Essen-Bergerhausen. Seit einem Jahr ist Thomas Wittke als Geschäftsführer der Jugend- und Jugendberufshilfe tätig. Wegen Corona verlief der Start anders als geplant.

Als Thomas Wittke (40) vor einem Jahr als neuer Geschäftsführer der Jugendhilfe und Jugendberufshilfe in Essen startete, hatte er viele Pläne: Vor allem wollte er alle Einrichtungen der Stadttochter nach und nach besuchen, Mitarbeiter und Strukturen kennenlernen. Bis Anfang März klappte das gut. Dann kam Corona.

Seine Tour durch 52 Essener Grund- und vier Förderschulen, in denen die Jugendhilfe den Offenen Ganztag organisiert, sowie neun Kinder- und Jugendhäuser plus Jugendfarm und Emil-Frick-Haus musste Thomas Wittke erst einmal stoppen. Schulen und Jugendhäuser waren und sind ja geschlossen. Zwölf Schulen habe er besucht.

Von seinen Ideen versuche er trotzdem so viele wie möglich zu realisieren. Als Geschäftsführer lege er Wert auf eine offene Tür. "Ich bin im Büro für die Mitarbeiter immer ansprechbar. Während der Corona-Zeit gibt es zudem eine Hotline, die auf mein Handy umgeleitet ist, so dass ich bei Fragen jederzeit ansprechbar bin. Das halte ich sicher keine zehn Jahre durch, aber im Moment ist es wichtig, weil sich alle täglich auf neue Richtlinien und Situationen einstellen müssen."

Mitarbeiter sind für Jugendliche auch bei geschlossenen Häusern erreichbar

Seinem Bestreben, "mittendrin zu sein", den direkten Kontakt zu den Mitarbeitern zu pflegen und Stimmungen im Haus mitzubekommen, kam ein Umzug innerhalb der Zentrale von Jugend- und Jugendberufshilfe an der Schürmannstraße in Bergerhausen entgegen. Die Räume seien mit gespendeten Möbeln eingerichtet und solchen, die in den eigenen Werkstätten von Teilnehmern der berufsfördernden Projekte gefertigt worden seien, berichtet der Geschäftsführer und zeigt seinen besonderen Tisch aus alten Gitarren und Lampen aus Schlagzeugteilen.

Den Kontakt zu den Mitarbeitern halte man per Videokonferenz oder E-Mail. Die Mitarbeiter wiederum seien für die jungen Besucher, die wegen des Lockdowns nicht in die Schulen und Jugendhäuser kommen könnten, ebenfalls erreichbar. Das sei wichtig, gerade für diejenigen, die vielleicht zu Hause Probleme hätten. Um die Jugendlichen zu beschäftigen, würden Kochrezepte und Bastelanleitungen digital vermittelt.

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Die Jugend- und Jugendberufshilfe begleiten Kinder und Jugendliche von der Grundschulzeit bis zum Erwachsenenalter. "Wir erreichen im Offenen Ganztag über 6500 Kinder, in der Kinder- und Jugendarbeit 20.000 Kinder und Jugendliche pro Jahr", so Wittke. Aktuell seien die Zahlen coronabedingt natürlich niedriger, die Notbetreuung an Schulen laufe aber weiter und die Besucher der Jugendhäuser könne man - besonders in der aktuell schwierigen Lage - ebenfalls nicht allein lassen.

Geschäftsführer befürchtet viel Arbeit nach der Corona-Zeit

Deshalb träfen sich Streetworker angesichts geschlossener Jugendhäuser derzeit draußen mit den Jugendlichen - mit Abstand und Maske. Selbst wenn sich die Corona-Situation irgendwann entspanne, komme sicherlich viel Arbeit für die Mitarbeiter zu, sagt Wittke voraus. "Dann wird sich zeigen, was diese Zeit mit den Jugendlichen gemacht hat."

Thomas Wittke, der im Hörsterfeld aufgewachsen ist, war selbst Besucher des Steeler Jugendhauses, das damals noch städtisch war und erst später an die Jugendhilfe überging. "Das habe ich aber erst richtig wahrgenommen, als ich mich hier beworben habe", sagt er. Im Laufe der Zeit änderten sich die Bedürfnisse der Jugendlichen, man müsse deshalb die eigene Ausrichtung immer wieder überdenken.

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Auch bei der Jugendberufshilfe, die über 3000 Jugendliche pro Jahr erreiche, habe Corona viel verändert. So seien einige Teilnehmer der Ausbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen in den Werkstätten und arbeiteten dort unter Einhaltung der Corona-Regeln. Das sei gerade im Hinblick auf anstehende Prüfungen wichtig. Ansonsten gebe es Aufgabenstellungen und Arbeitsaufträge auf digitalem Weg.

Kinder- und Jugendschutz liegt dem Geschäftsführer am Herzen

Der Geschäftsführer hat mit seinem Team Kernpunkte erarbeitet, die ihm wichtig sind und die in den kommenden vier bis fünf Jahren umgesetzt werden sollen. "Besonders am Herzen liegt mir der Kinder- und Jugendschutz, die Präventionsarbeit. Ich möchte erfahren, wenn es zum Beispiel in Familien Probleme gibt, wo man hinsehen muss." Man müsse aus den Missbrauchsfällen lernen, betont der Vater zweier Kinder.

Corona habe aber auch gezeigt, dass die Digitalisierung ein wichtiges Thema der kommenden Jahre sein werde. Zudem erarbeite man ein Unternehmensleitbild, mit dem sich jeder der rund 850 Mitarbeiter identifizieren könne. Auch die Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit sollten noch mehr in den Vordergrund rücken. Mit Solaranlagen auf dem Dach der Zentrale, einem Elektroauto als Dienstwagen und abbaubaren Materialien für den Außer-Haus-Verkauf der Kantine sei man schon auf dem richtigen Weg.

Um die beiden voneinander unabhängigen, aber eng verzahnten Gesellschaften Jugendhilfe und Jugendberufshilfe vorzustellen, hat Thomas Wittke eine Broschüre in einer Auflage von 1500 Stück erstellt, die in wenigen Tagen dem neuen Aufsichtsrat, dem Jugendhilfeausschuss und den Einrichtungen vor Ort präsentiert werde.

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