Essen. Die Corona-Lockerungen wirken: Die Geschäfte der Essener City verzeichnen ein deutliches Plus bei der Frequenz, aber der große Andrang blieb aus.

Endlich wieder Shoppen in Essen: Nach mehr als einem halben Jahr Lockdown strömen die Menschen wieder in die Geschäfte und Lokale der Innenstadt. Der Wegfall von Schnelltest und Terminpflicht bei weiter sinkender Inzidenz macht’s möglich. Gut gelaunte Menschen mit vollen Einkaufstüten auf der Kettwiger und Limbecker Straße - dieses Bild hat es in den Einkaufsmeilen der City schon lange nicht mehr gegeben.

„Einen Andrang gab es am Freitag und Samstag nicht, sehr wohl aber eine gute Frequenz“, berichtet Anastasios Meliopoulos, der neue Centermanager des Einkaufszentrums Limbecker Platz. An normalen Mai-Samstagen vor Corona strömen mühelos 60.000 Kunden in den Einkaufstempel. An diesem Samstag seien es bis zum Nachmittag etwa 20.000 gewesen. „Am Ende des Tages werden wir auf 35.000 kommen“, sagt der Centermanager, und fügt hinzu: „Das ist ein guter Start in die Normalität.“

Centermanager Limbecker Platz: „Das ist ein guter Start in die Normalität“

Solche Bilder hat es seit Monaten nicht mehr gegeben: Gut gelaunte Menschen genießen bei gutem Wetter den Einkaufsbummel in der Essener Innenstadt.
Solche Bilder hat es seit Monaten nicht mehr gegeben: Gut gelaunte Menschen genießen bei gutem Wetter den Einkaufsbummel in der Essener Innenstadt. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

„Schön Sie wieder bei uns zu sehen“ steht auf einem Plakat in der ersten Etage bei Starbucks, wo sich gegen Mittag eine kleine Schlange gebildet hat. Ein paar Schritte weiter bei Saturn signalisiert die elektronische Tafel am Eingang: Noch 4 Personen dürfen rein. Nach der Faustregel „ein Kunde auf 20 Quadratmeter“ ist der Elektronikmarkt erst mit 200 Kunden voll. Am Freitag, dem ersten Tag der Lockerungen, sei weitaus mehr los gewesen, heißt es am Eingang.

Draußen an der Limbecker Straße lockt Deichmann mit knackigen Sonderangeboten, Schuhe und Accessoires sind zum Teil um 50 Prozent runtergesetzt. Hier wie auch anderswo in der Innenstadt herrscht eine entspannte Stimmung. „Die Menschen sind bisher sehr diszipliniert und freuen sich einfach, bei gutem Wetter wieder gut gelaunt einzukaufen und in unserem Angebot zu stöbern“, sagt Unternehmenssprecher Christian Hinkel. Was auffalle: Die Kunden in dieser Filiale kämen vermehrt aus Mülheim und dem Umland von Essen.

Was positiv zu vermerken ist: Die Interessengemeinschaft Kettwiger/Limbecker Straße hat die Limbecker mit Blumenampeln aufgehübscht. Ein Minuspunkt: die vielen Bettler, die zum Teil aggressiv vorgehen und den Gästen des Eiscafés den Pappbecher unter die Nase halten.

Fast alle Geschäfte locken mit Rabatten - zum Teil sogar bis 80 Prozent

Die Preise purzeln fast überall in den Geschäften der Essener Innenstadt.
Die Preise purzeln fast überall in den Geschäften der Essener Innenstadt. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Immer wieder bilden sich kleine Schlangen, fast überall gibt’s Angebote. „Bijou Brigitte“ lockt mit „10 für 10 Euro“, auch beim Räumungsverkauf von Jackondo purzeln die Preise („minus 80 Prozent“), „Rabatt auf alles“ heißt es beim Schuhhaus Görtz, 60 Prozent Preisnachlass gewährt das Dänische Bettenlager. Was auch auffällt: Viele Lokale auf der Limbecker Straße stehen leer, andere haben noch gar nicht geöffnet.

„Das ist unser erster Shopping-Samstag in diesem Jahr“, strahlen die Freundinnen Antonia (22) und Melissa (24) aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis. Die gebürtigen Italienerinnen stehen mitten auf dem Kennedyplatz in einer riesigen Schlange, die bis zum Eingang des Discount-Textilhauses Primark auf der Kettwiger führt. „Shoppen vor Ort und die Klamotten anprobieren können ist was ganz anderes, als im Internet einzukaufen“, sagt Antonia.

Alle 20 Meter weisen Primark-Security-Leute die Menschen in der Warteschlange auf die Maskenpflicht hin. „Das Ordnungsamt ist mit uns zufrieden“, freut sich ein Primark-Manager. Aktuell dürfen sie 284 Kunden ins Geschäft lassen. „Nächste Woche hoffen wir verdoppeln zu können.“

Familie Diederichs aus Lüdenscheid hat sich für 300 Euro neu eingekleidet

Sechs Personen – fünf Einkaufstüten: (v.l.) Sven Diederichs (36) aus Lüdenscheid mit Julien (11), Ciara (9), Taylor (5), Ehefrau Sarah (36) und Jayden (1) kehren zufrieden vom Einkauf aus Essen zurück.
Sechs Personen – fünf Einkaufstüten: (v.l.) Sven Diederichs (36) aus Lüdenscheid mit Julien (11), Ciara (9), Taylor (5), Ehefrau Sarah (36) und Jayden (1) kehren zufrieden vom Einkauf aus Essen zurück. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Sven und Sarah Diederichs aus Lüdenscheid halten nach dem Primark-Einkauf fünf volle Papiertüten in den Händen. Ihre vier kleinen Kinder – Julien, Ciara, Taylor und Jayden – sind auch dabei. Für sie habe sich das 60-minütige Schlangestehen gelohnt. „Wir haben uns für 300 Euro komplett mit Sommerkleidung eingedeckt“, sagt der Vater.

Ein Stück weiter runter auf der Kettwiger sind alle Tische im Eiscafé Toscani besetzt. „Wir hatten sieben Monate geschlossen, ich bin froh, dass es wieder losgeht“, sagt Inhaber Giuseppe De Lorenzo (60). Normalerweise öffnet das Eiscafé schon im Februar, jetzt war es erst am 21. Mai soweit.

Wie andere Gastronomen berichtet auch De Lorenzo, dass langjährige Beschäftigte dem Betrieb in der Corona-Krise den Rücken gekehrt hätten. Der neue Job bei Amazon sei zwar nicht so gut bezahlt, aber sie empfänden die Arbeit dort als krisensicherer.

„Ein Start in eine bessere Zeit“: Endlich lädt die Innenstadt wieder zum Einkaufsbummel ein.
„Ein Start in eine bessere Zeit“: Endlich lädt die Innenstadt wieder zum Einkaufsbummel ein. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Nebenan in der Rathaus-Galerie verzeichnet Centermanager Frederik Westhoff an diesem Samstag ein Umsatzplus von 40 Prozent gegenüber der Vorwoche, als der negative Schnelltest noch Pflicht war. „Der Optimismus bei den Verkäuferinnen und Verkäufern wie auch bei den Kunden ist deutlich zu spüren.“ Wie auch sein Kollege im Einkaufszentrum Limbecker Platz registriert Westhoff, dass nicht nur geguckt, sondern auch gekauft werde. „Das ist ein Start in eine bessere Zeit.“