Essen. Wieder einmal war der Anleger an der Lanfermannfähre das Ziel von Sprayern. CDU und Grüne für “schnelle Eingreiftruppe“ gegen Graffiti.
Der Anleger der Weißen Flotte an der Lanfermannfähre in Heisingen ist ein beliebtes Ziel - nicht nur von Spaziergängern und Ausflüglern, sondern zum Leidwesen von Boris Orlowski auch von Graffiti-Sprayern. Die Stimmung des Geschäftsführers der Weißen Flotte Baldeney schwankt zwischen Wut und Frustration. Denn das Ensemble aus Unterstand, Sitzbank und Stele wurde dieser Tage mit Farbe beschmiert. Und das nicht zum ersten Mal.
"Gerade in den Wintermonaten haben wir mit Vandalismus zu kämpfen, berichtet Orlowski. Rund um den See würden Zäune und Tore eingetreten, Schaukästen zerschlagen. "Erst in der vergangenen Woche wurden nagelneue Sitzbänke zwischen Wehr und Regattaturm mit Graffiti beschmiert."
Das Phänomen ist bekannt. Nach der Eröffnung der neuen Kampmannbrücke Ende 2019 dauerte es nur wenige Tage, bis Sprayer auch dort ihre Schriftzüge hinterließen. Die "Bürgerschaft Kupferdreh" setzte für Hinweise auf den oder die Täter 500 Euro Belohnung aus.
Im August konnte die Polizei nach einem Hinweis unweit der Brücke zwei Männer, 27 und 40 Jahre alt, stellen und eine Spraydose sicherstellen. Der Zeuge, der die Polizei auf die Spur der mutmaßliche Sprayer gebracht hatte, verzichtete übrigens auf die Belohnung, berichtet Jürgen Gentzmer, stellvertretender Vorsitzender der Bürgerschaft Kupferdreh, wo sie inzwischen eine "Arbeitsgemeinschaft gegen Vandalismus" gegründet haben: "Ehrensache."
An den neuen Schallschutzwänden der A44 lieferten sich Sprayer offenbar einen Wettbewerb
Ob weitere Schmierereien auf das Konto der beiden Männer gingen, bleibt offen. Offenbar gibt es genügend andere, die bewaffnet mit Farbdosen ihr Unwesen treiben. Nicht nur Jürgen Gentzmer staunt darüber, dass die neuen Schallschutzwände entlang der A44 bereits flächendeckend besprüht sind. Sprayer hätten offenbar einen regelrechten Wettbewerb ausgetragen. Nach dem Motto: Wer ist der Schnellste, mutmaßt Gentzmer. Ohne, dass jemand die Täter dabei gestört, geschweige denn davon abgehalten hätte.
Dabei legen Sprayer offensichtlich großen Wert darauf, dass in der "Szene" jeder sieht, wer da am Werk war. Wer mit offenen Augen in Kupferdreh unterwegs ist, stößt immer wieder auf die gleichen Zeichen und Schriftzüge. Sprayer müssten jedoch praktisch auf frischer Tat erwischt werden, um ihnen etwas nachweisen zu können, heißt es vonseiten der Polizei. Die Bürgerschaft hatte angeregt, neuralgische Orte mit Kameras zu überwachen. Doch die rechtlichen Hürden dafür sind hoch, eine Anhäufung von Sachbeschädigungen reicht nicht aus.
Wo Sprayer ihre Graffiti hinterlassen haben, kommen schnell weitere hinzu
Sicher ist: Wo Sprayer ihre Spuren hinterlassen, bleibt es nicht bei einem Graffiti. Boris Orlowski will die Schmierereien am Anleger an der Lanfermannfähre so schnell wie möglich beseitigen lassen, damit sich erst gar keine Nachahmer ermuntert fühlen. Weil Graffiti nicht nur rund um den Baldeneysee ein drängendes Problem ist, bringt die neue Mehrheit im Rat der Stadt aus CDU und Grünen eine "Anti-Graffiti-Task-Force" ins Spiel. Deren Einrichtung haben beide Parteien in ihrem Kooperationsvertrag vereinbart.
CDU-Fraktionschef Fabian Schrumpf spricht von einer "schnellen Eingreiftruppe" und denkt dabei an die Entsorgungsbetriebe Essen oder die Essener Arbeit und Beschäftigungsgesellschaft EABG. "Wir sind da offen", sagt Schrumpf. Fest steht, dass es Personal und eines Budgets braucht. Die Stadtverwaltung müsse Vorschläge machen, wie sich eine solche Truppe am besten organisieren lasse. Schrumpf kündigt dazu einen gemeinsamen Antrag von CDU und Grünen an. Allzu viel Zeit werde man sich damit nicht lassen.
Bürgerschaft Kupferdreh lässt Betonpfeiler am Busbahnhof von Graffiti-Künstler gestalten
Die Bürgerschaft Kupferdreh ist einen Schritt weiter. Voraussichtlich im März sollen die Betonpfeiler am zentralen Busbahnhof - ebenfalls ein beliebtes Ziel von Sprayern - von einem professionellen Graffiti-Künstler gestaltet werden, kündigt Jürgen Gentzmer an. Der Künstler habe der Bürgerschaft versichert, dass Sprayer dann ihre Finger davon ließen. Es gäbe in der Szene so etwas wie einen Ehrenkodex.
Info: In ihrer Kooperationsvereinbarung haben CDU und Grüne die Einrichtung einer "Graffiti-Task-Force" für die Beseitigung von Schmierereien vereinbart. Beide Parteien betonen aber, dass Graffitis von Künstlerinnen und Künstlern an dafür vorgesehenen Orten eine Kunstform darstellten.