Essen. Die Zahlen für die neun Stadtbezirke zeigen weiter eine Tendenz: Im Norden sind mehr Bürger infiziert als im Süden. Es gibt aber Verschiebungen.

Corona macht weiterhin Unterschiede in Essen, am Nord-Süd-Gefälle hat sich im Grundsatz aber nichts geändert: Immer noch sind im Norden - bezogen auf die jeweilige Gesamtbevölkerung - deutlich mehr Menschen infiziert wie im Süden der Stadt. Sowohl prozentual als auch bei den absoluten Zahlen bildet sich dieser Nord-Süd-Großtrend auch in den neun Essener Stadtbezirken ab.

Bei allen Zahlen ist zu bedenken: Im Moment gibt es wegen der vielen Feiertage generell relativ wenig Infizierte, die als solche registriert sind. Das kann sich wieder ändern.

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Großraum Borbeck ist jetzt am stärksten betroffen, Rüttenscheid am geringsten

In jedem Fall gibt es einige bemerkenswerte Verschiebungen: An der Spitze steht nun der Stadtbezirk 4 mit dem Großraum Borbeck, der im Nordwesten von Frintrop bis Bochold und Bergeborbeck reicht. Stand 4. Januar waren dort 303 Menschen positiv auf das Coronavirus getestet, das sind 0,36 Prozent der rund 83.500 Köpfe zählenden Bevölkerung. Noch vor Wochen hatte der Stadtbezirk 5 mit Altenessen, Karnap und Vogelheim die meisten Infizierten gemeldet, der jetzt aber etwas besser dasteht: 2,6 Prozent sind es, 154 der rund 58.000 Bürger sind infiziert. Im November waren es noch 0,4 Prozent, hier gibt es also eine fallende Tendenz.

Auch am unteren Ende, bei den besonders wenig betroffenen Stadtbezirken gibt es eine Verschiebung. Nicht mehr der Stadtbezirk 9 mit Kettwig, Bredeney und Werden ist Primus in Essen, mittlerweile ist es der Stadtbezirk 2 mit Rüttenscheid, Rellinghausen, Bergerhausen und Stadtwald. Hier sind aktuell nur 0,16 Prozent der Wohnbevölkerung (87 Personen von rund 54.000) vom Coronavirus infiziert, in Kettwig/Werden sind es 0,22 Prozent, was derzeit 115 Personen von rund 52.000 entspricht.

Die Corona-Details zu den 50 Stadtteilen bleiben weiterhin Rathaus-Geheimnis

Welche der 50 Essener Stadtteile in welchem Umfang betroffen sind, ist übrigens Rathaus-Geheimnis. Stadtteilscharfe Zahlen gibt die Stadt nicht heraus, weil sie Sorge hat, damit dem Datenschutz nicht Genüge zu tun und weil sie um die Anonymität der Betroffenen fürchtet. "Daran hat sich nichts geändert", bestätigt Stadtsprecherin Silke Lenz.

Im Nordosten (Bezirk 6) mit Katernberg, Schonnebeck und Stoppenberg sind die Zahlen mit aktuell 0,26 Prozent relativ freundlich, rund 135 der 52.500 Bürger sind infiziert. Im Bezirk 3 mit Altendorf, Frohnhausen, Holsterhausen, Haarzopf und der Margarethenhöhe sind aktuell sogar nur 0,21 Prozent der gut 99.300 Einwohner betroffen. Im Bezirk 1 mit der Innenstadt und den umliegenden Vierteln sieht es so aus: 0,27 Prozent sind aktuell Corona-positiv. Hier leben fast 68.400 Menschen.

Im Südosten ist die Lage nicht mehr so günstig wie sie einmal war

Im Bezirk 8, der den Südosten der Stadt mit Kupferdreh, Burgaltendorf und Überruhr umfasst, sind die Zahlen nicht mehr so freundlich im Vergleich mit den nördlichen Stadtbezirken. Aktuell sind dort 0,26 Prozent der fast 52.000 Einwohner infiziert. Im Bezirk 7 mit Steele und Kray (71.300 Einwohner) sieht die Kennziffer günstiger aus: 0,21 Prozent sind aktuell infiziert, das sind 153 Menschen.

Bei den Zahlen der seit März 2020 insgesamt Infizierten hat der Norden dann sehr klar im negativen Sinn die Nase vorn. Ganz oben steht der Stadtbezirk 5, wo bereits 2,9 Prozent aller Bewohner die Pandemie durchgemacht haben. Die weiteren Plätze: Stadtbezirk 6 (2,6 Prozent) Stadtbezirk 1 (2,6 Prozent), Stadtbezirk 4 (2,5 Prozent), Stadtbezirk 3 (2,3 Prozent), Stadtbezirk 7 (2,2 Prozent), Stadtbezirk 8 (1,8 Prozent), Stadtbezirk 2 (1,8 Prozent) und schließlich Stadtbezirk 9 (1,6 Prozent). Man sieht, in der Langfristbetrachtung steht der äußerste Süden immer noch am besten da, der Raum Rüttenscheid ist nur zweitbester.

Stadt äußert weiterhin nur Vermutungen zu Gründen des Nord-Süd-Gefälles

Was lässt sich nun aus solchen Zahlen ablesen? Die Stadtverwaltung hat nach Auskunft von Sprecherin Silke Lenz nach wie vor keine detaillierte Erklärung für die auffallende Nord-Süd-Spaltung. Vermutungen gehen dahin, dass da, wo mehr Menschen auf engerem Raum lebten – und das ist im Norden durchschnittlich öfter der Fall –, die Gefahr der Ansteckung größer ist.

Auch sei es für das Gesundheitsamt generell schwierig, Menschen zu erreichen, die Medien kaum oder gar nicht zur Kenntnis nähmen und wenig darüber wüssten, wie sie sich unter Pandemie-Bedingungen verhalten müssen. Das habe mitunter auch etwas mit Sprachproblemen zu tun. Zwar leben im Norden deutlich mehr Migranten als im Süden, aber Gesundheitsdezernent Peter Renzel warnt vor vorschnellen Schlüssen. Auf den Listen mit den Namen der Infizierten dominierten weiterhin keineswegs keine deutschen Namen.

Und: Zu Anfang der Pandemie, als viele das Virus aus dem Wintersporturlaub mitbrachten, war Corona eher in den wohlhabenderen Stadtteilen verbreitet, in denen auch die Zahl der Single-Haushalte größer ist. Mittlerweile seien die Infizierten jünger als zu Anfang, und Familientreffen gelten als gravierendste Anlässe bei der Virusverbreitung. Auch dies habe eine Wandlung bewirkt: Aus dem anfänglichen Süd-Nord-Gefälle wurde das Gegenteil.

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