Essen. Die katholische Kirche lädt zu einer ungewöhnlichen Christmette: Gefeiert wird in einer Essener Tiefgarage. Stühle sollen die Besucher mitbringen
Weihnachten in Zeiten der Pandemie – das verlangt auch von den Essener Kirchen, neue Wege zu gehen. So bieten sie jetzt Video-Aufzeichnungen von Krippenspielen, Telefon-Gottesdienste oder Andachten unter freiem Himmel. Weil das Bistum selbst im Dom derzeit nur 65 Gläubigen einen Platz bieten kann, wird es zu Heiligabend auch eine Christmette an einem ungewöhnlichen Ort geben: in der Tiefgarage des Bischöflichen Generalvikariates.
Die Idee dazu hatte Bernd Wolharn, Cityseelsorger am Essener Dom und eine Art kirchlicher Kreativkopf: Er verteilt schon mal Aschenkreuze „to go“, lädt zum Kinobesuch oder in den Sinnsuchersalon. Es sei seine erklärte Aufgabe zu schauen, „wie wir kreativ miteinander unseren Glauben feiern können“. In Zeiten von Corona habe er „Nähe ohne Risiko“ herstellen wollen, das steht nun auch als Motto über der Christmette in der Tiefgarage.
Stühle müssen die Gläubigen mitbringen
Wolharn sieht vor allem die praktischen Vorteile des vermeintlich so profanen Ortes: Für mindestens zwei Meter Abstand zwischen den Gläubigen sei dort ebenso gesorgt wie für Frischluft. Vorteil gegenüber einem klassischen Open-Air-Gottesdienst: „Wenn es regnet, werden wir nicht nass.“ Immerhin 200 Menschen dürfen in der Garage im Namen Gottes zusammenkommen.
Stühle oder andere Sitzmöbel müssen die Gottesdienstbesucher allerdings selbst mitbringen: „Es muss ja nicht gleich der Schaukelstuhl sein oder eine Couch, aber Kissen und Wolldecken können nicht schaden.“ Wolharn selbst wird einen Altar aufbauen. Für die musikalische Gestaltung sorgen zwei Musiker, die er noch aus seiner Zeit in der Jugendkirche Oberhausen kennt: ein Keyboarder und ein Saxofonist, die beide auch noch gut singen können. „Für mich ist es schon ein Weihnachtsgeschenk, dass die kommen.“
Mit der besonderen Christmette macht er selbst nun den Katholiken in Essen ein Geschenk, an erster Stelle denjenigen, die den Newsletter des Citypastorals abonniert haben, sich also ganzjährig für die Angebote von Pfarrer Wolharn interessieren: Sie können sich nun als erste anmelden. „Ich hoffe, dass wir das auch mit den neuen Bestimmungen wie geplant machen können.“
Bischof mahnt: „Jetzt gilt es, Leben zu schützen“
Bistumssprecher Ulrich Lota, der auch den Corona-Krisenstab des Bistums leitet, geht davon aus, „dass alle geplanten Weihnachtsgottesdienste stattfinden können“. Schließlich hätten die Gemeinden die Zahl der Teilnehmer begrenzt, Hygiene-Konzepte erarbeitet und zum Teil Ordner engagiert, damit Abstandsregelungen eingehalten werden. Auch der Tiefgaragen-Christmette stehe so nichts im Weg.
Bischof Franz-Josef Overbeck hat nach Beratungen mit dem Krisenstab im Bischöflichen Generalvikariat allerdings empfohlen, alle nicht zwingend notwendigen Kontakte im kirchlichen Leben weiter zu reduzieren. So sollten die öffentlichen Gottesdienste möglichst auf die Sonntage und eben auf die Feiertage beschränkt werden: „Jetzt gilt es, Leben zu schützen und unsere Kliniken nicht noch mehr zu überlasten.“
Ökumenischer Weihnachtsgottesdienst im Radio
Der Link zur Anmeldung für die Christmette in der Tiefgarage des Bischöflichen Generalvikariats in Essen (24. Dezember, 21 Uhr) soll an diesem Mittwoch (16.12.) geschaltet werden. Als erstes werden die Abonnenten des Citypastoral-Newsletters informiert. Anmeldung für den Newsletter und Infos unter: gruessgott.bistum-essen.de.
Die Evangelische Kirche Essen hat eine Hotline für alle, die zu Heiligabend noch einen Rat zum Thema suchen, etwa wissen wollen, ob sie einen bestimmten Gottesdienst besuchen können. Von 9 bis 13 Uhr wird ihnen geholfen unter:0201-2205-221
Am 24. Dezember um 17 Uhr wird auf Radio Essen ein ökumenischer Weihnachtsgottesdienst von Ruhrbistum und Evangelischer Kirche gesendet.
Overbeck rät, Begräbnisfeiern nur auf dem Friedhof stattfinden zu lassen und Taufen nach Möglichkeit auf einen anderen Zeitpunkt zu verschieben. „Ich bin mir sehr bewusst, dass eine breite Öffentlichkeit sehr kritisch auf die Möglichkeiten der Religionsgemeinschaften blickt, unter bestimmten Bedingungen weiterhin Gottesdienste feiern zu dürfen“, gesteht der Ruhrbischof. „Wir sollten deshalb sehr sorgsam und sensibel an den kommenden Feiertagen von dieser Möglichkeit Gebrauch machen.“
Christvesper findet in der Reithalle statt
Auch Superintendentin Marion Greve vom Evangelischen Kirchenkreis Essen mahnt zu Weihnachten, „Kreativität und Verantwortungsbewusstsein miteinander zu verbinden“. Die Gemeinden im Stadtgebiet hätten dazu zahlreiche Formate entwickelt: Angefangen bei der digitalen Weihnachtsandacht über Spaziergangs-Gottesdienste oder Weihnachts-Parcours bis zu Gottesdiensten unter freiem Himmel – auf Schulhöfen, Park- und Vorplätzen von Kirchen. Die Kirchengemeinde Kupferdreh geht zwar nicht in eine Tiefgarage, aber auch an einen Ort der Pferdestärken: Sie feiert ihre Christvesper in einer Reithalle.