Essen. Landes-NPD will mit einer Versammlung am Festtag der Gewerkschaften provozieren. „Essen stellt sich quer“ ruft zur Gegendemo. DGB berät sich.

Die Polizei bereitet sich auf einen Großeinsatz am 1. Mai in der Essener Innenstadt vor: Zum ersten Mal seit vier Jahren hat der NRW-Landesverband der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) am traditionellen Festtag der Gewerkschaftsbewegung wieder einen Aufmarsch in Essen geplant. Das antirassistische und antifaschistische Bündnis „Essen stellt sich quer“ mobilisiert bereits zur Gegendemo.

Zusammen mit Anhängern der Partei „Die Rechte“ will Deutschlands älteste rechtsextremistische Partei in diesem Jahr offenbar im Fahrwasser der Corona-Leugner und Querdenker-Bewegung dümpeln: „Freiheitsrechte und soziale Gerechtigkeit für alle Deutschen durchsetzen“, heißt der Aufruf der Partei, die nach Einschätzung des Verfassungsschutzes die Demokratie in Deutschland beseitigen will und für eine rassistische, antisemitische und fremdenfeindliche Ideologie eintritt. Die aktuelle Pandemiepolitik der Regierung wird als „getarntes Unrecht gegen das eigene Volk“ kritisiert.

Sammelbecken für Neonazis aus verbotenen Kameradschaften

„Die Rechte“, mit der sich die NPD inzwischen gemein macht, hat sich mittlerweile zu einem Sammelbecken für Neonazis aus den verbotenen Kameradschaften entwickelt, so das Innenministerium.

Während sich der Deutsche Gewerkschaftsbund auf seine zentrale 1. Mai-Kundgebung coronabedingt ohne Familienfest auf dem Kennedyplatz vorbereitet, prüft die Polizei nun das Ansinnen der NPD, deren Anhänger sich ab 13 Uhr wie auch die Gegendemonstranten von „Essen stellt sich quer“ an der Freiheit versammeln wollen.

Polizeisprecher Christoph Wickhorst bestätigte am Montag zwei entsprechende Anmeldungen. Die NPD gehe von bis zu 150 Teilnehmern aus. Unter welchen Auflagen der Aufmarsch der Rechten stattfinden wird und kann, stehe noch nicht fest. Es habe noch keins der sogenannten Kooperationsgespräche der Behörde mit dem Anmelder stattgefunden. So sei derzeit offen, ob es bei einer stationären Kundgebung bleibe oder es einen Zug durch die Gemeinde geben könne oder werde. Fest stehe bislang nur, dass ein Konzept verlangt werde, das den Vorschriften des Infektionsschutzes entspreche, so Wickhorst.

Gegenkundgebung mit 80 Teilnehmern angemeldet

„Essen stellt sich quer“-Sprecher Christian Baumann berichtete, dass er eine Gegenkundgebung mit etwa 80 Teilnehmern angemeldet habe. Ob es sich bei dem Auftritt der NPD, die in den vergangenen Jahren öffentlich kaum in Erscheinung getreten ist, um ein letztes Aufbäumen oder ein neues Erstarken handelt, kann Baumann nach eigener Aussage nicht einschätzen. Von der Partei „Die Rechte“, die als „ziemlich stark“ empfunden werde, sei bekannt, dass sie die „Steeler Jungs“ unterstütze.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in Essen will am Donnerstag mit seinen Geschäftsführern beraten, wie man sich angesichts dieser Gemengelage am 1. Mai gegen Rechts aufstellen will, sagte Dieter Hillebrand. Grundsätzlich gilt für den DGB-Regionsgeschäftsführer ohne Wenn und Aber: Rechtsextremistische Aufmärsche dürfen an historisch bedeutenden Tagen wie beispielsweise dem Antikriegstag nicht stattfinden. „Das ist eine reine Provokation gegenüber den Gewerkschaften“, machte Hillebrand deutlich: „Wir werden uns beraten, wie wir damit umgehen werden.“

Bundesverfassungsgericht pfiff Polizeipräsident zurück

Hillebrand ist noch gut in Erinnerung, wie der ehemalige Essener Polizeipräsident Herbert Schenkelberg eine NPD-Demo am 1. Mai 2001 ins Abseits stellte, indem er die Neonazis weitestgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit ins abgeschiedene Schederhofviertel abschob. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der Behördenleiter eine juristische Schlappe hatte einstecken müssen. Schenkelberg war vom Bundesverfassungsgericht zurückgepfiffen worden - er hatte die rechte Kundgebung zu verbieten versucht.