Essen. Im Essener Dom empfingen schwule und lesbische Paare zum ersten Mal öffentlich Gottes Segen. Einer der Gesegneten hofft auf weitere Fortschritte.

Die Weigerung Roms, homosexuellen Paaren den Segen zu spenden, hat in den letzten Wochen bei vielen Katholiken lautstarken Protest ausgelöst – auch in Essen. Das symbolische Hissen der Regenbogenfahne an vielen Kirchen blieb nicht die einzige Gegenreaktion. Im Essener Dom haben 15 Essener Paare, die in schwulen, lesbischen und heterosexuellen Beziehungen leben, jetzt trotz der Haltung des Vatikans demonstrativ Gottes Segen erhalten.

„Liebe gewinnt“ hieß die Aktion mit insgesamt 110 Segnungs-Gottesdiensten in ganz Deutschland. „Eine Aktion, die viel in Bewegung gebracht hat“, sagt Rainer Teuber. Der Essener empfing den Segen zusammen mit seinem Mann Karl-Heinz. Als Leiter der Museumspädagogik und des Besucherdienstes der Schatzkammer des Essener Domkapitels steht er schon seit 25 Jahren in Diensten der katholischen Kirche.

Rainer Teuber sagt: „Ich möchte kein Katholik zweiter Klasse sein“

Bei dem vom City-Seelsorger geleiteten Abend-Gottesdienst stellte Teuber in einer kurzen Ansprache die Aktion „Liebe gewinnt“ und sich selber vor. Er bekennt sich schon seit Jahren offen zu seiner Homosexualität und zählt weit über Essen hinaus zu den engagiertesten Kämpfern gegen die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare in der katholischen Kirche. An der Segensfeier nahmen auch geschiedene Katholiken teil, die nach den traditionellen Moralvorstellungen der katholischen Kirche in so genannten „wilder Ehe“ zusammenleben.

„Ich setze jetzt große Hoffnungen in den Synodalen Weg“, sagt Teuber. Die darin eigens ins Leben gerufene Arbeitsgemeinschaft mit dem etwas sperrigen Titel „Leben in gelingenden Beziehungen“ hat auch die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare auf die Agenda gesetzt. Der Essener hofft, dass die von Rom verbotene Segnung hierzulande über kurz oder lang eine breite Mehrheit der Kirchenbasis erfährt und dass das Votum zumindest den liberalen Bischöfen den Rücken stärke. Er selbst möchte keine heimlichen Segnungen in einer Sakristei, sondern solche, die für alle sichtbar sind. „Ich bin kein Katholik zweiter Klasse.“

Drei Gottesdienstbesucher verließen bei der Segnung die Kirche

Als die 15 Paare Sonntagabend (9. Mai) den Segen erhielten, seien drei Gottesdienstbesucher aufgestanden und hätten die Kirche verlassen – Rainer Teuber vermutet aus Protest. Die anderen im Dom hätten hingegen laut applaudiert. Dass homosexuelle Paare in der Kirche jetzt sichtbar sind und sich nicht mehr verstecken müssten, zeige auch, wie sehr die katholische Kirche im Begriff sei, sich zu modernisieren.