Essen. Extreme Rückgänge bei Trauungen, Taufen und Gottesdienstbesuchen. Dafür gab es weniger Austritte, was aber als statistischer Trugschluss gilt.

Das kirchliche Leben hat in der Corona-Krise stark gelitten, immerhin aber lag die Zahl der Kirchenaustritte im Bistum Essen wie auch im Stadtdekanat Essen im vergangenen Jahr um gut ein Viertel niedriger als 2019. Für den Rückgang machen die Bistums-Statistiker jedoch vor allem bürokratische Gründe verantwortlich: Weil viele Amtsgerichte, bei denen ein Kirchenaustritt erklärt werden muss, in den Corona-Lockdowns weniger Termine vergeben haben, dürften manche für 2020 geplanten Kirchenaustritte erst in der Statistik des laufenden Jahres 2021 auftauchen.

Die Gesamtzahl der Kirchenmitglieder im Bistum Essen reduzierte sich um insgesamt 15.218 Menschen bzw. gut zwei Prozent auf 724.047. In Essen hatte die katholische Kirche Ende 2020 noch 183.495 Mitgliedern, 4142 weniger als 2019. Auch das entspricht einem Rückgang von gut zwei Prozent.

Zahl der kirchlichen Trauungen sank in Essen um mehr als zwei Drittel

Abgesagte Gottesdienste, verschobene Hochzeiten, Firmungen und Erstkommunionfeiern – seit März 2020 hat die Corona-Pandemie auch spürbare Auswirkungen auf das kirchliche Leben. So ging die Zahl der Trauungen im Ruhrbistum 2020 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als zwei Drittel zurück, während die der Gottesdienstbesucher um gut 40 Prozent sank. Im Stadtdekanat Essen gab es im Jahr 2020 genau 83 Trauungen, im Jahr zuvor aber 264. Bei den Taufen in Essen ist das Verhältnis 819 im Jahr 2020 und 1402 im Vorjahr. Der Rückgang bei den Erstkommunionkindern fiel mit etwa einem Fünftel weniger bistumsweit vergleichsweise moderat aus.

„Diese Zahlen zeigen noch einmal sehr deutlich, wie sehr sich die Corona-Pandemie – neben vielen anderen Bereichen unserer Gesellschaft – auch auf unser kirchliches Leben auswirkt“, kommentiert der Generalvikar des Bistums Essen, Klaus Pfeffer, die Statistik. „Manche Feiern – wie Hochzeiten, Taufen oder Firmungen – mögen im ersten Corona-Jahr auf das laufende Jahr verschoben worden sein“, so Pfeffer. „Aber viele gewohnte, lieb gewonnene und wichtige Feiern, Feste und andere Begegnungen mussten schlicht ausfallen. Das hat vielen Menschen sehr wehgetan.“

Generalvikar bescheinigt den Gemeinden ein hohes Maß an Kreativität

Auf der anderen Seite bescheinigt Pfeffer den Gemeinden und kirchlichen Verbänden ein hohes Maß an Kreativität. Beispielhaft verweist er auf hunderte Gottesdienstübertragungen ins Internet, auf Online-Kurzpredigten und Gebets-Impulse für Smartphone und Computer, Text- und Liedblätter für Hausgottesdienste, besondere Oster- und Weihnachtsangebote. Und er erinnert an Initiativen wie den ökumenischen Gabenzaun in Altenessen, an dem sich Bedürftige kontaktlos mit dem Nötigsten versorgen können, Telefonaktionen gegen Isolation und Einsamkeit oder die Freiluft-Konzerte vor gesperrten Altenheimen.

Dennoch seien die Krisen-Symptome der katholischen Kirche in der Corona-Zeit verschärft deutlich geworden. Viele Menschen hätten in der Pandemie den Kontakt zur Kirche verloren, weil über einen zu langen Zeitraum vieles zum Stillstand gekommen ist. Hinzu komme die fortdauernde Auseinandersetzung um die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals sowie der heftige Streit um Reformen in der Kirche. „Wir sollten uns daher nicht davon täuschen lassen, dass die Zahl der Kirchenaustritte im Vergleich zum Vorjahr gesunken ist“, betont Pfeffer. „In diesem Jahr erwarten wir spürbare höhere Austrittszahlen. Das ist mehr als ein Alarmsignal.“