Essen. Rainer Metzendorf, Enkel des Essener Eick-Haus-Schöpfers, kritisiert den Siegerentwurf plötzlich. Was der Gebäude-Investor zu der Kritik sagt.

Hätte Architekt Rainer Metzendorf nicht nur den Siegerentwurf gekannt, dann hätte er sich anders über den geplanten Glasaufbau auf dem Eick-Haus am Willy-Brandt-Platz geäußert. Vor einem Monat hatte der Enkel des Eick-Haus-Schöpfers und anerkannte Experte für die Arbeiten seines Großvaters den Gewinnerentwurf des Essener Büros „Brüning Rein“ als gelungen bezeichnet.

Da kannte der 79-Jährige den Zweitplatziertenentwurf des Hamburger Büros „Landwehr Henke und Partner“ noch nicht. Diesen habe er in der Zwischenzeit aber einsehen können (wir dürfen ihn aus urheberrechtlichen Gründen nicht zeigen).

Metzendorf: Zweitplatzierter Entwurf denke das Gebäude weiter

Nun ist es ihm ein Bedürfnis, sich noch einmal zu Wort zu melden, mit seinem jetzigen Wissen sagt er: „Der zweite Preisträger setzt sich mit dem denkmalgeschützten Bestand auseinander und entwickelt ihn in der vorgegebenen Typologie mit zeitgemäßer Architektursprache weiter.“ Er zeige eine ebenso eigenständige wie markante Architektursprache, „die mit dem prägnanten, geschichtsträchtigen Bau an prominenter Stelle im gebotenen Maße umgeht“.

In der Beschreibung von Landwehr Henke selbst heißt es zu ihrem unterlegenen Entwurf, dass man versucht habe den „historischen Kontext widerzuspiegeln“, was das Büro so definiert: „Erhalt der Typologie ,Haus mit Dach’, in der das Dach als eigenständige Figur das Haus bekrönt und abschließt und so der solitärhaften und exponierten Lage gerecht wird.“

Architekt Rainer Metzendorf: „Der zweite Entwurf setzt sich mit der Szene und der Essener Innenstadt auseinander.“
Architekt Rainer Metzendorf: „Der zweite Entwurf setzt sich mit der Szene und der Essener Innenstadt auseinander.“ © HO

Im Unterschied zu dem Glasaufbau des Gewinnerentwurfs nimmt der Zweitplatzierte eher die Formensprache des 1915 fertiggestellten Gebäudes auf – was bei dem Sieger so nicht der Fall ist, sagt Metzendorf. Der Glas-Aufsatz sei zudem zu breit, da er direkt auf der äußeren Gebäude-Kante aufsetzte und sich in der Höhe nicht verjünge. Ein so umgesetztes Gebäude könne auch in „Hongkong oder Düsseldorf“ stehen, womit Metzendorf auf Beliebigkeit anspielt.

Anderes Konzept beim Elbphilharmonie-Neubau in Hamburg

Seine Kritik versucht er mit einem Elbphilharmonie-Vergleich zu verdeutlichen. In Hamburg sei das alte Gebäude – architektonisch recht unspektakulär – ein Sockel, worauf ein sehenswerter Neubau gesetzt wurde. Beim Eick-Haus sei das nicht der Fall. „Der untere Bau ist das Feinste vom Feinsten, wenn man den gestaffelten Aufbau sieht“, sagt Metzendorf.

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Der Architekt, Stadtplaner und „Nachlassverwalter“ seines Großvaters Georg Metzendorf sieht deshalb in dem unterlegenden Entwurf „eine mehr als ernstzunehmende Alternative“, die „beiden Entwürfe müssten öffentlich diskutiert werden“, so seine Meinung.

„Es ist das Ergebnis eines Realisierungswettbewerbs“

Der Eigentümer des Eick-Hauses, die Hamburger DWI Gruppe, hat sich zu einem nichtöffentlichen Vorgehen entschieden. Auf Anfrage unserer Redaktion sagt Kai Ladebeck, der die dortige Akquisition verantwortet: „Es ist das Ergebnis eines Realisierungswettbewerbs, wir haben das extra Experten beurteilen lassen.“ Ein Gremium habe sich intensiv ausgetauscht und sei die Entwürfe durchgegangen. „Das Ergebnis war ein 8:0“, so Ladebeck, der darauf hinweist, dass sein Unternehmen dabei nur eine Stimme gehabt und diese zuletzt abgegeben habe.

„Das bedeutet auf keinen Fall, dass die anderen Entwürfe schlecht waren, sondern nur, dass sich der erste durchgesetzt hat.“ Insgesamt sechs Entwürfe waren in die engere Wahl gekommen.

„Brüning Rein“-Entwurf einstimmig zum Sieger gekürt

Neben dem Geschäftsführenden Gesellschafter der DWI Gruppe, Hendrik De Waal, gehörten sieben andere Experten der Fachjury an, darunter aus Essen Martin Harter (Planungsdezernent), Guntmar Kipphardt (Vorsitzender des Ausschusses für Stadtentwicklung, Stadtplanung und Bauen) sowie Dr. Gerd-Ulrich Kapteina (Arbeitskreis Essen 2030).

Einstimmig kürten sie den Entwurf des Essener Büros „Brüning Rein“ zum Sieger. „Ein Kind der Stadt macht das jetzt, das ist ein Ritterschlag“, sagt Kai Ladebeck über den deutlichen Ausgang des Wettbewerbs, mit einem „hochkarätig und international tätigen Teilnehmerfeld“, wie es Stadt Essen in einer Mitteilung zum Ausgang des Wettbewerbs formulierte.

 So sieht der Siegerentwurf von der Kettwiger Straße aus gesehen aus. Rechts zu sehen: die Kapuzinerqasse.
 So sieht der Siegerentwurf von der Kettwiger Straße aus gesehen aus. Rechts zu sehen: die Kapuzinerqasse. © loomn.de - Architekturkommunikation / DWI Gruppe, Architekturbüro Brüning Rein

Kai Ladebecks Einschätzung zum Zweitplatziertenentwurf ist, dass dieser „monoton und steinernd bleibt“ während der Gewinnerentwurf hingegen eine Turmausprägung mit Staffelung im Hintergrund und terrassierten Bereichen habe. Wichtig sei zudem die Möglichkeit, dort Dachbegrünung anzubringen. Generell wirbt er für Vertrauen in die Arbeit: „Wir machen da nichts kaputt, wir liefern keinen Schrott ab.“ Selbstbewusst sagt er: „Das ist genau der Push, den die Innenstadt braucht.“