Essen. Essens Gesundheitsdezernent will auch bei steigender Inzidenz neue Einschränkungen vermeiden. Gelingen soll das mit einer erweiterten Datenbasis.
Essens Gesundheitsdezernent Peter Renzel rechnet erst im kommenden Sommer damit, dass die städtischen Behörden im Umgang mit der Corona-Pandemie in eine Normalität kommen, „wie wir es von der Influenza, der Grippe kennen“. Bis ins späte Frühjahr 2022 hinein werde man Covid-19 daher im Lagezentrum Untere Gesundheitsbehörde konzentriert weiter bekämpfen müssen. Ziel sei es, auch bei wieder steigenden Fallzahlen weitere Lockdowns und Schulschließungen „unbedingt zu verhindern“, so Renzel. Das intensive Werben für die Impfung, gerade auch bei jüngeren Leuten, spiele dabei eine zentrale Rolle. „Impfen gegen Corona ist für mich alternativlos!“, so Renzel in einem Beitrag im Netzwerk Facebook.
Das ausschließliche Starren auf die Sieben-Tage-Inzidenz hält Renzel zwar für falsch, sie bleibe aber „ein zentrales Steuerungsinstrument der Früherkennung zum Beispiel von Hotspots“. Die Stärken der Inzidenz seien ihr geringer Zeitverzug zum Infektionsgeschehen, ferner habe sie als Basis „ein funktionierendes Meldesystem“.
Die Zahl der Krankenhaus-Einweisungen soll wichtigere Rolle spielen
Ergänzt werden müsse der Indikator Inzidenz aber mit der Zahl der Krankenhauseinweisungen, für das bundesweit noch ein verlässliches Meldesystem fehle, wie es in Essen intern entwickelt wurde. „Wir sehen täglich wie viele Essenerinnen und Essener mit einer Covid-19 Erkrankung in einer Essener Klinik auf einer Normal- oder Intensivstation liegen“, so Renzel. Am Freitag meldete die Stadt insgesamt 16 Patienten, davon 5 auf der Intensivstation.
Informationen zur Schwere der Krankheitsverläufe und zur Anzahl der stationären Klinik-Aufenthalte, seien entscheidend, um Lockdowns und andere harte Einschränkungen künftig zu vermeiden. Je unproblematischer sich diese Indikatoren entwickelten, desto eher gelinge dies.
Renzel: Infektionen müssen weiterhin ernst genommen werden
Renzel warnt aber davor, Infektionen nicht mehr ernst zu nehmen, nur weil diese bei jüngeren Leuten in aller Regel glimpflich ablaufen. „Junge und Alte leben nicht isoliert voneinander.“ Die Erfahrung zeige, dass hohen Infektionszahlen bei jüngeren Altersgruppen später vermehrt Fälle bei Älteren folgten. Und auch die Ansteckung jüngerer Menschen mit Vorerkrankungen sei keine Lappalie.
Zudem könnten auch auf milde Verläufe das Long-Covid-Syndrom folgen. Nicht wenige jüngere Menschen litten monatelang an Erschöpfung, Konzentrationsschwäche und anderen Symptomen. „Da niemand weiß, welche Risikofaktoren zu Long Covid beitragen, lohnt sich aus dieser Sicht das Vermeiden jeder Infektion.“
Renzel rechnet damit, dass auch in Essen demnächst wieder höhere Fallzahlen registriert werden. „Trotzdem gehe ich davon aus und hoffe, dass trotz der zu erwartenden vierten Welle nicht mehr so hohe Krankenhaus-Einweisungen erfolgen, wie in den vergangenen Wellen.“ Die Reiserückkehrer spielten bei den Neuinfektionen „eher eine untergeordnete Rolle“. Am Mittwoch seien von 27 Neuinfizierten sechs Reiserückkehrer gewesen, am Donnerstag war das Verhältnis laut Renzel 29 zu sieben.
Steigerung der Impfquote vor allem bei Jüngeren als städtisches Ziel
Die massive Steigerung der Impfquote inklusiv der nötigen Drittimpfung bleibe das zentrale Instrument. „Die Neuinfektionen in den letzten vier Wochen zeigen auf, dass wir noch sehr viel stärker jüngere Menschen zwischen 16 und 39 Jahren erreichen und für eine Impfung überzeugen müssen. Dazu werden wir uns noch einige zusätzliche Aktionen einfallen lassen.“
Renzel lobte die Verantwortlichen vom Seaside Beach am Baldeneysee, „der mir vorgeschlagen hat, dass wir bei schönem Wetter auch dort Impfaktionen durchführen können.“ Anreiz könne freier Eintritt oder ein Getränkegutschein sein. „Ich finde das klasse, dass sich viele Gedanken machen und uns unterstützen möchten.“