Essen-Heisingen/Kray. In der Corona-Zeit sind Welpen besonders beliebt. Doch Hundetrainer aus Essen warnen vor Problemen, die erst später auftauchen.
In der Corona-Pandemie kommen viele Menschen auf den Hund. Viele von ihnen arbeiten im Homeoffice, reisen derzeit nicht, da passt die Eingewöhnung eines tierischen Familienmitglieds gut in den Alltag. Der einzige Haken: Die Hundeschulen sind ebenfalls vom Lockdown betroffen, aktuell sind nur Einzeltrainings möglich. Das kann zum echten Problem werden, warnen Hundetrainer aus Essen.
„Gerade Ersthundebesitzer wünschen sich Unterstützung“, sagt Jutta Schenten, Betreiberin der Hundeschule „Rund um Hund“ in Heisingen. „Es regnet quasi Welpen vom Himmel, die Nachfrage ist gigantisch.“ Seit November aber ist Gruppenunterricht in der Hundeschule untersagt, seit Neuestem sind immerhin Einzelstunden möglich. Die könnten jedoch den Bedarf nicht auffangen und kämen wegen des höheren Preises auch nicht für alle Hundebesitzer in Frage.
Wichtige Phase bleibt ungenutzt
Bei vielen Welpen ginge so die wichtige Sozialisierungs- und Prägungsphase zwischen der 9. und 20. Lebenswoche ganz ohne Training vorüber. „In dieser Zeit lernen die Hunde viel – Sozialverhalten gegenüber Menschen und anderen Hunden zum Beispiel und den Fokus auf den Menschen auch bei Ablenkung beizubehalten“, erklärt Schenten. Man könne auch nach dieser Phase noch vieles trainieren, aber es sei deutlich mühsamer und erfordere mehr Geduld.
Auch bei Hundetrainer Ullrich Schröder in Kray gibt es mehr Anfragen von Welpenbesitzern als üblich, die er aufgrund der Corona-Regeln nur sehr eingeschränkt bedienen kann. „Ich sehe ein Problem auf uns zukommen“, sagt er. „Schon jetzt bekomme ich Anrufe von Leuten, die überfordert sind, weil ihr Hund aus Stress aggressiv wird.“ Zu Verhaltensauffälligkeiten könne es vor allem dann kommen, wenn Leute sich in der Pandemie zum ersten Mal einen Hund anschafften, ohne sich über dessen rassetypischen Eigenschaften im Klaren zu sein.
Zudem sollten sich Menschen, die sich für einen Hund aus dem Tierschutz entscheiden, der schlechte Erfahrungen gemacht hat, bereits mit der Hundehaltung auskennen und besonders viel Geduld mitbringen. Ansonsten könne die Beziehung für Mensch und Hund zur Belastungsprobe werden.
Hunde zeigen unerwünschtes Verhalten
„Auch Welpen bleiben eben nicht klein und süß, sondern kommen in die Pubertät“, sagt Schenten. Wenn sie nicht trainiert würden, komme es häufig zu Hetzverhalten gegenüber Joggern und Radfahrern, die Hunde seien oftmals unsicher in der Begegnung mit anderen Vierbeinern beim Gassi gehen oder akzeptierten die Leine nicht. Schenten ist besorgt, dass die fehlenden Stunden in der Welpenschule zu Verhaltensauffälligkeiten bei den Tieren führen können, die so massiv sind, dass die Halter die Hunde ins Tierheim geben.
Die Hundetrainerin möchte niemandem einen Vorwurf machen, der den veränderten Alltag in der Pandemie nutzt, um sich ein Haustier anzuschaffen. „Die Hundehalter können nichts dafür, dass die Hundeschulen geschlossen sind“, sagt sie. Vielmehr hält sie genau das für einen Fehler. Auf dem großen Übungsareal an der frischen Luft sei ein Training in kleineren Gruppen mit Abstand möglich und sinnvoll. Die reine Theorie könnten sich Halter auch über Ratgeber aneignen, das sei aber eben nur die halbe Miete.
Damit Welpen zumindest den Umgang mit Artgenossen kennenlernen, bietet sie sogenannte Welpenspielstunden an. Insgesamt 56 Welpen sind derzeit bei ihr angemeldet. In kleinen Gruppen treffen sie auf dem Übungsgelände aufeinander, raufen, spielen, schnuppern, probieren sich aus. „Es ist besser als nichts“, meint die Trainerin. Aber sie hoffe, dass sie möglichst bald auch wieder das Duo Mensch - Hund in den Blick nehmen könne.
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