Essen. Das Essener Maschinenbauunternehmen Cantec hat Insolvenz angemeldet. IG Metall und Betriebsrat kämpfen mit einem eigenen Konzept für den Erhalt.

Die Gewerkschaft IG Metall ist in Sorge um die Zukunft des Maschinenbauunternehmens Cantec. Das Unternehmen hat - wie erst jetzt bekannt wurde - bereits im Januar Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt. „Der Schritt hat uns doch sehr überrascht“, sagte Markus Ernst von der IG Metall in Essen. Zumal es zuvor mehrere Monate lang Gespräche mit der Geschäftsführung über eine Zukunftsperspektive gegeben habe. Cantec stellt Maschinen und Teile zur Dosenfertigung her und gehört zur Schweizer Soudronic-Gruppe. Der Betrieb hat seinen Sitz auf der Helenenstraße im Kruppgürtel.

103 Mitarbeiter bangen dort nun um ihren Arbeitsplatz. Noch scheint offen, wie eine Fortführungsperspektive aussehen kann. Betriebsrat und IG Metall erhoffen sich mehr Klarheit schon kommende Woche. Dann trifft sich der Gläubigerausschuss. Es wird erwartet, dass die Geschäftsführung ein Weiterführungskonzept vorlegt. Parallel hat der Gläubigerausschuss bereits ein Unternehmen mit der Suche nach einem Investor beauftragt. Diese läuft nach Angaben des Betriebsrats sehr gut.

IG Metall wünscht sich Käufer für Cantec

Die IG Metall präferiert derweil einen Verkauf. „Es wäre wichtig, wenn jetzt ein Investor aus der Lebensmittelindustrie gefunden wird. Darin sehen wir mehr Chancen“, sagte Markus Ernst. Er wirft dem Schweizer Mutterkonzern Soudronic vor, Cantec mit einer zu hohen Konzernumlage zu belasten und somit, so Ernst, „arm zu rechnen“. Außerdem ist es nach Auffassung der Gewerkschaft versäumt worden, mit einer breiteren Produktausrichtung die Weichen für die Zukunft zu stellen. Stattdessen hätten die Schweizer zuletzt den Geldhahn zugedreht.

Die Geschäftsführung war auf Nachfrage am Freitag nicht bereit, zu den Vorgängen Stellung zu nehmen und will sich erst in der kommenden Woche öffentlich äußern.

Bereits 2020 legte der Betriebsrat ein Restrukturierungskonzept vor

Die wirtschaftliche Lage des Unternehmens war zuletzt angespannt. Von 2016 bis 2019 schrieb Cantec rote Zahlen. 2020 soll unterm Strich immerhin eine schwarze Null gestanden haben. Um den Betrieb langfristig zukunftsfähig aufzustellen, boten Betriebsrat und IG Metall der Leitung im vergangenen Jahr einen Haustarifvertrag an, der weitreichende Zugeständnisse der Belegschaft vorsah, um die Kosten zu senken. Der Betriebsrat spricht von einem Drei-Millionen-Euro-Paket.

Im Dezember 2020 soll die örtliche Geschäftsführung die Gespräche jedoch abgebrochen haben. „Seitens der Gesellschafter gab es kein Interesse, sich auf Verhandlungen einzulassen“, resümiert der Betriebsratsvorsitzende Marc Domeratzki. Kurze Zeit später kam der für die Belegschaft überraschende Insolvenzantrag.

IG Metall und Betriebsrat zu weiteren Zugeständnissen bereit

Betriebsrat und Gewerkschaft kämpfen unterdessen weiter für den Erhalt des Unternehmens und um möglichst viele Arbeitsplätze. Deshalb haben sie ihr Restrukturierungskonzept aus dem vergangenen Jahr nochmals überarbeitet. Es soll am Mittwoch dem Gläubigerausschuss vorgestellt werden. Wie der Betriebsratsvorsitzende Marc Domeratzki ankündigte, sieht es nun auch den Abbau von „ein paar“ Arbeitsplätzen vor. „Das ist der Dramatik der Lage geschuldet. Uns bleibt nicht viel Zeit, ein Konzept muss nun schnell und gut funktionieren.“

Der Betriebsratschef bleibt dennoch zuversichtlich. „Ich denke, wir haben gute Chancen, dass es hier weitergehen kann“, sagte er.

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