Essen. Tagelang herrschte Warte-Chaos vor dem Essener Impfzentrum. Nun hat die Stadt die Abläufe verändert. Dadurch haben sich die Wartezeiten verkürzt.

Über Tage herrschte ein regelrechtes Warte-Chaos am Impfzentrum in Essen. Seit dem Wochenende gehören aber die langen Warteschlangen vor den Messehallen der Vergangenheit an. Die Stadt hat reagiert und die Abläufe verbessert.

Am Samstag hatte sich Ingo Schönewolf lieber nichts groß vorgenommen. Morgens stand für den 79-Jährigen seine Corona-Impfung an. Angesichts der Bilder von Menschen, die draußen bei Wind und Wetter für das ersehnte Vakzin ausharren, hatte der Essener vorsichtshalber viel Zeit mitgebracht. Als er beim Verlassen der Messehalle auf die Uhr blickt, meint er nur: „Hat gerade mal eine Stunde gedauert. Da kann man doch nicht meckern“. Auch weitere Impflinge berichten am Samstagmittag, dass es zügig vorangegangen sei. „Ganz anders als gedacht“, sagt beispielsweise ein Ehepaar, sie 78, er 79 Jahre alt. Auch am Sonntagvormittag bot sich ein ruhiges Bild vor dem Impfzentrum.

Stadt stellt Organisation im Impfzentrum um

100.00er Marke bei Impfungen in Sicht

Im Laufe des Sonntags soll die Zahl von 100.000 Geimpften in Essen erreicht sein. Da sind zum einen die Senioren eingerechnet, die das Vakzin in Heimen oder Pflegeeinrichtungen erhalten haben, und zum anderen die Männer und Frauen, die in Messehallen geimpft wurden. Die vergangene Woche begonnenen Impfungen in den Hausarztpraxen sind nicht einbezogen.

Eine zweite Impfung haben bislang rund 41.000 Essener Bürger erhalten.

In den Messehallen bekommen täglich rund 2500 Bürger ihre Schutzimpfung vor Corona.

Um noch zügiger voranzukommen, soll bis Mitte der Woche die Zahl der Impfstraßen von 15 auf 25 erhöht werden.

Gesundheitsdezernent Peter Renzel, der sich am Samstag über die Lage informiert, ist zufrieden: „Wir haben die Organisation der Impfstraße an entscheidenden Stellen verändert.“

Als Nadelöhr hätten sich die Impfkabinen erwiesen. „Erst wenn die Impfwilligen dort angekommen waren, wurden ihre die Unterlagen gesichtet“, berichtet Renzel. Fehlten Papiere oder waren Angaben unvollständig, habe das Nachbessern Zeit gekostet. Zeit, über die man bei einer geplanten Taktung von zweieinhalb Minuten pro Besucher überhaupt nicht verfüge.

Angespannte Lage verschärfte sich durch Zusatztermine für Über-60-Jährige

Wer nun seit Samstag seine Impfung bekommen will, der wird gleich bei der Anmeldung nach den Unterlagen gefragt. Deren Anzahl ist recht üppig. Damit später ein Arzt die Nadel in den Oberarm setzen darf, muss der Impfwillige nicht nur die Bescheinigung über den Termin vorlegen, sondern auch – ausgefüllt und unterschrieben – eine Einwilligungserklärung, ein Anamnesepapier sowie einen Aufklärungsbogen zur Impfung und das alles in doppelter Ausfertigung.

Fallen nun Fehler auf oder fehlen gar Papiere, „dann kümmern sich gleich am Beginn der Impfstraße die Mitarbeiter darum“, sagt Jörg Spors, organisatorischer Leiter des Impfzentrums. Um diesen Mehraufwand zu bewältigen, „haben wir das Team um sechs Mitarbeiter aus der Verwaltung aufgestockt“, ergänzt Renzel.

Nachdem bei der Anmeldung die Unterlagen gecheckt wurden, warten die Impfwilligen auf Einlass in die Impfkabinen,
Nachdem bei der Anmeldung die Unterlagen gecheckt wurden, warten die Impfwilligen auf Einlass in die Impfkabinen, © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Die angespannte Lage habe sich in den vergangenen Tagen auch wegen der Sonderreglung für die Über 60-Jährigen verschärft. Sie konnten über Ostern eine Impfung mit Astrazeneca buchen, „aber nicht die erforderlichen Papiere von der Internetseite der Kassenärztlichen Vereinigung herunterladen“, so Spors.

Die Folgen waren überdeutlich. Helfer im Impfzentrum mussten den Leuten die Papiere bereitstellen und bei Bedarf erläutern. Mag es sich für den einzelnen Besucher zwar jeweils nur um wenige Minuten handeln, summiere sich das bei der Vielzahl an Impfwilligen und führe zu erheblichen Verzögerungen, erläutert Spors.

Anmeldung erfolgt jetzt in Papierform, digitale Eingabe folgt später

Hinzu komme der Zeitaufwand, wenn bei bereits ausgefüllten Bögen doch Lücken auftauchen oder sich Rückfragen ergeben. Von all diesen Aufgaben sind nun die Teams in den Impfkabinen weitgehend befreit, ihr Aufgabe besteht darin, die geprüften Papiere entgegenzunehmen, bei Bedarf Fragen zu beantworten und schließlich die Besucher zu impfen.

Zudem haben Renzel und Spors noch an einer weiteren Stellschraube gedreht: Für die Kassenärztliche Vereinigung (KV) müssen normalerweise alle Daten digital erfasst werden. Nachdem aber mehrfach Server abgestürzt und Computer ausgefallen waren, während die Menschen auf ihre Impfung warteten, haben sich die Essener Verantwortlichen für eine eher unkonventionelle Lösung entschieden. „Wir sind wieder zur Papierform zurückgekehrt“, sagt Spors. Von der Anmeldung bis zur Ankunft in der Impfkabine werden die Unterlagen schriftlich bearbeitet. Erst anschließend geben Helfer des Impfzentrums die erforderlichen Daten, vom Namen angefangen über Chargennummer des Vakzins bis hin zum Datum, auf den Seiten der KV ein. Geimpfte wie Ingo Schönewolf hatten zu diesem Zeitpunkt die Halle längst wieder verlassen.

Eine dringende Bitte richten Renzel und Spors an alle, die einen Impftermin wahrnehmen: Sie sollten nicht schon Stunden vor ihrem Termin das Impfzentrum aufsuchen. Aus Sorge, nicht mehr an die Reihe zu kommen, seien zuletzt offensichtlich viele Impfwillige „sehr früh erschienen“. Das habe ebenfalls zur Belastung beigetragen. Eine halbe Stunde oder maximal eine Stunde vorher da zu sein, reiche aus. „Impfstoff ist genügend vorhanden“, betonen Renzel und Spors.