Essen. 100 Personen waren Samstag an einem Tumult auf dem Altenessener Markt beteiligt. „Verabscheuungswürdig“, nennt der Ordnungsdezernent den Vorfall.

Eine bloße Verwarnung wegen Falschparkens hat am Samstagabend (17. April) offenbar zunächst dazu geführt, dass die Fahrzeuginsassen zwei Ordnungsamtsmitarbeiterinnen massiv bedrohten – und später einen Tumult auf dem Altenessener Markt ausgelöst. Nach Angaben der Polizei kamen dort zwischenzeitlich bis zu 100 Personen zusammen, von denen sich viele weder an die Abstandsregeln hielten noch eine Maske trugen. Die Polizei sei mit starken Einsatzkräften vor Ort gewesen. Am Ende wurden drei Männer (20, 25, 40) in Gewahrsam genommen. Ordnungsdezernent Christian Kromberg nannte die Geschehnisse „verabscheuungswürdig“; er wolle am Montag mit den betroffenen Mitarbeiterinnen sprechen und ihnen Hilfe anbieten.

Altenessener Markt war schon Schauplatz der Silvester-Randale

Zuletzt hatte die „Silvester-Randale“ auf dem Altenessener Markt für Schlagzeilen gesorgt. Damals zerstörten bis zu 50 junge Männer Wartehäuschen und Werbetafeln, zündeten Mülleimer an - und filmten ihre Taten zum Teil. Die Polizei sprach damals von einem „singulären Ereignis“; in der Polizeiinspektion Nord habe sich die Zahl der Straftaten im Vergleich zu 2015 nahezu halbiert. Die Stadt hatte als Reaktion dennoch mehr Präsenzstreifen der Ordnungskräfte im Stadtteil angekündigt. Sie sollten am Samstag Ziel des ersten Angriffs werden.

So sah es am Altenessener Markt nach der Silvester-Randale aus.
So sah es am Altenessener Markt nach der Silvester-Randale aus. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Schauplatz war dabei zunächst die Vogelheimer Straße/ Ecke Grünstraße. Gegen 17.30 Uhr riefen zwei Mitarbeiterinnen der städtischen Verkehrsüberwachung (26, 50) die Polizei dorthin, weil sie sich durch drei Männer bedroht fühlten. Die beiden Frauen hatten den Fahrer eines schwarzen Mercedes G-Klasse mit Schweizer Kennzeichen wegen eines Parkverstoßes verwarnen wollen. Als die drei Insassen des Wagens das bemerkten, sollen sie in bedrohlicher Weise auf das Fahrzeug des Ordnungsamtes zugegangen sein.

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Die 26-Jährige sagte aus, einer der Männer habe die Wagentür geöffnet und sei ihr mit seinem Gesicht sehr nahe gekommen. Als die beiden Frauen es schafften, die Tür zu schließen und den Wagen zu verriegeln, habe der Mann an das Dach gefasst und das Fahrzeug zum Schaukeln gebracht. Währenddessen habe ein anderer die Kennzeichen des falsch parkenden Mercedes abmontiert. Als die zu Hilfe gerufenen Polizeibeamten vor Ort eintrafen, waren die drei Männer samt Auto bereits verschwunden.

Die Mitarbeiterinnen der Verkehrsüberwachung würden leider regelmäßig beschimpft und beleidigt, doch diese Vorfall habe eine neue Qualität, kommentierte Ordnungsdezernent Kromberg am Sonntag: „Das ist gruselig und beängstigend.“ Trotz der Attacke setzten die beiden Frauen ihren Dienstag am Samstag fort – und entdeckten gegen 19 Uhr auf dem Altenessener Markt eine der verdächtigen Personen wieder. Erneut meldeten sie sich bei der Leistetelle.

Als die Polizeibeamten auf dem Marktplatz eintrafen, hatte sich dort bereits mehrere Personen eingefunden, die laut Polizei keinen Mund-Nasenschutz trugen und sich nicht an die Abstandsregeln hielten. Wegen der unübersichtlichen Lage forderten die Polizisten unverzüglich Verstärkung bei der Leitstelle an, verschafften sich dann einen Überblick und konnten den beschriebenen Verdächtigen ausmachen.

29-jähriger Verdächtiger ist der Polizei bereits bekannt

Bei dem Mann handelt es sich nach Angaben der Polizei um einen 29-jährigen Essener mit deutscher und marokkanischer Staatsbürgerschaft, der seinen Wohnsitz in die Schweiz verlegt haben soll. Er ist der Essener Polizei aus diversen Einsätzen – unter anderem Tumultlagen – bereits bekannt. Als die Beamten sich dem 29-Jährigen näherten, ergriff er die Flucht, konnte aber kurze Zeit später festgehalten werden. Daraufhin schlossen sich laut Polizei einige Personen zusammen, die in bedrohlicher Weise auf die Beamten zugingen und sie aufforderten, den 29-Jährigen loszulassen.

Schließlich attackierte offenbar ein 40-Jähriger den Polizeibeamten, der den Deutsch-Marokkaner festhielt, und riss den Verdächtigen von dem Beamten los. So konnte der 29-Jährige im Getümmel flüchten. Laut Polizei ergriffen auch viele andere der knapp 100 Anwesenden die Flucht vom Altenessener Markt, als nun die Unterstützungskräfte eintrafen.

Ermittlungen wegen Nötigung und Gefangenenbefreiung

Der 40-Jährige libanesischer Herkunft und ein ebenfalls beteiligter 25-jähriger türkischer Herkunft konnten vorläufig festgenommen werden. Ein Deutscher (20) filmte die Festnahme des 25-Jährigen mit dem Smartphone. Obwohl die Beamten ihn aufforderten, sich zu entfernen und die Festnahme nicht weiter zu behindern, habe er sich ihnen weiter genähert, berichtet die Polizei. Auch er wurde deshalb vorläufig festgenommen. Zwei Handys wurden sichergestellt.

Alle drei Männer kamen in Polizeigewahrsam. Wie die Essener Polizei mitteilt, wird gegen sie und den flüchtigen 29-Jährigen wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte, Gefangenenbefreiung sowie Nötigung ermittelt. Ordnungsdezernent Christian Kromberg erklärte, dass seine Mitarbeiter bereits am Sonntag Kontakt mit der Polizei gehabt hätten. Man werde sich am Montag wieder kurzschließen, um die beunruhigenden Vorfälle weiter aufzuklären.