Essen. Als Sportler war Schwimmstar Christian Keller aus Essen bei vier Olympischen Sommerspielen dabei. Deshalb ist er als TV-Experte besonders gefragt.

Die fünf Ringe begleiten Christian Keller (48) schon mehr als das halbe Leben. Bei vier olympischen Spielen zwischen 1992 und 2004 ging der Essener Weltklasseschwimmer als Athlet an den Start und holte eine Bronzemedaille. Seit 2008 verstärkt er das Expertenteam des ZDF. Auch in Tokio wird Keller wieder dem Olympia-Team des Zweiten angehören. Am Dienstag um kurz nach 18 Uhr hob der Lufthansa-Jet in Frankfurt mit dem Schwimm-Experten an Bord ab.

„Ich fliege mit einem guten Gefühl nach Tokio“, sagt der TV-Experte wenige Minuten vor dem Start in Frankfurt. Besonders freue er sich für die Athleten, die die Teilnahme am größten Sportereignis der Welt als „Belohnung für das harte Training und die vielen Entbehrungen empfinden.“

„Tokio – das ist die eingeschränkte Euphorie“

Während der Pandemie seien die meisten Sportstätten geschlossen gewesen, an ein geregeltes Training sei nicht zu denken gewesen. Nun endlich sei für Tausende Sportlerinnen und Sportler der Moment gekommen, an dem sie ihr Können dem weltweiten Publikum präsentieren können. „Dafür werden die Athleten dankbar sein“, so Keller.

Dabei sein ist alles - dieses olympische Motto gelte erst recht für die Corona-Spiele in Tokio. 2020 fielen die Sommerspiele wegen der Pandemie ins Wasser, nun werden sie mit zwölf Monaten Verspätung nachgeholt: wenn auch vor weitgehend leeren Rängen. Das an sich sportbegeisterte Gastgeberland, so der aktuelle Eindruck, hätte Olympia am liebsten ganz ausfallen lassen. „Tokio – das ist die eingeschränkte Euphorie“, urteilt Keller.

Er selbst hat als Wettkämpfer die allerbesten Erinnerungen an Olympia. 1992 in Barcelona, mit gerade 20, hechtete der junge Keller zum ersten Mal bei Olympia vom Startblock. Mit der Lagenstaffel schrammte er knapp am Treppchen vorbei, am Ende reichte es für den undankbaren vierten Platz. Doch schon vier Jahre später, bei Olympia 1996 in Atlanta, gewann er olympisches Edelmetall. Mit der Freistil-Staffel holte Christian Keller die Bronzemedaille.

„Sydney 2000 – das waren meine besten Spiele“

Die Millennium-Spiele, Sydney 2000, hat er besonders intensiv in Erinnerung. „Das waren meine besten Spiele“, sagt Keller. Die Wettkampfbedingungen, das Flair, die Begeisterung der Australier – das alles sei unübertrefflich gewesen. Besonders genoss der deutsche Delphin-Spezialist den hohen Stellenwert, den der Schwimmsport in Australien genießt. „Schwimmen ist dort so populär wie bei uns Fußball.“

Beruflich gesehen ist der Experten-Job beim ZDF für ihn nur eine Art Nebentätigkeit. „Ich habe dafür eigens Urlaub genommen“, sagt Keller, der für die Privatbank Oddo BHF den Standort Essen leitet.

Besonders wird der Essener das Abschneiden der vier Schwimmerinnen und Schwimmer verfolgen, die im Bundeszentrum Essen (Schwimmzentrum Rüttenscheid) trainieren. Der mehrfache Deutsche Meister und Kraul-Spezialist Damian Wierling geht nach Rio zum zweiten Mal bei Olympischen Spielen an den Start. „Er ist für eine Überraschung gut, aber ein Finalplatz wäre schon ein großer Erfolg“, findet Keller.

Durch die Teilnahme an Europa- und Weltmeisterschaften sowie vier Mal Olympia hat der Essener schon sehr viel von der Welt gesehen. Aber Tokio sei eine Premiere. „Es ist mein erster Japan-Trip.“ Eines steht jetzt schon fest: Aufgrund der strengen Quarantäne-Regeln wird Keller in keinem einzigen Stadion auf der Tribüne sitzen und Olympia live erleben können. „Wir TV-Leute werden über eine App kontrolliert und dürfen bei der Arbeit nur vorgeschriebene Wege beschreiten.“