Essen. Die Inzidenz ist in Essen weiter gesunken. Virologe Ulf Dittmer (Uniklinik) spricht von einer „Trendwende“. Was die Gründe dafür sind.
Angesichts weiter stark sinkender Infektionszahlen in Essen und NRW spricht Ulf Dittmer, Chef-Virologe der Uniklinik Essen, deutlich von einer „Trendwende“. Der Experte geht nicht davon aus, dass die Zahlen wieder steigen, sondern weiter deutlich nach unten gehen werden. Er nennt auch Gründe für die rapide sinkende Inzidenz.
Am Freitag gab das Robert-Koch-Institut (RKI) die aktuelle Wocheninzidenz in Essen mit 126 an. Das ist so niedrig wie Ende März, als die Osterferien begannen. Danach stiegen die Zahlen deutlich und erreichten Ende April die Marke von 179. Seit etwa zehn Tagen sind die Zahlen jedoch im Sinkflug. Eine solch eindeutige Bewegung nach unten über einen längeren Zeitraum hat es seit Ausbruch der Pandemie noch nicht gegeben. Am Freitag, 30. April, lag die Inzidenz in Essen laut RKI bei 168, genau eine Woche später sind es satte 40 Punkte weniger.
Mehr Geimpfte bringen deutlich weniger Infektionen – Phänomen aus anderen Ländern bekannt
„Was wir aus anderen Ländern kennen, die mit dem Impfen weiter sind als wir, zeichnet sich jetzt auch bei uns ab“, sagt Dittmer. In den Niederlanden oder in Portugal seien ganz ähnliche Effekte zu beobachten gewesen: Ist der Anteil der geimpften Bürgerinnen und Bürger irgendwann groß genug, bildet sich das deutlich an der Zahl der Neuinfektionen ab. In Essen liegt die Impfquote seit Tagen bei rund 30 Prozent. Der wichtigste Grund für die rapide sinkende Inzidenzzahl sei also der stark wachsende Anteil von Menschen, die geimpft sind.
Eine weitere Maßnahme, die offenbar Wirkung zeigt, sei die „Bundesnotbremse“ – vor allem die Ausgangssperre, die seit 24. April in Kraft ist, habe wohl einen deutlichen Effekt. „Wenn die Menschen sich abends nicht mehr in ihren Privaträumen treffen können, stecken sie sich auch nicht mehr an.“
Öffnung und Schließung von Schulen bildet sich nicht im Infektionsgeschehen ab
Die Öffnung und Schließung von Schulen ist im Infektionsgeschehen übrigens nicht ablesbar: Zum Beginn der Osterferien lag die Inzidenz in Essen bei etwa 128. Nach den Ferien, in denen die Schulen bekanntlich komplett geschlossen hatten, betrug der Inzidenzwert etwa 145. Dittmer sieht es als erwiesen an, dass Kinder bis zwölf Jahren in den Infektionsketten keine Rolle spielen. „Sie stecken sehr selten Erwachsene an.“ Anders sei es bei den Kindern ab 12 Jahren, wobei hier die britische Mutante, die als sehr infektiös gilt, eine tragende Rolle spielt.
Dittmer geht davon aus, dass die Zahlen ab jetzt dauerhaft sinken und nicht mehr steigen werden – das liege in der Natur der Sache bei einer schnell wachsenden Zahl von geimpften Bürgern und habe zudem saisonale Gründe: „Wenn es draußen wärmer wird, breitet sich der Virus langsamer aus.“ Das Coronavirus mag weder UV-Licht noch Wärme. In den Frühlings- und Sommermonaten seien die Menschen mehr im Freien, und außerdem ernährten sie sich gesünder als im Winter. „Das sind alles Faktoren, die jetzt zum Tragen kommen.“
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