Essen. Zum Einkaufen braucht man in Essen ab 29. März einen negativen Corona-Test. Bei weitem nicht allen war das klar. Schlangen an der Lichtburg.

Ein negativer Schnelltest, um in Essen shoppen zu können – vielen Kunden war offenbar nicht klar, dass es diese seit 29. März geltende Vorschrift gibt und dass sie einigen Aufwand bedeutet. Die Folge: Frust und Verwirrung bei Einzelhändlern und Besuchern, leere Geschäfte und eine lange Schlange vor dem Testzentrum in der Lichtburg.

Mit den Tests in der neuen Corona-Schutzregelung umgeht die Stadt die Notbremse, die dazu geführt hätte, dass alle Geschäfte wieder schließen müssen.

Einzelhändler müssen viele Kunden ohne Corona-Test abweisen

„Ich musste schon drei Kundinnen abweisen“, berichtet Manuela Lenz, Filialleiterin vom Modegeschäft „Aust“. Sie findet die neue Regelung „schwierig“. Denn während das Termingeschäft sehr gut lief, konnte sie am Vormittag keinen einzigen Kunden in ihrem Laden begrüßen.

„Die Leute wissen nicht Bescheid. Sie wollen sich wie schon in den letzten Wochen spontan einen Termin machen“, bestätigt Lydia Schüßler vom „Format Warenwunderland“ an der Rüttenscheider Straße.

„Wir hatten gehofft, an Ostern den Weihnachtsverlust reinzuholen“, so Schüßler. Stattdessen musste sie bereits kurz nach Ladenöffnung viele Kunden abweisen. Darunter auch eine Kundin, die bereits geimpft war.

Manuela Lenz vom Modegeschäft „Aust“ musste schon viele Kundinnen abweisen, die keinen negativen Corona-Test vorzeigen konnten.
Manuela Lenz vom Modegeschäft „Aust“ musste schon viele Kundinnen abweisen, die keinen negativen Corona-Test vorzeigen konnten. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Große Verwirrung und Unsicherheit bei den Kunden

Die generelle Unsicherheit teilt Michaela Koch vom Modeladen „Tredy“. „Normalerweise würden wir Umsatz ohne Ende machen. Aber viele Kunden wollen nicht extra einen Test machen. Ich bin echt sauer“, klagt die Verkäuferin.

Eine der frustrierten Kundinnen ist Silke Schramm. Sie und ihre Freundin nutzen den Osterurlaub für einen Shopping-Tag – der aufgrund der Testpflicht zum Schaufensterbummel wurde. „Das ist alles doof. Wir sind gefrustet“, sagt die Essenerin.

Lange Schlange vor dem Testzentrum in der Lichtburg

Einen kostenlosen Corona-Test im Testzentrum oder einer Apotheke machen zulassen, der ihnen Zutritt zu den Geschäften verschafft, kommt für die Freundinnen nicht infrage: Zu lang ist an diesem Vormittag die Schlange vor dem Testzentrum in der Lichtburg.

Kunden, die nur einen Selbsttest vorzeigen können, dürfen die Einzelhändler nicht in ihre Läden lassen. Denn bei den eigenständig durchgeführten Tests lässt sich nicht überprüfen, ob sie tatsächlich tagesaktuell sind. Viele Verkäuferinnen und Verkäufer verweisen die Kunden daher auf die Möglichkeit, sich in der Lichtburg spontan testen zu lassen.

Das berichten auch Paris und Dalin. Die Freundinnen wollen am ersten Ferientag shoppen gehen. Dass sie dafür neuerdings ein negatives Testergebnis brauchen, wussten sie nicht. Etwas vor ihnen in der Schlange wartet ein Ehepaar, das ebenfalls erst vor Ort von der Testpflicht erfahren hat. „Die Regel ist grundsätzlich okay, die Kommunikation ist das Problem“, beschweren sich die Essener.

