Essen/Mülheim/Wiesmoor. Die Havarie der „Moornixe“ ist im ostfriesischen Wiesmoor das Gesprächsthema. In der 13.000-Einwohner-Stadt kennt jeder das Essener Kultschiff.
Die gekenterte „MS Moornixe“ ist fast 34 Jahre auf den Kanälen der Stadt Wiesmoor in Ostfriesland gefahren – fast genauso lange wie als erste Fähre der Weißen Flotte auf dem Baldeneysee. Mehrere ostfriesische Tages- und Wochenzeitungen hatten über den Untergang des Fahrgastschiffes in der Ruhr berichtet. Die „Moornixe“ ist in den vergangenen Tagen Gesprächsthema Nummer eins, Videos und Bilder von alten Kultschiff machen Generationen in der niedersächsischen Stadt im Kreis Aurich traurig.
Gefühlt ist dort jede Bürgerin und jeder Bürger, jede Schulklasse schon damit gefahren. Im Umkreis gibt es kaum einen Verein, eine freiwillige Feuerwehr oder eine Landfrauengruppe, die in all den Jahrzehnten nicht auf der „Moornixe“ mitgeschippert ist.
Wiesmoor: Viele Touristen aus dem Ruhrgebiet
Der Tourismus gilt inzwischen als einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren der 13.000-Einwohner-Stadt, wenngleich die Nordsee gut eine Autostunde entfernt ist. Das platte Land lädt auch ohne E-Bike zu gemütlichen, kilometerlangen Radtouren entlang der Kanäle ein. „Wir haben viele Besucher aus dem Ruhrgebiet“, sagt Alfred Meyer, von 1998 bis 2014 Bürgermeister des Luftkurorts, „deshalb sind unsere Gedanken auch bei unseren Freunden, die durch die Wasserfluten vieles verloren haben.“
Gerührt ist man aber eben auch über das Schicksal der „Moornixe“. Peter Schoon ist nicht nur beruflich ständig nah am Wasser. Am Tag der Havarie zeigt der gestandene Kapitän, dass auch er persönlich nah am Wasser gebaut ist. Als er das im Netz kursierende Video sieht, kommen dem 59-Jährigen die Tränen. Der Mann, der sonst ein Behördenschiff auf der Nordsee steuert, hat ehrenamtlich unzählige Arbeitsstunden auf der „Moornixe“ geleistet und lange zu dem Team gehört, das das Schiff bis 2015 gehegt und gepflegt hat. Egal ob Maschine oder die „Flickenschusterei“ am Schiffsboden – Kapitän Peter Schoon hat mit seinem nautischen Wissen gerne geholfen und kennt jede Tücke der „Moornixe“.
Als ein ehemaliger Pächter das Schiff nicht mehr betreiben will, gründet sich 2015 auf Initiative von Peter Schoon der Förderverein „MS Moornixe“. Die Ausflugsschifffahrt und die „MS Moornixe“ sollen im Luftkurort gerettet werden. Leider kommt es zu keiner Einigung mit einer ortsansässigen Erbengemeinschaft, der das Schiff gehört. Bürgermeister und Stadt versuchen zu vermitteln – vergebens.
„Moornixe“ kehrt ins Ruhrgebiet zurück
Unterdessen bietet sich dem Förderverein die Möglichkeit, mit den gesammelten Spenden den Ausflugsdampfer MS Marion aus einer benachbarten Gemeinde zu kaufen und die Personenschifffahrt auf dem Nordgeorgsfehnkanal neu zu betreiben. Der Förderverein, dessen Vorsitzender Alt-Bürgermeister Alfred Meyer ist, tauft das nun fast 30 Jahre jüngere Schiff auf „MS Wiesmoor“ um und bietet seit 2017 erfolgreich Fahrten an.
Die „Moornixe“ hingegen dümpelt da im Stadtteil Marcardsmoor vor sich hin. Im Jahr 2018 will es die Weiße Flotte Baldeney zum 85-jährigen Bestehen zurück zum See nach holen. Trotz intensiver Bemühungen erhält es aber keine Zulassung mehr als Ausflugsschiff auf der Ruhr, womit das Interesse der Weißen Flotte schwindet.
Nach der Berichterstattung in unserer Zeitung über das Inserat bei Ebay erwirbt es der Essener Heinz Hülsmann und holt es zurück in das Ruhrgebiet. Als Sportboot darf es auf der Ruhr nur noch bei privaten Fahrten zwölf Personen aufnehmen.
Peter Schoon schaut sich derweil die aktuellen Bilder des Schiffes in der Ruhr an und ist skeptisch, dass die „Moornixe“ noch gerettet werden kann.
„Es kommt auf das Interesse der Behörden an“, sagt der 59-Jährige und stellt die Frage, „Soll es nur schnell raus aus der Ruhr oder soll es wirklich gerettet werden?“ Teure Spezialkräfte müssten da schon ran, damit der genietete und mehrfach mit Stahlplatten oder Zement geflickte Rumpf erhalten bleiben könne, so Schoon. „Ich befürchte, dass das Wrack in mehreren Einzelteilen an Land geholt wird“, erklärt der erfahrene Nordsee-Kapitän. Von diversen Werftbesuchen weiß er um die Schwierigkeit, die „Moornixe“ an Land zu bekommen. Bei der Feuerwehr Mülheim geht man davon aus, dass das Schiff aus dem Fluss aus per Luftkissen angehoben werden müsse. Wann die Bergung angegangen wird, sei noch offen.
Sollte das Schiff in Mülheim nicht gerettet werden können, hat der Wiesmoorer, der noch vergangenen Sommer seine „Moornixe“ in Mülheim besucht hatte, eine letzte Hoffnung: „Für Wrackteile und das Steuerrad finden wir hier in Wiesmoor mit Sicherheit einen schönen Gedenkplatz.“ Die Ostfriesen-Zeitung würde bestimmt ebenfalls über die „letzte Ruhestätte des Wahrzeichens“ in Wiesmoor berichten.
>>> INFO: Die Geschichte der „Moornixe“
- Die Verkehrsgesellschaft Baldeney wird 1933 gegründet und tauft das erste der sieben Schiffsneubauten von der Jean-Stauff-Werft aus Königslutter auf den Namen „MS Baldeney“. Bis 1979 fährt es auf dem See und der Ruhr zwischen Zornige Ameise und Kettwig, ehe es von der aktuellen MS Baldeney ersetzt wird.
- Zunächst ist das Schiff zwei Jahre auf der Mosel bei Cochem als Fährschiff „Nixe“ im Einsatz, bevor es 1981 nach Ostriesland verkauft wird. Passend zum neuen Einsatzgebiet wird der bisherige Name ergänzt: „Moornixe“. 34 Jahre ist das Schiff in Wiesmoor im Einsatz. 2018 kommt es als Sportboot zurück nach Essen.