Essen-Werden/Kettwig. Jugendliche lernen in Kettwig praxisnah die Kreislaufwirtschaft kennen. Die Corona-Pandemie hat Einfluss auf den Betrieb der Biogasanlage.

Der Biologiekurs Klasse 10 des Gymnasiums Essen-Werden hat in Kettwig den Hof der Familie im Brahm besucht, der bereits seit fünf Generationen bewirtschaftet wird. Fachlehrer Markus Hermey hatte einen Ausflug organisiert zur Frage: „Wo gehen eigentlich die Reste unsere Lebensmittel hin?“

Auf dem Hof werden Speisereste und weitere organische Reststoffe in als Dünger dienendes Gärsubstrat und in Biogas umgewandelt und zur Verstromung genutzt. Wie Sonnen-, Wasser- und Windenergie ist dies eine regenerative Energiequelle, die zur Einsparung fossiler Brennstoffe beiträgt und die Umwelt schont. Die Schüler erlebten ein mittelständiges Unternehmen mit 30 Mitarbeitern.

Annette und Einhart im Brahm verteilten zunächst aus hygienischen Gründen blaue Schuhüberzieher, damit keine Keime eingeschleppt werden in den Bereich der Tierhaltung. Bei seiner Führung über das weitläufige Gelände zeigte der 54-jährige Landwirt auf: „Wir haben rund 1200 Schweine und betreiben klassischen Ackerbau.“ Ende der 1980er Jahre fiel die Entscheidung, auch auf nachhaltige Entsorgung von Fetten, Ölen und anderen Küchenabfällen zu setzen: „Wir haben mit einem geliehenen Anhänger angefangen.“ Bis ins Jahr 2006 wurde noch an die Schweine verfüttert: „Das ist dann von der EU verboten worden aus Seuchengründen.“

Bauer und Unternehmer Einhart im Brahm verwertet in seinem Betrieb in Essen-Kettwig Speisereste, in der Pandemie blieben unter anderem ungewöhnlich viele Kartoffeln übrig.
Bauer und Unternehmer Einhart im Brahm verwertet in seinem Betrieb in Essen-Kettwig Speisereste, in der Pandemie blieben unter anderem ungewöhnlich viele Kartoffeln übrig. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Leider enthielten Speisereste auch schon mal Plastik, zum Beispiel Mayonnaise-Tüten. Das werde weitgehend abgesiebt. Einhart im Brahm kritisierte in diesem Zusammenhang das achtlose Verhalten vieler deutscher Haushalte: „Die Biotonnen haben oft den Namen nicht verdient.“ Wegen der Plastikreste müssten die Nebenprodukte in die Müllverbrennung: „Das ärgert uns sehr.“

Nahwärmenetz heizt den Swimmingpool

Da die Bäckereien bis kurz vor Ladenschluss die Regale voll haben müssten für wählerische Kunden, blieben unverkaufte Brote und Rosinenstuten übrig. Durch die Pandemie wären kaum noch Pommes verkauft worden: „Daher verarbeiten wir nun auch Kartoffeln.“ In der Biogasanlage würden die aufbereiteten Speisereste unter Luftabschluss bei 40 Grad Celsius verwertet. Es entstünde Biogas mit rund 55 Prozent Methananteil. Genau die Art von Kreislaufwirtschaft, von der in jüngster Zeit immer die Rede sei: „Wir haben ein privates Nahwärmenetz, heizen damit auch unseren Swimmingpool.“ Perspektivisch möchte man auch in die Herstellung von Kraftstoff einsteigen.

Der Gesetzgeber schreibt allen Gaststätten, Restaurants, Großküchen und Gemeinschaftsverpflegungen eine gesonderte Verwertung der Speisereste vor. Die rund tausend Kunden der „Im Brahm Recycling GmbH“ bekommen gereinigte und desinfizierte Behältersysteme gestellt, die von den zwölf Lkw der Firma abgeholt werden. Das wird von Annette im Brahm koordiniert. Der Abholrhythmus richte sich da ganz nach dem individuellen Bedarf der Kunden. Die Tonnen in den Größen 120, 240 und 1100 Liter sowie die 50 Liter umfassenden Fettbehälter sind vor Auslaufen geschützt und geruchsneutral.