Essen. Die meisten Essener Pfarreien weichen wegen Corona ins Internet aus. Seelsorger Bernd Wolharn feiert Ostern eine öffentliche Messe im Dom.

Ostern, das wichtigste Fest der Christenheit, steht vor der Tür. In den Pfarreien des Bistums Essens stehen die Geistlichen vor der Frage: Wie umgehen mit der Corona-Pandemie? Sollen sie Gottesdienste gemeinsam mit ihren Gemeinden feiern – von Angesicht zu Angesicht wie eigentlich jedes Jahr an Ostern? Vorgaben oder gar Verbote „von oben“ gibt es nicht. Pfarrer und Gemeinderäte können frei entscheiden.

Bernd Wolharn hat sich dafür entschieden. Der Leiter der Cityseelsorge „grüssgott“ am Essener Dom wird Ostersonntag um 19 Uhr die heilige Messe im Essener Dom feiern. Nach vielen Gesprächen wisse er, dass ein Präsenzgottesdienst den Menschen wichtig sei, berichtet der Domvikar. „Man ist nicht allein. Man setzt sich nicht wie so oft am Tag wieder vor den Bildschirm.“ Die Sehnsucht nach Gemeinschaft sei groß. Gerade für Alleinstehende sei ein Gottesdienst eine Möglichkeit, Gemeinschaft zu erleben. Diesem Bedürfnis möchte Wolharn nachkommen, der aber auch Online-Formate anbietet.

[In unserem lokalen Newsletter berichten wir jeden Abend aus Essen. Den Essen-Newsletter können Sie hier kostenlos bestellen.]

„Ich möchte eine Einladung aussprechen“, sagt Wolharn. Sein Eindruck: Nach mehr als einem Jahr mit Corona hätten die Menschen ein feines Gespür entwickelt: Was ist mir wichtig? Traue ich mich? Oder bin ich lieber vorsichtig? Die Leute könnten selbst entscheiden. Bernd Wohlharn sagt mit Blick auf die Pandemie aber auch, es gebe gute Gründe, die gegen einen Präsenzgottesdienst sprechen. „Richtig oder falsch“ – das gibt es seiner Meinung nach nicht.

Die Feierlichkeiten aus der Basilika werden per Livestream übertragen

Andere haben sich angesichts der steigenden Inzidenzzahlen gegen Präsenzgottesdienste entschieden. Zum Beispiel die Propsteipfarrei St. Ludgerus in Werden. Die Mitglieder von Kirchenvorstand, Pfarrgemeinderat und Pastoralteam haben die verschiedenen Sichtweisen erwogen, schreibt Stadtdechant Propst Jürgen Schmidt auf der Homepage seiner Pfarrei und betont: Keinem sei die Entscheidung leicht gefallen. Der Stadtdechant bedankt sich ausdrücklich bei all jenen, die es gerne anders gehabt hätten, für ihr Verständnis. Die österlichen Feierlichkeiten werden nun per Livestream aus der Basilika übertragen.

St. Ludgerus steht mit der Entscheidung keineswegs alleine da. Auch die Pfarreien St. Josef Ruhrhalbinsel, St. Lambertus und St. Dionysius haben Präsenzgottesdienste vorübergehend ausgesetzt. Ebenso die Pfarreien St. Josef in Frintrop, St. Johann Baptist und St. Nikolaus. In den Pfarreien St. Gertrud und St. Antonius müssen sich Gläubige anmelden, wollen sie an einem Gottesdienst teilnehmen.

Im Essener Dom gilt die Maskenpflicht. Besucher müssen Abstand halten

Auch der öffentliche Gottesdienst im Essener Dom wird anders ablaufen als in Vor-Corona-Zeiten. Es gibt nur 65 Plätze. Besucher müssen eine Maske tragen und Abstand halten. Der Sicherheitsdienst und ehrenamtliche Helfer achten darauf, dass die Hygieneregeln eingehalten werden. Gesungen wird nicht. „Dafür haben wir schöne Musik“, sagt Wolharn. Damit auch jene teilhaben können, die im Dom keinen Platz mehr finden, wird die Messe per Lautsprecher ins Atrium übertragen.

Emmausgang am Ostermontag

Am Ostermontag lädt City-Seelsorger Bernd Wolharn zum Emmausgang ein. Start ist um 17 Uhr am Dom. Auf dem Weg feiern die Teilnehmer gemeinsam den Gottesdienst. Der Spaziergang endet mit einer Mahlfeier in der B.M.V.-Schule an der Bardelebenstraße. Der Fußweg dauert etwa zwei Stunden. Es gelten Maskenpflicht und Abstandsregel. Eine Anmeldung ist erforderlich unter gruessgott@bistum-essen.de

Es ist der Versuch, mit den Herausforderungen der Pandemie umzugehen so gut es eben geht. Wann braucht es die Kirche, wenn nicht in Krisenzeiten?

Wo kann ich Hoffnung finden? Er wisse aus vielen Gesprächen, dass sich Menschen gerade jetzt diese Frage stellen, berichtet Domvikar Bernd Wolharn. Auch für viele Jüngere sei der Glaube ein Halt. Besinnen sich Menschen, die sich aus welchen Gründen auch immer abgewendet haben von ihrer Kirche, möglicherweise wieder zurück? Wolharn will da keine Prognose wagen. Er nehme auch wahr, dass Menschen vorsichtiger geworden seien. Entwöhnen sich gar viele von Gemeinschaftserlebnissen? Wie wird es sein, wenn die Corona-Krise überwunden ist? Die Unsicherheit ist groß, auch in der Kirche.