
Projektleiter Harald Greubner schätzt den finanziellen Schaden, der nach dem Hochwasser an den Gebäuden zurückgeblieben ist, auf maximal 50.000 Euro. Schwer getroffen hat es die Handwerksbetriebe, Material und Maschinen sind untergegangen. Ein Baukran musste abtransportiert werden, weil Motor und Elektrik unter Wasser standen. Vier Wochen werden die Arbeiten am Deilbachhammer wohl noch ruhen, dann soll es weitergehen.
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