Nicht alle warten vor der Lichtburg, um danach in die Geschäfte gehen zu können. Almut Wolf lässt sich zur Sicherheit regelmäßig testen. Über eine Stunde musste sie sich dafür anstellen: „Ich war verwundert, dass es heute so voll ist“, erzählt sie.

Dalin, Paris und Kian wollen nicht auf ihren Shopping-Tag verzichten und warten in der langen Schlange vor dem Testzentrum in der Lichtburg.
Dalin, Paris und Kian wollen nicht auf ihren Shopping-Tag verzichten und warten in der langen Schlange vor dem Testzentrum in der Lichtburg. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Händler müssen auf Ehrlichkeit der Kunden vertrauen

Nassima Pulimeno ist eine der wenigen, die die verschärften Maßnahmen unterstützt. „Man fühlt sich sicherer, wenn alle einen Test gemacht haben. Und besser so, als dass alles wieder zu ist.“ Alexandra Kölsche und ihre Tochter Maria finden die Testpflicht ebenfalls „super“.

Auch Tina Indenkämpen von „Meyersche“ hält die strengeren Maßnahmen für notwendig. Bei der Rüttenscheider Buchhandlung würden weiterhin viele Terminbuchungen eingehen. Indenkämpen bezweifelt allerdings, dass alle Kunden über die neue Regel informiert sind. „Das Anstrengendste momentan ist es, den Kunden dieses Hin und Her zu erklären.“

Neue Maskenpflicht ist vielen Fußgängern nicht bewusst

Dass neben einer Testpflicht zum Einkaufen in der Innenstadt und auf den Einkaufsstraßen in sechs Stadtteilzentren nun eine Maskenpflicht gilt, ist vielen Essenern ebenfalls nicht bewusst. Wie gewohnt nehmen viele die Maske beim Verlassen der Läden aus dem Gesicht. Darauf angesprochen, dass das nun verboten ist, zeigen sich viele überrascht. Die meisten Menschen, die keine Maske tragen, wollten sich nicht zur neuen Regelung äußern.

Viele Fußgänger in Rüttenscheid, die sich an die Regel halten, tun dies offenbar unbewusst: „Ist das jetzt Pflicht?“, fragt Silvia Grill. Die 64-Jährige ist Risikopatientin und trägt daher immer eine medizinische Maske.

Umgehen der Corona-Notbremse

Seit dem 29. März gilt die Corona-Notbremse für Kreise und kreisfreie Städten in NRW, deren Sieben-Tage-Inzidenz über 100 liegt. Die Notbremse ist in der Corona-Schutzverordnung verankert und legt eigentlich fest, dass alle bisher getroffenen Lockerungen rückgängig gemacht werden.

Bisher umgehen rund 25 Kommunen und Kreise in Nordrhein-Westfalen diese Notbremse und lassen die Geschäfte geöffnet. Einkaufen ist aber nur noch mit einem negativen Coronatest, der von Fachpersonal durchgeführt wurde, möglich.

Essener unterstützen Maskenpflicht

Im-Dall Chung unterstützt die Maskenpflicht ebenfalls: „Man muss aufeinander aufpassen.“ Aufgrund der neuen Virus-Mutanten schätzt auch Matthias Braun die Verschärfung der Maßnahmen als notwendig ein: „Es sollte eigentlich überall so sein. Die Städte im Ruhrgebiet sind sehr spät dran.“

Der Essener Markus Zuchowski findet eine Maskenpflicht an der frischen Luft hingegen „grundsätzlich verkehrt“. Er vermeide Menschenmassen sowieso, gehe bei gutem Wetter nicht mal in den Park. Er hatte sich vom Corona-Gipfel andere Maßnahmen erhofft. Diesen Wunsch teilt auch Klaus Gwiszcz. Er kritisiert, dass für NRW keine einheitlichen Corona-Regelungen gelten: „Man weiß gar nicht mehr, wie man es richtig machen soll. Dieses Hin und Her ist fürchterlich.“